Vogelgrippe: Warnung vor schleichender Pandemie

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Pandemie-Expert:innen auf der ganzen Welt schlagen Alarm: Die Vogelgrippe breitet sich immer weiter aus und könnte „schlagartig“ zur Bedrohung werden.

Die Corona-Pandemie wurde gerade einmal vor einem Jahr für beendet erklärt und schon gibt es Sorge vor der nächsten globalen Seuche. Nachdem sich die Vogelgrippe vor allem in den USA unter Kühen und auch anderen Säugetieren ausbreitet, schlagen Pandemie-Expert:innen nun Alarm. Der Chef-Virologe der Berliner Charité Christian Drosten warnte vor einer neuerlichen Pandemie: „So etwas hat es vorher noch nicht gegeben, solche extrem großen Ausbrüche bei Kühen – alle Fachleute sind besorgt.“ Scott Hensley, Professor für Mikrobiologie an der Universität von Pennsylvania, sprach von einer Pandemie, „die sich in Zeitlupe ausbreitet“ und meinte: „Momentan ist die Bedrohung ziemlich gering, aber das könnte sich schlagartig ändern.“ Bemängelt wird von Expert:innen wie Drosten die mangelnde Datenlage, die einer genaueren Einschätzung der Lage im Weg stünde. „Wir wissen noch nicht, wie häufig sich Menschen infizieren, die mit diesen infizierten Kühen zu tun haben“, meinte Drosten. Wünschenswert sei deshalb ein entschlossenes Vorgehen in den USA, etwa über Quarantäne. Auch sollte man darüber nachdenken, Kühe zu impfen. „Sollte sich H5N1 von Mensch zu Mensch übertragen, wäre die Welt sehr wahrscheinlich erneut überfordert“, mahnte auch die frühere neuseeländische Premierministerin Helen Clark, Co-Autorin einer aktuellen Studie, die zeigte, wie wenig die Welt auf eine Vogelgrippe-Pandemie vorbereitet ist. Laut Clark wäre eine Vogelgrippe-Pandemie „potenziell noch katastrophaler als Corona“.

Seit 2020 wird eine Ausbreitung von H5N2, der neue Subtyp des H5N1-Vogelgrippevirus, bei Zugvögeln beobachtet. Das Virus hat sich jedoch inzwischen auf 129 Milchviehherden in zwölf Bundesstaaten in den USA ausgebreitet. Damit könnte auch eine Übertragung zwischen Menschen näher rücken. Infektionen wurden auch bei anderen Säugetieren, von Alpakas bis hin zu Hauskatzen, festgestellt. In den USA wurden seit Ende März drei Menschen nach Kontakt mit Kühen positiv auf H5N1-Vogelgrippe getestet und zeigten leichte Symptome. Weitere Fälle wurden aus Indien, China und Australien gemeldet, verursacht durch verschiedene Stämme. In Mexiko verstarb vor wenigen Wochen eine mit H5N2-infizierte Person – der erste Todesfall mit dieser Vogelgrippe-Variante.

Die Weltgesundheitsorganisation bewertet das Risiko von H5N1 für Menschen noch als gering, da es keine Hinweise auf eine Übertragung zwischen Menschen gebe. Andere Experten sehen allerdings genügend Anlass, sich auf eine mögliche Ausbreitung beim Menschen vorzubereiten. Einige Länder ergreifen bereits Schutzmaßnahmen: So haben sich die USA und Europa Dosen eines „präpandemischen“ Grippeimpfstoffs gesichert, der für Risikogruppen wie Landwirt:innen oder Laborarbeiter:innen verwendet werden könnte. Finnland wird voraussichtlich das erste Land sein, das Beschäftigte in Pelz- und Geflügelfarmen sowie Mitarbeitende von Tiergesundheitsdiensten impft. (kagr/APA)