Der Rechnungshof übt heftige Kritik am Management der Coronapandemie durch die Behörden. Das Gesundheitsministerium verweist auf bereits gezogene Lehren.
Der Rechnungshof (RH) kritisiert ein unkoordiniertes Handeln zwischen Bund und Ländern, aber auch unter den Bundesbehörden. Das zeigt sich nun in einem breiten Prüfbericht des Pandemiemanagements. Zusammenfassend hält der Rechnungshof fest, „dass die Herausforderungen des Krisenmanagements in der Covid-19-Pandemie bislang ungelöst waren. Die seit Ausbruch der Pandemie gemachten Erfahrungen wurden zu wenig genutzt, um das Krisenmanagement im Sinne von Lessons Learned weiterzuentwickeln,“ heißt es in dem Bericht unter dem Titel „Pandemiemanagement der Gesundheitsbehörden im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie“.
Als oberstes Organ habe der Gesundheitsminister das Pandemiemanagement der Gesundheitsbehörden, also der Landeshauptleute und der Bezirksverwaltungsbehörden, zu leiten, zu steuern und bundesweit zu koordinieren. Die Landeshauptleute sind im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung für den Vollzug der Verordnungen und Weisungen aus dem Gesundheitsministerium durch die Bezirksverwaltungsbehörden verantwortlich, erläutern die Prüfer. „Dennoch blieb zwischen Bund und Ländern im laufenden Krisenmanagement oftmals unklar, wer wofür verantwortlich war, wer in der Praxis welche Entscheidungen zu treffen und wer diese umzusetzen hatte. Deshalb kam es auch zu Doppelgleisigkeiten“, kritisiert der RH.
So führten die Länder neben dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS) des Bundes eigene IT-Anwendungen zur Infektionserfassung ein. „Entscheidungen wurden häufig verzögert getroffen. So wurden zum einen härtere Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung notwendig und zum anderen erforderten die zu spät gefällten Entscheidungen eine längere Dauer der Maßnahmen, um die erforderliche Schutzwirkung zu entfalten.“ Zu „unkoordiniertem Handeln“ kam es laut RH aber nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch auf Bundesebene selbst – und zwar zwischen dem grün-geführten Gesundheitsministerium und dem von der ÖVP besetzten Innenministerium. Obwohl für das Pandemiemanagement ausschließlich der Gesundheitsminister und sein Krisenstab zuständig waren, erhob auch das Innenministerium gemeinsam mit den Ländern im Rahmen des Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements (SKKM) – einem informellen Koordinationsinstrument ohne Verfahrensregeln – täglich die Zahlen zur pandemischen Lage. Die vom Innenministerium veröffentlichten Kennzahlen wichen jedoch von jenen des Gesundheitsministeriums ab.
Kritisch merkt der RH auch an, dass zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Pandemie kein aktueller nationaler Pandemieplan vorhanden war und empfiehlt, aus den bisherigen Erfahrung der Corona-Pandemie einen neuen nationalen Pandemieplan zu entwickeln. Damit sollten im Fall einer neuen Pandemie die wechselseitige Information und Zusammenarbeit aller wesentlichen Akteure (Gesundheitsbehörden, Krankenversicherungsträger und Krankenanstalten) gewährleistet werden. Der Rechnungshof empfiehlt dem Gesundheitsministerium, ein modernisiertes Epidemiegesetz zu erarbeiten. Darin wäre zum Beispiel die Zusammenarbeit der Behörden untereinander deutlich detaillierter zu regeln.
Das Gesundheitsministerium zeigte Verständnis für die Kritik, verwies aber zugleich auf bereits erfolgte Verbesserungen, hieß es in einer Stellungnahme des Ressorts von Minister Johannes Rauch (Grüne). In den vergangenen zwei Jahren seien aber die Strukturen für das Pandemie-Management laufend verbessert worden. „Das Epidemiegesetz wurde kontinuierlich an die aktuellen Erfordernisse angepasst. Das Gesundheitsministerium hat auch die Abstimmung zwischen Bund und Ländern deutlich intensiviert.“ Das Gesundheitsministerium sieht die Schwachstellen teils bereits behoben, weitere Maßnahmen seien derzeit in Umsetzung. Der Rechnungshof habe aufgezeigt, dass zwischen 2016 und 2020 im Sozial- und Gesundheitsministerium 17,4 Prozent der Stellen eingespart wurden. Wesentliche Führungsfunktionen im Gesundheitsministerium seien am Beginn der aktuellen Regierungsperiode vakant gewesen, darunter die Position der Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit. (red)