Rund um die Menopause sind immer noch viele medizinische Mythen im Umlauf. Expert:innen klärten nun für eine verbesserte Versorgung auf.
Die Versorgung von Frauen in den Wechseljahren ist immer noch unterentwickelt. „Es mangelt an Wissen, es mangelt an ärztlicher Ausbildung und Forschung“, sagte dazu Veronika Pelikan, die mit „Wechselweise“ eine evidenzbasierte Informationsplattform (www.wechselweise.net) betreibt. Bei den Praevenire Gesundheitsgesprächen in Alpbach in Tirol diskutierten sie und weitere Expert:innen über Mythen, die sich auch unter Gesundheitspersonal hartnäckig hielten – angefangen bei den teils sehr belastenden Symptomen: Laut dem Wiener Gynäkologen Wilhelm Marhold, ehemals Chef des Wiener Krankenanstaltenverbundes, seien nicht die klassischen Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Haarausfall die ersten Anzeichen für den Eintritt in die Wechseljahre. Am Beginn stünden zumeist unerklärliche Gewichtszunahme, Kreuzschmerzen und Schlafstörungen. Diesen Problemen würde die Medizin viel zu oft mit belastenden Diäten, Interventionen von Orthopäd:innen, Antidepressiva und Schlafmitteln begegnen – und scheitern.
Auch von der Hormonersatztherapie existiere ein falsches Bild: „Auf Hormone nimmt man zu – falsch. Der Mangel an Hormonen führt in den Wechseljahren zu einer atypischen Fettverteilung“, sagte Marhold zu einem weiteren Mythos. Und schließlich sei es falsch, medikamentöse Interventionen, vor allem eine Hormonersatztherapie, generell als krank machend zu verteufeln. „Es fehlt ein ,Hauch‘ an Hormonen. Die individuelle Hormontherapie ist die Kunst. Man kann aus einer 50-Jährigen keine 18-Jährige machen. Die niedrigste Dosis ist bereits wirksam“, sagte der Gynäkologe. Es gebe auch lokal anwendbare Präparate, die zum Beispiel Haut- und Schleimhauttrockenheit beseitigten. Immer sollte ein solcher Hormonersatz in der niedrigst möglichen Dosierung und so kurz wie möglich erfolgen. Regelmäßige Auslassversuche würden dann zeigen, ob eine Substitution noch notwendig sei.
Jede vierte Frau in Mitteleuropa gehört der Altersgruppe der 45- bis 60-Jährigen an. Diese Gruppe wächst aufgrund des demografischen Wandels nicht nur, sondern die Frauen befinden sich aufgrund der steigenden Lebenserwartung auch länger in der Menopause. Von Beschwerden betroffene Frauen würden oft im Verborgenen leiden, Hilfe würde zu selten angeboten. Höchste Zeit, das Bewusstsein zu stärken und die Versorgung zu verbessern, denn auch die Wirtschaft leide, meinte Aktivistin Pelikan: „Etwa ein Drittel der Frauen spürt so gut wie nichts, ein Drittel kommt so einigermaßen zurecht, ein Drittel der Frauen hat starke Symptome mit 30 Schweißausbrüchen am Tag, Herzrasen, Schlaflosigkeit und Gewichtszunahme. Das Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen erhöht sich. Es gibt britische Studien, wonach jede dritte Frau im Alter um die 50 Jahre deshalb (Anmerkung: wegen der Symptome) dem Arbeitsmarkt verloren geht.“ (kagr/APA)