Nach langen Debatten hat sich die Welthandelsorganisation (WTO) auf eine Lösung zu Corona-Impfstoffpatenten geeinigt. Mehr als 120 Länder – darunter die USA – hatten eine Freigabe gefordert.
Nach mehrtägigen Verhandlungen hatten die 164 Mitgliedsländer der WTO erstmals seit Jahren wieder ein Abkommen erzielt. Sie einigten sich am Wochenende unter anderem auf Vereinbarungen, um die Herstellung von Covid-19-Impfstoffen in mehr Ländern zu ermöglichen. Das eingeschränkte Aussetzen von Covid-19-Patenten, um die Produktion von Impfstoffen in mehr Ländern zu ermöglichen, sorgte auch in Österreich für Kritik – und zwar aus zwei entgegengesetzten Richtungen.
Zu weit geht der WTO-Beschluss dem Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO), der dadurch eine nachhaltige Beschädigung der Pharmaforschung befürchtet. „Gerade die Aussicht, ein innovatives Produkt eine gewisse Zeit lang vor Nachahmung schützen zu können, hat in den vergangenen Jahrzehnten dazu geführt, dass hunderte Medikamente und Therapien für bis dahin schwer oder nicht behandelbare Krankheiten entwickelt wurden“, teilte der Verband mit. Zudem würden derzeit weltweit mehr Corona-Vakzine produziert als nachgefragt. Der Patentschutz sei ein wichtiger Treiber für Innovation, betonte Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig. „Wird der Patentschutz aufgeweicht, verlieren Investoren den Anreiz, in hoch riskante Forschungsprojekte zu investieren.“ Das räche sich bei künftigen Erkrankungswellen oder Pandemien, fürchtet er. Bis Mai 2022 wurden weltweit 13,6 Milliarden Impfstoffdosen hergestellt, aber nur 11,6 Milliarden verimpft. Die Ursachen für die niedrige Impfquote in vielen Entwicklungsländern, vor allem in Afrika, würden nicht, wie oft fälschlicherweise behauptet, im Bereich der Patente und der Herstellung liegen, sondern bei Problemen in der lokalen Distribution und der mangelnden Impfbereitschaft der Bevölkerung, argumentieren FCIO und Pharmig.
Doch auch von jenen, die Einschränkungen gefordert hatten, kommt Kritik. „Der EU und den reichen Industriestaaten ist es gelungen, die Profitinteressen ihrer Pharmakonzerne durchzusetzen und eine Lösung im Interesse der öffentlichen Gesundheit zu verhindern“, kritisiert Iris Frey von Attac Österreich per Aussendung. So gelte die Freigabe nur für Patente auf Covid-19-Impfstoffe, nicht aber für alle entsprechenden geistigen Eigentumsrechte sowie Medikamente, Diagnostika und Medizinprodukte. (red)