Wenn Intransparenz System hat

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Die Krankenversicherungen sind nicht gerade der Hort von Transparenz. Dabei fordern sie genau diese verstärkt von ihren Vertragspartner:innen ein. 

 Bis Ende des Jahres müssen die Selbstverwaltungsgremien der Sozialversicherungen neu bestellt sein. „Selbstverwaltung“ bedeutet, dass die Versicherungen von den Versicherten beziehungsweise ihren gewählten Vertreter:innen selbst geführt werden. Die wenigsten Menschen wissen aber, dass die Basis dafür in der ÖGK beispielsweise die Arbeiterkammer- und Wirtschaftskammerwahlen sind. Und hier wird es auch schon kurios: Auf der Website der ÖGK findet man zwar die Namen der Personen, nicht aber, welcher Fraktion sie zugeordnet sind. Und schon gar nicht findet man die Information, dass die letzte Wahl eine Verschiebung eines Mandates von der SPÖ zur FPÖ gebracht hat. Bei anderen Kassen sind überhaupt nur die Obleute öffentlich genannt.

Apropos Wahl: In der Wirtschaftskammer wird im kommenden Frühjahr neu gewählt. Weil aber die ÖGK-Gremien und jene der AUVA schon heuer neu bestellt werden, fließen die Ergebnisse der alten Wahl in die Besetzung ein. Anders formuliert: Das Wahlergebnis im kommenden Jahr hat keine Folgen für die Besetzung der Kassen. Und wer weiß schon, dass seit der letzten Kassenreform die ÖVP in den ÖGK-Gremien und im Dachverband eine Mehrheit hat? SPÖ-Vertreter Andreas Huss ist zwar medial sehr präsent und aktiv, Entscheidungskompetenz hat er aber eigentlich keine, wenn die ÖVP nicht mitspielen will.

Nach wie vor offen ist seit dem Jahr 2020 die Legitimation der Mitglieder der Verwaltungskörper der BVAEB. Die BVAEB garantiert immerhin Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungsschutz für mehr als 1,2 Millionen Versicherte und Angehörige in ganz Österreich. Die einstige Kassenzusammenlegung von ÖVP und FPÖ sah hier vor, dass insbesondere in die Verwaltungskörper der BVAEB die Dienstnehmervertretung von der damaligen Sozialministerin auf Vorschlag des ÖGB im Einvernehmen mit der in Betracht kommenden Gewerkschaft zu entsenden war. Hintergrund war die Fusion der von roten Eisenbahnern geprägten VAEB mit der von schwarzen Beamten geprägten BVA. Durch die Fixierung der Sozialministerin gab es in der BVAEB eine schwarze Mehrheit. Der VfGH hob diese Passage allerdings auf und argumentierte, dass der Sozialministerin keine demokratische Legitimation zukomme, Dienstnehmerinteressen zu vertreten. Die Folge wäre gewesen, dass nicht nur die Mehrheit im Verwaltungskörper und der Vorsitz der BAVEB gekippt wäre, sondern es auch relevante Verschiebungen in der Konferenz der Sozialversicherungsträger – dem zentralen Gremium im Dachverband gegeben hätte. Die Nachfolgeregelung ist bis heute offen. Das Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit hängt damit über dem gesamten Bestellungsprozess des derzeitigen Verwaltungsrates. Die Nagelprobe ist das Ablaufen der Funktionsperiode des Verwaltungsrates mit 31. 12. 2024 bei fehlender Rechtsnorm zur Entsendung neuer Versicherungsvertreter:innen. Heißt: es ist unklar, ob und wie hier Versichertenvertreter:innen bestellt werden können.

Umgekehrt fordern die Sozialversicherungen von ihren Vertragspartner:innen mehr Transparenz ein. Im neuen Bewertungsboard für teure Spitalsmedikamente wird etwa die Industrie aufgefordert, die Kosten für die Entwicklung offen zu legen. Das ist für einen Zahler legitim und generell sicher gerechtfertigt. Die Kassen sollten aber auch ihre eigenen Hausaufgaben machen – nicht zuletzt, um glaubwürdig zu sein. (rüm)