Wie „Reformer“ das System aushöhlen – Teil 2

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Der Grund für mannigfaltige Probleme im Gesundheitswesen sind auch jene, die vorgeben, das System reformieren zu wollen. Jetzt ist wieder etwas passiert, das aufrütteln sollte.

„Wir entschuldigen uns bei allen Menschen, die sich berührt fühlen.“ So reagierte die Wirtschaftskammer am Wochenende auf Kritik der Österreichischen Krebshilfe. Diese hatte medial – Relatus berichtete – aufgezeigt, dass ausgerechnet die Wirtschaftskammer, die seit der Kassenreform von 2017 das Sagen in den Kassen hat – ihren Mitgliedern Empfehlungen gibt, wie schwerkranke Beschäftigte selbst dann verlässlich gekündigt werden können, wenn sie im Spital liegen. „Die erteilte Rechtsauskunft ist keinesfalls als allgemeine Anleitung oder gar Aufforderung zur Kündigung im Krankenstand zu verstehen. Es war daher unsensibel und ein Fehler, diese Rechtsauskunft auf die Homepage zu übernehmen. Wir haben diese inzwischen offline genommen“, teilte die Wirtschaftskammer den Medien mit.

Abgesehen davon, dass man versucht das Problem kleinzureden, weil sich mehrmals das Wort „empfehlen“ auf der WKO-Website fand, zeigt die Situation vor allem, wie ernst es den Arbeitgebervertreter:innen mit einem soziale Krankenversicherungssystem ist. Es geht nicht darum, ob man „unsensibel“ auf eine untragbare Rechtslage hinweist. Es geht eigentlich darum, als Verantwortungsträger wie sie Arbeitgeberfunktionär:innen in der Sozialversicherung ja auch sind, auf gesetzliche Lücken im System hinzuweisen und diese zu schließen. Denn die Aufgabe der Krankenversicherung ist laut ihrer Eigendefinition „im Falle von Krankheit oder Arbeitsunfall mit ihren Leistungen und Services ein verlässlicher Partner“ für die Versicherten zu sein. Und durch die mit Jänner 2020 gültige neue Organisationsstruktur nach der Kassenzusammenlegung „soll eine leistungsfähige, moderne und bürgernahe Sozialversicherung gewährleistet werden“, heißt es auf der Website des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger.

Vor einer Woche wurde an dieser Stelle die Frage aufgeworfen, was angesichts der sich häufenden Probleme los ist im Gesundheitswesen: Im Radiologiebereich und anderen Sektoren explodieren die Wartezeiten. Lieferengpässe bei Medikamenten bekommt das System seit Jahren nicht in den Griff. Die Zahl der Wahlärzt:innen und damit die Mehr-Klassenmedizin wächst. An allen Ecken und Enden fehlt Personal. Krankheiten wie ME/CFS und andere sind unversorgt. Die Antwort auf all diese Probleme bleibt auch diese Woche gleich: die wichtigsten Akteure im Gesundheitswesen sind vor allem mit sich selbst beschäftigt. (rüm)