Budget, Finanzausgleich, Apothekengesetz, Facharzt für Allgemeinmedizin: es scheint Bewegung zu geben in der Gesundheitspolitik. Vieles könnte aber am Weg stecken bleiben.
Die Bundesregierung scheint sich einen Ruck gegeben zu haben. In den vergangenen Tagen wurden gleich mehrere Reformen publik und gerade im Gesundheitswesen gibt es Bewegung: Der Facharzt für Allgemeinmedizin soll kommen, das Apothekengesetz wird endlich reformiert, das Budget sieht mehr Geld für Gesundheit und auch für die Krankenkassen vor und beim Finanzausgleich gibt es auch eine Grundsatzeinigung. Doch was ist das alles wert? Bei genauerer Betrachtung noch wenig.
Nun muss man zugegeben, dass Gesundheitsreformen generell schwierig sind und schon viele Gesundheitsminister:innen auf halbem Weg stecken geblieben sind. Und genau das passiert jetzt auch Johannes Rauch, der mit großer Motivation an die Sache herangegangen ist und viel versprochen hat. Jetzt holt ihn die Realität des mächtigen und reformunwilligen Koalitionspartners ÖVP und der bremsenden Bundesländer ein und fast ist man erinnert an Berthold Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ und der Unmöglichkeit, in kapitalistischen Verhältnissen ein guter Mensch zu bleiben. Die Kritik der dortigen Hauptperson an den Göttern, die Menschen zwingen, Gutes zu tun, doch eine Welt geschaffen haben, in der man für Gutes nicht belohnt wird, könnte auch von Rauch stammen und eben gegen ÖVP, Bundesländer und Stakeholder im Gesundheitswesen gerichtet sein.
Denn die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin soll erst 2026 starten, im Finanzausgleich gibt es doch weniger Geld für den niedergelassenen Sektor als von diesem erhofft, für die Zusatzkompetenzen der Apotheker:innen gibt es noch keine Finanzierung – denn die muss von den Krankenkassen kommen – und Impfungen und Wirkstoffverschreibung fehlen, die vom Bundeskanzler noch für heuer versprochenen 100 zusätzlichen Kassenarztstellen werden sich finanziell und zeitlich nicht mehr ausgehen und die Verordnung zur Bevorratung von Medikamenten gegen Lieferengpässe fehlt auch noch.
Zeit seines Lebens fand Bertold Brecht, dass „Der gute Mensch von Sezuan“ etwas Unfertiges habe. Das Stück kommt zu keiner Lösung – wir Zuschauer:innen selbst müssen eine finden. Fast möchte man Rauch den Brechtschen Schlußsatz zurufen: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehen betroffen. Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ (rüm)