59-jährige Patientin mit fortgeschrittenem high-grade serösem Ovarialkarzinom

Eigenanamnese: St.p. N. mammae sin (brusterhaltende Therapie + Sentinel 2015)
Familienanamnese: Mutter Mamma-CA mit 45. LJ, Großmutter Ovarial-CA mit 55. LJ,Schwester Mamma-CA mit 34. LJ
Eigenanamnese:
Hypermetabolismus im rechten Schilddrüsenlappen
Medikamente: Euthyrox 50 Mikrogramm, Arimidex 1 mgSt. p. Debulking-OP 10/2010 inkl. Diaphragmaresektion und vorderer tiefer Rektumresektion, postoperativer Tumorrest 0
Keimbahntest: BRCA1-Mutation, Tumortest: BRCA1-Mutation
Therapie: Adjuvante Therapie mit 6 Zyklen Carboplatin/Paclitaxel, Avastin für 15 Monate
Rezidiv: Multifokales intraabdominales Rezidiv mit Peritonealkarzinose, Aszites und rechtsseitigem Pleuraerguss 10/2020, ECOG 0, leichte Dyspnoe, sonst beschwerdefrei


 

TUMORBOARD

Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Stephan Polterauer
Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien
Prim. Univ.-Prof. Dr. Lukas Hefler
Vorstand der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Spitalspartner Ordensklinikum Linz und Konventhospital Barmherzige Brüder, Linz

 

Frage 1: Zeitpunkt/Indikation für BRCA-Testung?

Stephan Polterauer: Es sollte beim Ovarialkarzinom möglichst frühzeitig eine BRCA-Diagnostik durchgeführt werden. Die Tumortestung wird routinemäßig im Rahmen der Primäroperation durchgeführt, ein HRD-Test kann zusätzliche Therapie-relevante Informationen liefern. Zusätzlich kann eine Keimbahntestung angeboten werden.

Lukas Hefler: Der optimale Zeitpunkt für eine BRCA-Testung ist „so früh wie möglich“, wobei der Idealfall ist, sowohl den Tumor (Mutation im Tumor) als auch mittels Blutabnahme (Keimbahnmutation) zu testen. Weiters stellt sich die Frage nach einer Testung auf eine Homologe-Rekombinations-Defizienz (HRD) aus dem Tumor.

Frage 2: Wie würde heutzutage die adjuvante Therapie dieser Patientin aussehen?

Stephan Polterauer: Als derzeitige Standardtherapie würde die Patientin heute in der First Line postoperativ 6 Zyklen Kombinationschemotherapie mit Carboplatin + Paclitaxel erhalten. Ab dem 2. Zyklus würde man mit einer Bevacizumab-Erhaltungstherapie beginnen. Bei Ansprechen auf die CHT kann im Anschluss eine kombinierte Erhaltungstherapie mit Bevaiczumab und Olaparib durchgeführt werden, die seit Oktober 2020 für Patientinnen mit BRCA-Mutation oder positivem HRD-Test zugelassen ist.

Lukas Hefler: Mit dem Wissensstand von 2020 hätten wir die Patientin 2010 vermutlich in der first-line zusätzlich zum Avastin in der Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor für 2–3 Jahre behandelt.

Frage 3: Welche Therapie würden Sie der Patientin nun empfehlen?

Stephan Polterauer: Im Anschluss an eine Kombinationschemotherapie mit 6 Zyklen Carboplatin und Caelyx wird bei Ansprechen auf die Therapie eine PARPi-Erhaltungstherapie empfohlen.

Lukas Hefler: Die Therapie bei dieser Patientin mit Ovarialkarzinomrezidiv wäre eine Platin-haltige Kombinationschemotherapie. Für eine neuerliche Operation scheint die Patientin eher nicht in Frage zu kommen. Am ehesten sollte die Patientin eine Therapie mit einem pegylierten liposomalen Anthrazyklin und einem Platin erhalten. Bei Ansprechen auf die Therapie sollte danach als Erhaltungstherapie eine Behandlung mit PARP-Inhibitoren erfolgen.