Rituximab (MabThera®, Roche) ist als monoklonaler CD20-Antikörper seit vielen Jahren ein etablierter Standard in der Therapie der B-Zell-Lymphome und wird als Backbone vieler Chemotherapieprotokolle eingesetzt.
Erst im Februar 2012 wurden nun erstmals Hinweise publiziert (Blood 2012; 119(14):3276–84.), dass ältere Männer mit aggressiven B-Zell-Lymphomen im Vergleich zu Frauen ein schlechteres Outcome sowohl hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens als auch des Gesamtüberlebens aufwiesen. Dieser geschlechtsspezifische Unterschied beruhte sehr wahrscheinlich auf der unterschiedlichen Pharmakokinetik mit daraus resultierenden niedrigeren Spitzenplasmaspiegeln und kürzeren Eliminationshalbzeiten.
In Amsterdam wurden nun retrospektive Analysen der Studien RICOVER-60 und SMARTE-R präsentiert, die diese Ergebnisse stützen.
Männliche Patienten zeigten auch in der RICOVER-60-Studie eine kürzere Plasmahalbwertszeit (24,7 Tage vs. 33,4 Tage bei Frauen) und ein signifikant schlechteres progressionsfreies bzw. Gesamtüberleben. Dieselben Ergebnisse ließen sich auch in der Subgruppe der Frauen zwischen den schwersten bzw. leichtesten Frauen nachweisen.
Die SMARTE-R-Studie untersuchte eine rasche Aufsättigung von Rituximab zu Beginn der R-CHOP-Therapie bei älteren Patienten mit diffusem großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL). Insgesamt blieb aber die Rituximab-Dosis gleich. Neu wurde eine Subgruppenanalyse bei Patienten mit schlechter Prognose verglichen mit der konventionellen R-CHOP-Therapie aus der RICOVER-60-Studie präsentiert: Es wurde bei männlichen Patienten ein Überlebensbenefit durch die frühe Aufsättigung gezeigt.
Zusammen mit den bereits publizierten Arbeiten lassen diese Daten vermuten, dass ältere Männer und möglicherweise auch übergewichtige Frauen mit diffus großzelligem B-Zell-Lymphom eine veränderte Pharmakokinetik von Rituximab aufweisen und mit der Standarddosierung (375 mg/m2) klinisch relevant untertherapiert sind. Diese Frage wird derzeit von der Gruppe um Pfreundschuh in der SEXIE-R-Studie untersucht.
Besonders für die chronisch lymphatische Leukämie wurden spannende neue Phase-1-/-2-Daten vorgestellt, darunter drei Inhibitoren des Btk-Signalwegs: Ibrutinib (PCI-32765, Janssen) und die Bcl-2-selektiven Inhibitoren Navitoclax (Genentech/Roche) und ABT-199.
Ibrutinib: Susan O’Brien präsentierte aktuelle Daten zu der bereits am ASH im Dezember vorgestellten Monotherapiestudie (Phase 1/2) mit Ibrutinib (420 mg/d bzw. 820 mg/d). Eingeschlossen wurden hier sowohl behandlungsnaive als auch relapsierte Patienten, die mindestens zwei Therapielinien hinter sich hatten. Die Ansprechraten (ORR) insbesondere in der letzteren Gruppe waren mit 67 % (zusätzlich 22 % Ansprechen nur in Lymphknoten) beeindruckend.
Wie sehen nun die Toxizitäten aus? Ibrutinib verursachte vor allem Diarrhö, Übelkeit und Fatigue, dies meist in leichter Form. Besonders die hämatologische Toxizität stellte kein großes Problem dar.
In der Kombination mit Rituximab und Bendamustin konnte bei nicht wesentlich veränderter Toxizität die Ansprechrate bei relapsierten/refraktären Patienten auf 90 % gesteigert werden.
Die Substanz ist auch bei anderen Lymphomen inklusive des DLBCL wirksam.
Navitoclax und ABT-199: Als selektiver Bcl-Inhibitor konnte Navitoclax im Phase-1-Programm vor allem in der Kombination mit Rituximab und Bendamustin überzeugen (Ansprechrate 72 % bei erheblich vorbehandelten Patienten). Dosislimitierend war hier in erster Linie allerdings nicht selten die Thrombopenie, was bei einer weiteren Substanz dieser Kategorie (ABT-199, Bcl-2-selektiv) nicht auftrat.
Insgesamt lassen diese frühen Daten hoffen, dass hier in den nächsten Jahren potente Substanzen und eine neue zielgerichtete Therapie unsere Möglichkeiten in der Behandlung der CLL erheblich verbessern werden. Ansprechraten von 70–90 % bei einer sehr schwierig zu behandelnden Patientengruppe sprechen eine deutliche Sprache und geben jedenfalls Grund zur Hoffnung.
Govi präsentierte ein Update zur ihrer Phase-2-Studie zur alleinigen Eradikationstherapie bei helicobacterassoziierten diffus großzelligen B-Zell-Lymphomen des Magens. Eingeschlossen wurden 16 Patienten. Die Ergebnisse dieser Eradikation mit Tinidazol, Clarithromycin und Omeprazol waren trotz der geringen Patientenzahl mit 50 % kompletten und 19 % partiellen Remissionen hochinteressant.
Insbesondere wegen der bereits verfügbaren und sehr gut etablierten Substanzen und der Möglichkeiten einer effektiven Salvage-Therapie bei Versagen stellt dieses Protokoll eine unmittelbar praxisrelevante Alternative in der Behandlung dieser Patientengruppe dar.
Ein interessantes Detail am Rande stellte ein Fallbericht aus Heidelberg dar. Seit 2011 wissen wir, dass nahezu sämtliche Patienten mit Haarzellleukämie eine B-raf-V600E-Mutation aufweisen. Die Kollegen aus Heidelberg berichten über einen Patienten mit einer B-raf-V600E-positiven Erkrankung, der mit Vemurafenib behandelt wurde. Trotz der chemotherapierefraktären Erkrankung konnte mit Vemurafenib eine komplette Remission nach einer etwa zweimonatigen Behandlungszeit erreicht werden.
Sicher bleibt dies ein anekdotischer Fallbericht. Da unter Vemurafenib Plattenepithelkarzinome der Haut auftreten können, muss der Stellenwert dieser Substanz in der Indikation Haarzellleukämie weiter in Studien untersucht werden.
Daten aus Österreich wurden zu Lenalidomid präsentiert. Barbara Kiesewetter zeigte eine Phase-II-Studie aus Wien, in der 18 Patienten mit MALT-Lymphomen mit einer Standarddosis (25 mg/d, d1–21, q28d) behandelt wurden. Mit einer Ansprechrate von 62 % (10/16) bzw. 6 kompletten Remissionen und den bekannten, aber gut behandelbaren Toxizitäten der Substanz (i. e. Neutropenie, Exanthem) reiht sich das MALT-Lymphom unter jenen Entitäten ein, bei denen Lenalidomid eine gute Wirksamkeit zeigt. Eine österreichweite Studie (MALT-2) hat unter den Auspizien der Arbeitsgemeinschaft Medikamentöse Tumortherapie (AGMT) begonnen.