Hepatozelluläres Karzinom – Resektion und Transplantation

Indikation zur Leberresektion

Die Möglichkeit der Leberresektion als therapeutische Option bei monozentrischem HCC ist immer durch das Ausmaß der Leberfunktionseinschränkung der Restleber determiniert. Prinzipiell ist nur im Child-A-Stadium eine Resektion erlaubt, da im Stadium B und C die peri – operative Mortalität exorbitant ansteigt1.
Die Operabilität beschränkt sich nicht mehr darauf, wie viel Leber tumorbedingt entfernt wird, sondern welches Ausmaß an Lebervolumen zurückbleibt. Hierbei ist naturgemäß bei der Indikation HCC die Funktionalität der Restleber entscheidend und wird im Rahmen der interdisziplinären Therapieevaluierung durch zwei Tests eingeschätzt:
• die indirekte Pfortaderdruckmessung (hepatic venous pressure gradient, HVPG) und
• die ICG-Messung

Von der HVPG-Messung wissen wir, dass das postoperative Leberdysfunktionsrisiko bei Werten unter 5 mmHg sehr klein ist, zwischen 5 und 10 signifikant ansteigt und über 10 mm Hg eine Kontraindikation zur Resektion darstellt, da eine signifikante portale Hypertension besteht2. Bei der ICG-Messung sollte die PDR (Plasma Disappearance Rate, Plasmaeliminationsrate) über 18 sein und die R-15 (Retentionsrate nach 15 Minuten) idealerweise unter 10. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, sollten 40 % des Gesamtlebervolumens nach Resektion ausreichen (FLR: future liver remnant); ist die Restleber ganz gesund (z. B. fibrolamelläres HCC), reichen 25 % aus.
Durch den routinemäßigen Einsatz der Funktionstestung ist das Risiko, an einer Leberresektion zu versterben oder eine schwerwiegende Komplikation zu erleiden, in den letzten Jahren verschwindend klein geworden2. Dazu hat auch die Entwicklung moderner Narkoseverfahren, die durch artifizielle Erzeugung einer Hypotension die Blutung minimieren, und Leberdissektionshilfen beigetragen, durch welche die Konservenpflichtigkeit im perioperativen Verlauf unter 10 % gefallen ist3.
An unserem Zentrum gelten wegen der bekannten Risikofaktoren für ein Frührezidiv multiple Tumoren, makroskopische Gefäßinfiltration und ein extrahepataler Tumor als Kontraindikation für eine elektive Resektion. Die Tumorgröße selbst hat in Bezug auf die Resektabilität keinen Einfluss, diese wird durch das Ausmaß des zu erhaltenden Lebervolumens definiert (Abb. 1–3).
Ist das nach Resektion zu erwartende Restlebervolumen kleiner als 40 %, besteht die Möglichkeit der portalvenösen Embolisation (PVE), bei der die Pfortader – äste der tumortragenden Leber interventionell verschlossen werden und es in weiterer Folge durch Hyperperfusion der zu erhaltenden Leber zu deren Hypertrophie kommt. Die PVE ist in der Induktion einer Hypertrophie in Leberzirrhose gegenüber der Nicht-Zirrhose-Leber eingeschränkt, jedoch prinzipiell genauso durchführbar und erfolgreich. Das Versagen einer induzierten Hypertrophie nach PVE stellt eine Kontraindikation zur Resektion dar, da es den Ausdruck des Verlusts der Regenerationfähigkeit des Leberparenchyms anzeigt.
Technische Aspekte der Leberresektion sind nachgewiesenerweise nicht von der Dissektionstechnik (der Leberteilungsmethode), sondern von der Erfahrung des Operateurs abhängig, und daher hat jeder Leberchirurg sein bevorzugtes Instrument, mit dem er die Resektion durchführt. Vom Patienten bzw. dem Zuweiser ist eine perioperative Morbidität unter 40 %, eine Mortalität unter 5 % und eine Konservenpflichtigkeit unter 15 % zu fordern. Hinsichtlich des Resektionsausmaßes scheint die Situation bei der HCC-Resektion doch anders als bei der Metastasenresektion oder der Resektion wegen cholangiozellulärer Karzinome. Ist bei den beiden Letztgenannten eine parenchymsparende Resektion unter Erhalt von möglichst viel Leberparenchym (nichtanatomische Resektion) ohne Einschränkung des lokalrezidivfreien Überlebens durchführbar, scheint beim HCC die anatomische (segmentorientierte) Resektion mit einem geringeren Risiko des lokoregionären Rezidivs einherzugehen.
Generell gibt es eine Reihe bekannter Risikofaktoren, welche die Rezidivhäu – figkeit vorhersagen, von denen einige leider präoperativ nicht zu evaluieren sind (Abb. 4). Dazu zählen die Zirrhose und deren Ausprägung per se, die Tumor – größe und -anzahl, das Vorhandensein von Satellitenläsionen, die mikrovaskuläre Invasion, das Grading und die Höhe des präoperativen α1-Fetoproteins (AFP)4.
Da resezierte Patienten in einem engen Nachsorgeprogramm betreut werden, ist auch bei Rezidivdiagnose ein zweiter oder dritter potenziell kurativer Therapieversuch angezeigt, der entweder in Form einer Re-Resektion oder Radiofrequenzablation bzw. perkutanen Alkoholinstillation durchgeführt wird.
Leider gibt es derzeit trotz der bekannten Häufigkeit des Rezidivs keine gute Evidenz, die eine wie immer geartete Adjuvanstherapie rechtfertigt. Mit Spannung können allerdings Daten erwartet werden, die in einer großen prospektiven, doppelt-blinden multinationalen Studie erhoben werden, wobei die Gabe von Nexavar® (Sorafenib) in der üblichen Dosierung von 2-mal 400 mg pro Tag versus einem Placebo hinsichtlich der Verlängerung des rezidivfreien Überlebens getestet wird.

Indikation zur Transplantation

Die orthotope Lebertransplantation (OLT) stellt die beste Therapieoption für das HCC dar, da sie nicht nur den Tumor, sondern auch die zugrunde liegende Lebererkrankung entfernt. Aufgrund der deutlich schlechteren Langzeiterfolge im Vergleich zur benignen OLT-Indikation – wie es aus den initialen Daten hervorgeht – wurden zunehmend Selektionskriterien für die Listung von HCC-Patienten eingeführt. Auch unter Einhaltung der nachfolgend beschriebenen Selektionskriterien ist die therapeutische Option OLT durch den Mangel an Spenderorganen und die Gefahr der Tumorprogression während der Wartezeit auf die OLT limitiert. Absolute Kontraindikationen zur OLT sind die extrahepatale Erkrankung und die makrovaskuläre Tumorinfiltration. Mazzaferro et al. konnten in einer retrospektiven Analyse 1996 neue Standards definieren, indem sie nachwiesen, dass Patienten mit einem singulären HCC < 5 cm oder bis zu 3 HCC jeweils unter 3 Zentimeter ein ähnliches Überleben nach OLT zeigten wie Patienten mit benigner Indikation zur OLT5. In den Folgejahren gab es mehrere Gruppen, die nachwiesen, dass diese so genannten Milan-Kriterien durchaus in Bezug auf die absolute Tumorgröße erweitert werden können, ohne die Langzeitergebnisse negativ zu beeinflussen – sowohl hinsichtlich der Explantatlebertumorgröße als auch bezogen auf das präoperative radiologische Staging; hierfür am besten bekannt sind die so genannten UCSF-Kriterien, die ein singuläres HCC bis 6,5 cm erlauben bzw. bis zu drei HCC mit einem Gesamttumordurchmesser von bis zu 8 cm6, 7.
Bezogen auf die beiden wesentlichen Schwierigkeiten der OLT als therapeutische HCC-Option, den Organmangel und den Tumorprogress auf der Warteliste, gibt es zwei potenzielle Lösungen: die Leber-Lebendspende und eine effektive interventionelle Tumortherapie während der Wartezeit.
Bei der Leber-Lebendspende (living donor liver transplantation, LDLT) wird ein Teil der gesunden Leber bei einem Verwandten operativ entnommen und dem HCC-Patienten transplantiert. Diese Methode wurde initial bei Kinder-Empfängern erfolgreich erprobt, welche die relativ einfach zu entfernenden Segmente II und III eines Erwachsenen transplantiert bekommen. Bedenken zur Morbidität des gesunden Spenders sind bei dieser kleinen Leberresektion nicht gerechtfertigt, erhöhen sich aber nachvollziehbar mit der Notwendigkeit, den linken oder rechten Leberlappen bei der Erwachsenen- LDLT zu entfernen. Wie bei jedem Hochrisikoeingriff sollte auch die LDLT nur in Zentren durchgeführt werden, die diese Operation mindestens zehnmal pro Jahr durchführen.
Die beste Therapie zur Verhinderung des Tumorprogresses während der Wartezeit auf die OLT ist bis heute nicht definiert. Die transarterielle Chemoembolisation ist die am häufigsten erprobte Methode, wobei respondierende Patienten am meisten von einer Verlängerung ihres rezidivfreien Überlebens nach OLT profitieren. Vergleichsstudien mit den anderen interventionellen Methoden, der Radiofrequenzablation (RFA) und der perkutanen Alkoholinstillation (PEI), sind in ausreichender Patientenanzahl nicht vorhanden.

Conclusio

Leberresektion und Lebertransplantation sind zwei potenziell kurative Therapieverfahren zur Behandlung des HCC, die einander nicht konkurrenzieren, sondern ergänzen (Tab.). Die Leberresektion steht als erste Therapieoption bei erhaltener Leberfunktion zur Verfügung, die Lebertransplantation kommt bei fortgeschrittener Leberzirrhose (Child B) oder als so genannte Salvage-Therapie (beim Rezidiv nach Resektion) zum Einsatz, solange das HCC innerhalb definierter Kriterien liegt (Milan-Kriterien: 1 HCC unter 5 Zentimeter, maximal 3 HCC jeweils unter 3 cm). Die Therapieoptionen sollten in einem multidisziplinären Tumor – board evaluiert und beschlossen werden. Adjuvante Therapien zur Verhinderung des Rezidivs sind derzeit noch nicht etabliert, werden aber in großen prospektiven Studien evaluiert.

1 Mansour A et al., Abdominal operations in patients with cirrhosis: Still a major surgical challenge. Surgery 1997; 122:730–6
2 Stremitzer S, Grünberger T et al., Portal hypertension and postoperative complications – The value of the hepatic venous pressure gradient routinely assessed prior liver resection for hepatocellular carcinoma. Br J Surg 2011; in press
3 Itamoto T et al., Autologous blood storage before hepatectomy for hepatocellular carcinoma with underlying liver disease. Br J Surg 2003; 90:23–8
4 Fan ST et al., Continuous improvement of survival outcomes of resection of hepatocellular carcinoma: a 20-year experience. AnnSurg 2011; 253:745–58
5 Mazzaferro V et al., Liver transplantation fort he treatment of small hepatocellular carcinomas in patients with cirrhosis. N Engl J Med 1996; 334:693–9
6 Yao FY et al., Liver transplantation for hepatocellular carcinoma: expansion of the tumor size limits does not adversely impact survival. Hepatology 2001; 33:1394–403
7 Yao FY et al., Liver transplantation for hepatocellular carcinoma: validation of the UCSF-expanded criteria based on preoperative imaging. Am J Transplant 2007; 7:2587–96