Die Hospiz- und Palliativbetreuung im Burgenland ist eine interdisziplinäre Form ambulanter Dienstleistungen an den Nahtstellen zwischen Gesundheitswesen und Sozialbereich sowie zwischen fachlich-professioneller Hilfestellung und menschlichem Beistand.
Der Bedarf an begleitender und unterstützender Pflege und Betreuung chronisch kranker und sterbender Menschen ist im Steigen begriffen; es ist daher eine wichtige Aufgabe einer modernen und humanen Sozialpolitik, die notwendigen Rahmenbedingungen zu gewährleisten, um diesen Bedarf auch decken zu können.
Am 24. 10. 2002 veranstaltete der Burgenländische Landtag deshalb ein Hospiz- Symposium. In der Folge erarbeitete das renommierte Institut „IFF – Palliative Care & OrganisationsEthik“ (Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universitäten Klagenfurt, Wien, Graz – Abteilung Palliativ Care und OrganisationsEthik) in einem umfassenden Projekt unter Einbeziehung aller Experten vor Ort die Grundlagen für einen „Hospizplan Burgenland“. In den vergangenen Jahren ist neben das Wort „Hospiz“ fast synonym das Wort „Palliativ“ getreten. Im Oktober 2004 hat der burgenländische Landtag den „Plan für die integrierte Hospiz- und Palliativversorgung zur Betreuung schwerkranker und sterbender Menschen im Burgenland“ beschlossen.
Integrative Palliativversorgung: Bei einer integrierten Palliativversorgung geht es den Verantwortungsträgern darum, ein gemeinsames Verständnis von Palliative Care zu schaffen, den Austausch und Know-how-Transfer zwischen den traditionellen Dienstleistern des Gesundheitssystems (Regelversorgung) und der Hospiz- und Palliativbetreuung in Gang zu bringen, zu pflegen und auf eine qualitätssichernde Basis zu heben.
Aufgrund der Tatsache, dass das Burgenland den österreichweit größten Anteil an zu Hause Sterbenden hat, liegt die Priorität deutlich auf dem Ausbau der mobilen Netzwerke zur Palliativversorgung. Demgegenüber sind Palliativstationen besondere Versorgungseinheiten, die in Krankenhäuser integriert sind und sich dem Konzept einer Palliative Care verpflichtet sehen. Die einzige Palliativstation des Burgenlandes befindet sich im Landeskrankenhaus Oberwart.
Das Konzept sah den Aufbau einer integrierten Palliativversorgung vor, wobei keine zusätzlichen Strukturen geschaffen werden sollten. Daher wurde auf dem Fundament der vorhandenen extramuralen Institutionen aufgebaut.
Das Land Burgenland hat eine Landeskoordinatorin für Hospiz- und Palliativversorgung für den extramuralen Bereich bestellt. Ab 1. Juli 2009 organisiert der Psychosoziale Dienst Burgenland Ges.m.b.H. die Hospiz- und Palliativversorgung im Auftrag des Landes. Der PSD ist eine Tochtergesellschaft der Burgenländischen Krankenanstalten Gesellschaft KRAGES. Landesweit arbeiten vier interdisziplinär zusammengesetzte „Palliative Care Support Teams“. Zu diesen Teams gehören auch ehrenamtliche MitarbeiterInnen (Hospizbegleitung). Diese Zahl ergab sich aus nationalen und internationalen Bedarfsberechnungen und den topografischen Gegebenheiten des Burgenlandes.
Mobiles Palliativteam: Ein mobiles Palliativteam (MPT) besteht aus Spezialis – ten verschiedener Berufsgruppen im Gesundheitswesen (ÄrztInnen, diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal, PhysiotherapeutInnen u.a.). Das Ziel des MPT ist die bestmögliche Linderung der vielfältigen Symptome Schwerstkranker und Sterbender. Dies reicht von Informationen, Beratung und Anleitung bis hin zu medizinisch-pflegerischen Maßnahmen (z. B. Schmerzbekämpfung) für Betroffene und Angehörige. Gemeinsam mit HausärztInnen und Pflegediensten muss eine optimale Versorgung zu Hause sichergestellt werden. Mögliche Zustandsverschlechterungen können so rascher erkannt und stationäre Aufenthalte vermieden werden.
Im Norden wurde das Rote Kreuz und im Süden die Caritas mit der Aufgabe betraut, mobile Palliativteams aufzubauen. Die Betreuung der ehrenamtlichen HospizbegleiterInnen erfolgte ebenfalls über die jeweiligen Trägerorganisationen. Inzwischen kamen zwei weitere Regionalkoordinatorinnen und auch andere Trägerorganisationen (Burgenländisches Hilfswerk, Diakonie Oberwart und Diakonieverein Burgenland) dazu.
Die zusätzliche Palliativbetreuung ist für die Betroffenen kostenlos – sie wird vom Land finanziert – und kann dann erfolgen, wenn PatientInnen weitgehend unfähig sind, sich selbst zu versorgen, wenn kontinuierliche Pflege oder Hospitalisierung notwendig ist, eine rasche Progredienz des Leidens besteht, Schmerz- und Symptomkontrolle notwendig sind, mehr als 50 % Bettlägerigkeit vorliegt, dauernde Bereitschaft einer Hilfsperson notwendig ist und koordinierte Einsätze erforderlich sind.
Man weiß gar nicht, „wo einem der Kopf steht“: Wenn jemand damit konfrontiert ist, dass er selbst oder ein ihm nahe stehender Mensch unheilbar krank ist und in absehbarer Zeit sterben wird, stellen sich tausend Fragen. Was bedeutet das für mich und meine Angehörigen? Welche Auswirkungen ergeben sich daraus? Wie damit umgehen? Wie reagieren die Menschen in meinem Umfeld? Sind meine Gefühle, meine Reaktionen, normal? Verhalte ich mich richtig? Gleichzeitig gibt es viel zu organisieren, sich zu informieren und auch schwierige Entscheidungen zu treffen – und das oft unter Zeitdruck. Man weiß gar nicht „wo einem der Kopf steht“, will es am liebsten nicht wahrhaben – und gleichzeitig alles richtig machen, dafür sorgen, dass alles, was getan werden kann, auch getan wird.
In dieser Situation bieten die Palliativteams eine zentrale Anlaufstelle: PatientInnen und Angehörige erhalten hier nicht nur umfassende Informationen (interprofessionell und organisationsübergreifend), sondern auch Unterstützung bei der Organisation und Durchführung. Hausärztinnen und Pflegekräften bieten die Palliativteams fachliche Beratung und Unterstützung durch entsprechende SpezialistInnen aus Medizin, Pflege, Psychologie, Seelsorge etc.
Gerade in schwierigen Lebensabschnitten braucht der Mensch aber nicht nur SpezialistInnen, sondern auch Mit-Menschen. Trotz – oder gerade wegen – der Nähe zwischen PatientIn und Angehörigen kann es sehr entlastend sein, einmal auch mit Außenstehenden reden zu können, die nicht selbst betroffen sind und die auch heftige Gefühle verstehend zulassen können. Menschen, bei denen man sich nicht aus Rücksicht „zusammenreißen“ muss und wo man außerdem sicher sein kann, dass nichts „herumerzählt“ wird (Schweigepflicht).
Genau dies bieten entsprechend ausgebildete freiwillige MitarbeiterInnen der regionalen Hospizgruppen (HospizbegleiterInnen).
Im Jahr 2010 wurden von 112 aktiven MitarbeiterInnen 6.895 freiwillige Stunden geleistet (2009: 116 MA; 6.964 Stunden). 2010 fanden zwei Ausbildungskurse statt. Es standen insgesamt 138 ehrenamtliche HospizbegleiterInnen zur Verfügung.
Außerdem haben die vier mobilen Palliativteams 2010 bereits 304 PatientInnen betreut (2007: 187; 2008: 250; 2009: 257). Seit dem Vorjahr hat die Zahl der betreuten Palliativpatienten also erneut zugenommen. Das Land hat im Jahr 2010 die Kosten von 406 Einsatzstunden von PalliativmedizinerInnen 1.232 Stunden von Palliativschwestern und 174 Stunden von anderen Professionen aus den mobilen Palliativteams übernommen. Den Trägern der Hauskrankenpflege wurden 1.507 Stunden Mehraufwand ersetzt, der ihnen durch die Pflege von PalliativpatientInnen entstand.