Seit der Präsentation der ersten großen positiven Phase-III-Studie zum Einsatz eines Checkpointinhibitors (CI) beim triple-negativen Mammakarzinom (TNBC) bei der ESMO-Jahrestagung letztes Jahr in München herrscht weltweit Aufbruchsstimmung im Bereich der immunologischen Brustkrebsforschung. Doch welche Schlüsse lassen sich aus der IMpassion130-Studie ziehen und wie geht es weiter bei der Entwicklung von immuntherapeutischen Ansätzen für die Behandlung des TNBC?
Die IMpassion130-Studie zeigte durch den Zusatz des PD-L1-inhibierenden Antikörpers Atezolizumab zu nab-Paclitaxel bei Patientinnen mit metastasiertem TNBC in der „intention-to-treat“- oder Gesamtpopulation (HR = 0,8; p = 0,002) eine statistisch signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) von 5,5 auf 7,2 Monate. Während eine statistisch signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens (OS) in dieser Population ausblieb (21,3 vs. 17,6 Monate; HR = 0,84; p = 0,08) und die Stratifizierung für PD-L1-Überexpression auf Immunzellen im Tumorgewebe (≥ 1 % positive Zellen) in Sachen PFS keinen großen Unterschied machte (PD-L1 high 7,5 Monate vs. PD-L1 low 5,0 Monate), zeigte sich ein klinisch höchst relevanter OS-Benefit für die PD-L1-positive Population der Studie (25,0 vs. 15,5 Monate; HR = 0,62).1
Zumindest im metastasierten Setting ist dies wohl der Fall und die präsentierten Daten stellen hier wohl einen Wechsel in der Standardbehandlung dar. Zudem laufen die Studien IMpassion030 bzw. -031 zur Evaluierung einer potentiellen (neo)adjuvanten Ausweitung der Verwendung der Kombination von Atezolizumab und nab-Paclitaxel beim TNBC. Fragen der Validität von PD-L1-Expression als prädiktiver Biomarker in der Mammaonkologie bleiben aber aufrecht: Gibt es etwas Besseres als PD-L1, um das Ansprechen von Immuntherapien vorherzusagen? Warum wurde in anderen Entitäten bisher so wenig auf PD-L1-Expression auf Immunzellen geachtet? Welcher Unterschied besteht zwischen Antikörperfärbungen unterschiedlichen Fabrikats?
Auf alle Fragen kann dieser Artikel in seiner Kürze nicht eingehen. Es lohnt aber jedenfalls ein Blick auf andere Krebserkrankungen, um potentiell hochwertigere prädiktive Biomarker zu finden: Die Anzahl von Mutationen im Genom von Krebszellen („mutational load“) korreliert über alle Krebsentitäten hinweg nahezu perfekt mit dem potentiellen Ansprechen auf CI-Behandlung und lässt sich zudem mit dem Mittel der Radiotherapie auch interventionell erhöhen. Während Melanome und Bronchuskarzinome mehr Mutationen und somit „Neoantigene“ aufweisen als Brustkrebs und auf Checkpointinhibitoren statistisch gesehen deutlich besser ansprechen, besteht auch innerhalb der letztgenannten Krebsform Heterogenität: TNBCs zeigen eine höhere „mutational load“ als Her2-überexprimierende oder strikt luminale Tumore, dies einhergehend mit höherer Lymphozyteninfiltration, welche für sich wiederum einen Wert als prädiktiver Biomarker beim TNBC hat. Wäre eine Stratifizierung nach dem individuellen Mutationsgehalt des Tumors per – natürlich finanziell aufwendigerem – Sequencing aussagekräftiger und genauer als die immunhistochemische Färbung von PD-L1 auf Immunzellen?2 Auf die Ergebnisse groß angelegter Studien mit dieser Fragestellung muss wohl noch einige Zeit gewartet werden. Ebenso verhält es sich mit der Frage, ob immunologische Scores, die mehrere immunhistochemische Marker der Immunzellinfiltration in Tumoren kombinieren, bessere Prädiktivität als Einzelfärbungen aufweisen könnten.
Die zweite hauptsächliche Frage bezieht sich auf die Immunogenität des chemotherapeutischen Kombinationspartners des verwendeten Checkpointinhibitors. Abermals stellt sich die Frage, ob es wirksamere zytostatische Alternativen als bei IMpassion130 gibt. War nab-Paclitaxel die beste Wahl? Auch wenn es einleuchtend ist, dass die Ermöglichung der Vermeidung von Kortikosteroiden als Begleitmedikation durch die Formulierung von nab-Paclitaxel den Nutzen des Immuntherapeutikums maximieren kann, wissen wir aus präklinischen Studien, dass jegliches klassische Zytostatikum ein ausgezeichneter Kombinationspartner für Checkpointinhibitoren sein kann. Im Rahmen des Zytostatikum-induzierten Zelltodes scheint es eine zumindest teilweise Aufhebung des immunsuppressiven Mikromilieus im Tumor zu geben, fast unabhängig von der chemotherapeutischen Klasse – aber dennoch mit Unterschieden: Im Falle des triple-negativen Brustkrebses stellt sich insbesondere die Frage, ob das häufig in Kombination verwendete Cyclophosphamid sowie Anthrazykline wie Epirubicin nab-Paclitaxel herausfordern können. Beiden ist eine potentielle immunologische Wirkung über die Depletierung von regulatorischen (immunsupprimierenden) T-Lymphozyten (Tregs) gemein. Für Cyclophosphamid sind zudem Wirkungen von verstärkter Interleukinproduktion und das Fördern der Expansion von natürlichen Killerzellen (NK) berichtet worden. Für Platinverbindungen wurde eine ähnliche Beeinflussung des Verhältnisses von zytotoxischen zu regulierenden T-Zellen im Tumor berichtet.3
Letztlich kann die Frage gestellt werden, ob Atezolizumab und die durch diesen Antikörper hervorgerufene PD-L1-Blockade in der Tat besser ist als die Verwendung von PD1-gerichteten Antikörpern. In Kohorte B des Keynote-086-Trials (PD-L1-positive TNBC-Patientinnen ohne vorherige systemische Therapie) zeigte sich für Pembrolizumab beispielsweise eine Ansprechrate von 23 % – ohne chemotherapeutischen Kombinationspartner. Ganz generell muss der Kampf zwischen und innerhalb PD-1- und PD-L1-gerichteter Antikörpertherapie als offen angesehen werden, selbst wenn Atezolizumab mit der ersten positiven Phase-III-Studie vorgelegt hat. Zudem kann auch mit einem vermehrten Einsatz von CTLA4- oder LAG3-Blockaden gerechnet werden und mit Studien, die mehrere immunologische Checkpointinhibitoren miteinander oder mit Chemotherapie kombinieren.4
Die Ergebnisse all dieser wissenschaftlichen Bemühungen können aus heutiger Sicht nicht vorausgesagt und nur ungeduldig erwartet werden. Spannende Jahre stehen der senologischen Community bevor.