Neben der Diskussion, ob Patienten mit HPV-positiven Tumoren eher von einer Radiochemotherapie als von einer Operation profitieren, wird der Stellenwert der EGFR-Blockade bei diesen Tumoren diskutiert und im Rahmen von randomisierten Studien evaluiert. Grundlage dieser Diskussion sind die Ergebnisse präklinischer Studien, die eine geringe EGFR-Expression in HPV-positiven Tumoren gezeigt haben. Allerdings scheint – wie in der retrospektiven Analyse einer randomisierten Phase-III-Studie (EXTREME) gezeigt werden konnte – die EGFR-Expression nicht mit dem Therapieansprechen zu korrelieren (Abb.). Unabhängig vom EGFR-Expressionsgrad war das Gesamtüberleben durch die Zugabe von Cetuximab zu Cisplatin und 5-Fluorouracil (PF) signifikant länger (10,1 Monate) als bei Patienten, die nur Chemotherapie erhalten haben (7,4 Monate). Die Bestimmung des EGF-Rezeptors ist, anders als beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom, bei HNO-Tumoren nicht erforderlich.
Wie in zahlreichen Studien der vergangenen Jahrzehnte gezeigt werden konnte, kann durch die Kombination von zwei Zytostatika im Vergleich zu einer Monotherapie die objektive Ansprechrate signifikant gesteigert werden (von etwa 15 % auf 30 %), allerdings war dies in keiner einzigen randomisierten Studie mit einem Überlebensvorteil verbunden. Daher sollte Patienten, bei welchen eine Tumorverkleinerung erzielt werden soll, eine Kombinationschemotherapie angeboten werden, während bei Patienten mit indolentem Krankheitsverlauf eine Monotherapie ausreichen dürfte. Seit der Präsentation der Ergebnisse der EXTREME-Studie, in welcher erstmals seit mehr als 30 Jahren in einer randomisierten Studie ein signifikanter Überlebensvorteil für eine Kombinationstherapie gezeigt werden konnte, ist die Kombination von Cetuximab mit einer platinbasierten Chemotherapie gefolgt von einer Cetuximab-Maintenance der neue Goldstandard (Level IA).
Konsequenterweise wurde nach dem Erfolg der EXTREME-Studie auch der humane Antikörper Panitumumab in Kombination mit Platin + 5FU (SPECTRUM-Studie) evaluiert. Die Ergebnisse waren jedoch zunächst enttäuschend, da das Überleben zwar um 2 Monate länger war, aber dieser Unterschied nicht die statistische Signifikanz erreicht hatte (Tab.). In einer späteren Analyse wurde von 411 der insgesamt 657 in die SPECTRUM-Studie eingeschlossenen Patienten (63 %) der HPV-Status retrospektiv analysiert; 23 % der Tumoren waren HPV-positiv und 77 % negativ. In dieser retrospektiven Analyse zeigte sich nun ein signifikant längeres Überleben bei Patienten mit HPV-negativen Tumoren (11,8 versus 8,6 Monate). Patienten mit HPV-positiven Tumoren hatten nicht von der Antikörpertherapie profitiert. Die Ergebnisse der – ebenfalls retrospektiven – Analyse der Tumorenproben aus der EXTREME-Studie werden für das kommende ESMO-Meeting in Wien erwartet. Nachdem in der Bonner Studie etwa 70 % der Patienten mit Tonsillenkarzinom (und einem mutmaßlich hohen Anteil an HPV-positiven Tumoren) inkludiert waren und diese Patienten besonders von Cetuximab profitierten, scheint für Cetuximab die Einschränkung auf HPV-negative Tumoren nicht zu gelten.
Der HPV-Status sollte routinemäßig bei allen Patienten mit Zungengrund- und Tonsillenkarzinomen (idealerweise auch bei Tumoren anderer Lokalisation) bestimmt werden, wobei sich derzeit jedoch noch keine therapeutische Konsequenz aus dem HPV-Status ergibt. Die Kombination von Cetuximab plus platinbasierte Chemotherapie ist die einzige Erstlinientherapie mit dem Evidenzlevel IA.