Entwicklung: Nach einer zügigen Verbreitungsphase im englischen Sprachraum, geprägt von der Galionsfigur Dr. Cicely Saunders, setzten sich in Österreich, auch beeinflusst durch das Wirken von Dr. Elisabeth Kübler-Ross, zahlreiche Menschen für eine gute Sterbebegleitung ein. Die ersten Jahre der Hospizarbeit waren von Freiwilligenarbeit und Bildungsaktivitäten der Pioniere bestimmt. Als erste Einrichtung in Österreich wurde im Jahr 1989 von der Caritas Wien ein mobiles Palliativteam gegründet, das noch immer im Einsatz ist. Erst ab dem Jahr 2000, mit der Aufnahme von Palliativstationen in den Österreichischen Krankenanstaltenplan und der Finanzierung von Tagsätzen für die Palliativstationen, kam Schwung in die Entwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung. Nach und nach wurde deutlicher, dass Hospizarbeit und Palliativmedizin in abgestuften Versorgungsstrukturen in alle Einrichtungen des Gesundheitswesens integriert werden müssen. Dieses Konzept der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung wurde im Jahr 2004 vom Gesundheitsministerium veröffentlicht. Im Jahr 2006 erarbeitete eine Bund- Ländera-Arbeitsgruppe darauf aufbauend einen detaillierten Stufenplan bis zum Vollausbau, der bisher nur teilweise realisiert worden ist. Immerhin sind die Anzahl an Einrichtungen und der Stellenwert der Palliativmedizin im Gesundheitswesen gestiegen.
Palliativmedizin in der Grundversorgung: Die palliativmedizinische Grundversorgung für die Mehrzahl der Schwerkranken und Sterbenden wird tagtäglich in den einzelnen Gesundheits- und Sozialeinrichtungen geleistet. Diese hat naturgemäß bei ÄrztInnen auf einer Universitätsklinik eine andere Ausprägung als bei den in Heimen tätigen Krankenpflegepersonen. Die Zielsetzung sollte aber dieselbe sein: kompetente Betreuung und Lebensqualität bis zuletzt.
Über die Qualität der palliativmedizinischen Grundversorgung existieren für Österreich keine verlässlichen Daten. Von beträchtlichen Variabilitäten darf ausgegangen werden. Es ist zu fordern, dass palliativmedizinisches Wissen und Fähigkeiten berufsbegleitend in der Basisfortbildung angeboten werden müssen. Koordinierte Abläufe bei der Versorgung Sterbender sollen individuelle und einfühlsame Betreuung – auch der Angehörigen – sicherstellen.
Grundversorger müssen über Erreichbarkeit und Arbeitsweisen von Hospiz- und Palliativeinrichtungen informiert sein. Dadurch sollten diese spezialisierten Einrichtungen zeitgerechter und gezielter eingebunden werden können. Ganz im Sinne der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung, die zum Ziel hat, dass die Betroffenen zur richtigen Zeit am richtigen Ort richtig behandelt werden.
Spezialisierte Hospiz- und Palliativeinrichtungen: Die spezialisierten Hospizund Palliativeinrichtungen ergänzen die palliativmedizinische Grundversorgung im Sinne einer Differenzierung des Versorgungsangebotes, um PalliativpatientInnen in schwierigen Situationen bestmöglich betreuen zu können.
Durch ein Hospizteam stehen Betroffenen und Angehörigen ehrenamtliche MitarbeiterInnen als niederschwellige psychosoziale Ressource zur Verfügung, die über die HospizkoordinatorInnen in Begleitungen zu Hause, in Heimen und in Krankenhäusern eingebunden werden können. Die MitarbeiterInnen eines mobilen Palliativteams beraten und unterstützen HausärztInnen und Pflegekräfte bei der Betreuung von PalliativpatientInnen zu Hause und in Heimen. In Krankenhäusern ermöglichen dies die MitarbeiterInnen eines Palliativkonsiliardienstes. Für PalliativpatientInnen mit höherem Betreuungsaufwand und komplexerer Symptomatik stehen in Akutkrankenhäusern Palliativstationen zur Verfügung. In einem stationären Hospiz verbringen betreuungsintensive Schwerkranke und Sterbende ihre letzte Lebensphase. Das Tageshospiz bietet Schwerkranken, die wenigstens die Nacht zuhause verbringen können, tagsüber Beratung und Betreuung. Entscheidend ist die rechtzeitige und gezielte Einbindung der PalliativmedizinerInnen durch die Grundversorger für Beratung und Betreuung von PalliativpatientInnen.
Aktueller Stand der Hospiz- und Palliativversorgung: Im Jahr 2006 wurde von einer Arbeitsgruppe des Gesundheitsministeriums der Bedarf an Hospiz- und Palliativeinrichtungen berechnet und Zielwerte für 2012 wurden festgelegt. Palliativstationen haben von allen Hospiz- und Palliativeinrichtungen den höchs ten Anteil an Umsetzung in Richtung Vollausbau. Der Grund ist nachvollziehbar: Für Palliativstationen gibt es, als einzigen Einrichtungstyp, eine österreichweit geregelte Finanzierung. Ende 2010 waren 72 Prozent (n = 249) der not wenigen Palliativbetten (n = 337) in insgesamt 27 Palliativstationen in Betrieb. Hospizteams haben immerhin einen Realisierungsgrad von 69 %. Im Jahr 2010 standen über 3000 qualifizierte freiwillig tätige HospizmitarbeiterInnen im Einsatz. Mobile Palliativteams sind zu 61 Prozent realisiert. Unbefriedigend umgesetzt sind Tageshospize (33 %) und stationäre Hospize (37 %). Das Schlusslicht der Umsetzung bilden die Palliativkonsiliardienste. Von den insgesamt 134 erforderlichen Palliativkonsi – liardiensten stehen lediglich 27 Prozent (n = 35) zur Verfügung!
Die Gründe für die fehlende Finanzierung der Hospiz- und Palliativeinrichtungen sind vielfältig: unterschiedliche Sichtweisen, ob und wie weit sie dem Gesundheits- oder Sozialbereich zuzurechnen sind, Projektfinanzierungen aus unterschiedlichen Töpfen, fehlende österreichweite Tagsatzfinanzierung für Stationäre Hospize. In einigen Bundesländern wird von politischer Seite sogar die Sinnhaftigkeit einzelner Einrichtungen in Frage gestellt. Eine österreichweite Lösung dieser unbefriedigenden Finanzierungssituation wird seit Jahren weitgehend erfolglos angestrebt. De facto gibt es nur in der Steiermark eine Regelfinanzierung für alle Hospiz- und Palliativeinrichtungen.
Betreute PatientInnen: Der Anteil an TumorpatientInnen, die in Hospiz- und Palliativeinrichtungen betreut werden, liegt je nach Einrichtungstyp zwischen 67 (Tageshospiz) und 88 Prozent (Palliativstationen, stationäre Hospize) aller betreuten PatientInnen. Der Anteil an PatientInnen mit Nicht-Tumor-Erkrankungen hat in Österreich und international in den letzten Jahren zugenommen. Die Verweildauer auf Palliativstationen beträgt im Schnitt etwa 12 Tage. Im Rahmen des ersten Aufenthaltes sterben ca. 30 Prozent. Werden die Wiederaufnahmen eingerechnet, sterben auf Palliativstationen insgesamt etwa 50 Prozent. In stationären Hospizen hingegen beträgt die Verweildauer 4–5 Wochen, und fast alle (ca. 98 Prozent) sterben auch dort. Von allen in der Steiermark verstorbenen TumorpatientInnen sind im Jahr 2010 ein knappes Drittel von den mobilen Palliativteams mitbetreut worden. Studien haben gezeigt, dass durch mobile Palliativteams das längere Verbleiben der PatientInnen zu Hause ermöglicht und die Anzahl an Krankenhausaufenthalten reduziert werden. TumorpatientInnen, die von mobilen Palliativteams betreut werden, sterben beispielsweise in der Steiermark im Schnitt um ca. 20 Prozentpunkte häufiger zu Hause.
Studien haben auch gezeigt, dass Palliativkonsiliardienste die Kosten der Betreuung in der letzten Lebensphase im Krankenhaus dämpfen. Bezüglich Einweisungsraten von HeimbewohnerInnen ins Akutkrankenhaus, die von mobilen Palliativteams mitbetreut werden, liegen keine Zahlen vor. Weitere Versorgungsforschung ist notwendig, um die Auswir – klungen der spezialisierten Hospiz- und Palliativeinrichtungen zu untermauern.
Weitere Entwicklungen: Wichtige offene Punkte für die weitere Entwicklung sind die Verankerung im ASVG und eine geregelte Finanzierung für alle Einrichtungen österreichweit. Hospizarbeit und Palliativmedizin in Heimen ist zweifelsohne ein Zukunftsthema, ebenso wie die Entwicklung von speziellen Versorgungsangeboten für Kinder in der letzten Lebensphase.
Unbestritten ist, dass Hospiz- und Palliativversorgung für alle Menschen, die sie brauchen, erreichbar, zugänglich und leistbar sein müssen. Es ist noch ein weiter Weg, bis die Hospiz- und Palliativeinrichtungen flächendeckend in die Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens vollständig integriert sind.
Literatur beim Autor: johann.baumgartner@kages.at
Die folgenden Beiträge sollen einen Überblick über Modelle und Einrichtungen palliativmedizinischer Versorgung in einigen Bundesländern bieten.