Beide, Öffentlichkeit und Wissenschaft, streben nach einer Personalisierten Medizin. Neue Techniken ermöglichen es uns, das Tumorgenom und seine funktionellen Konsequenzen immer weiter zu entschlüsseln. Gleichzeitig erleben wir eine zunehmende Flut biologisch wirksamer Substanzen. Doch die personalisierte Therapie, also die maßgeschneiderte Therapieauswahl zur rechten Zeit für den richtigen Patienten, gelingt bisher nur in wenigen Fällen.
Eine personalisierte Vorgangsweise erfordert nicht nur eine eingehende molekulare Analyse, sondern würde derzeit auch an der Limitation der Zulassungsindikationen einzelner Medikamente scheitern. Die Strategie, die wir daher in der Onkologie und Hämatologie derzeit noch verfolgen, ist vielmehr eine „stratifizierte Medizin“, bei der wir Patienten, die an einer bestimmten Tumorerkrankung leiden, aufgrund des gegebenen Hormonrezeptorstatus oder einzelner Biomarker wie Genaberrationen in weitere therapeutische Subgruppen einteilen. Eine auf den individuellen Patienten zugeschnittene Therapie erfordert aber nicht nur die Charakterisierung des Tumorgewebes, sondern auch die quantitative Vorhersage, wie die Krebszelle des Patienten unter der gegebenen Therapie reagieren wird. Die bisher verwendeten Werkzeuge klinischer Zulassungsstudien werden dieser Strategie oft nicht gerecht und limitieren daher zumeist zielgerichtete Medikamente auf anatomische Grenzen.
Die Erkenntnisse der Tumorbiologie und neuen Analysemöglichkeiten in ihre pharmakologische Anwendung zu übersetzen, ist die große Herausforderung der Gegenwart. Erste tumoragnostische Zulassungen durch die FDA und EMA erfolgten bereits. In einem nächsten Schritt wird die Präzisionsmedizin auch hinsichtlich ihrer Methoden agnostisch: Zu den „Genomics“ gesellen sich nun „Proteomics“ und funktionelle Untersuchungen. Wir versuchen, Ihnen in dieser Ausgabe einen Überblick über die aktuellen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten sowie spannende rezente Entwicklungen in der Personalisierten Medizin zu vermitteln.
Viel Spaß beim Lesen wünschen
Gerald Prager und Philipp Staber