Durch die Einführung von R-CHOP (Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednisolon) konnten die Outcomes der Patienten mit diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) substanziell verbessert werden. Nicht zu vernachlässigen sind jedoch gerade angesichts der höheren Heilungschancen die toxischen Effekte des Anthrazyklins auf die Herzfunktion; schwere kardiale Spätschäden finden sich nach einer Doxorubicin-Therapie bei bis zu 9 % der Patienten.
Ersatz durch NPLD: Eine Studie der Arbeitsgemeinschaft medikamentöse Tumortherapie (AGMT) prüfte daher, ob die Kardiotoxizität der Standard-Erstlinientherapie durch eine Modifikation reduziert werden kann. 79 Patienten mit unbehandeltem DLBCL erhielten randomisiert entweder R-CHOP oder R-COMP, bei dem Doxorubicin durch nichtpegyliertes liposomales Doxorubicin (NPLD) in derselben Dosis ersetzt wurde. Als primärer Endpunkt war die linksventrikuläre Auswurffraktion (LVEF) definiert. Tatsächlich konnte im Prüfarm eine signifikant höhere mittlere LVEF erreicht werden, diese Verbesserung war absolut gesehen jedoch gering (63,56 % vs. 62,29 %; p = 0,0333). Im Sinne eines kar dialen Vorteils von R-COMP resultierten signifikant niedrigere Raten an LVEF-Werten < 55 % (4,6 % vs. 15,8 %; p < 0,001). Die Studie war zwar für den Nachweis eines Unterschieds im Hinblick auf die Antikrebswirksamkeit nicht gepowert, es zeigte sich aber kein Signal für ungünstigere Outcomes unter R-COMP. Im Gegenteil wurden sogar etwas höhere Ansprechraten verzeichnet, und alle primär progredienten Patienten befanden sich im R-CHOP-Arm (Tab.). Ebenso traten schwere Nebenwirkungen unter R-COMP signifikant seltener auf, in erster Linie aufgrund der geringeren Infektionsrate (15 vs. 28 Ereignisse).
NT-proBNP als Marker: Ein starker Hin weis auf günstige kardiale Effekte von R-COMP ist der Verlauf der NT-pro BNP-Spiegel, die sich bei Studienende signifikant zuguns – ten der modifizierten Therapie unterschieden (p = 0,037; Abb.). Werte < 400 pg/ml (Ausschluss einer Herzinsuffizienz) wurden im R-COMPArm signifikant häufiger gemessen als im R-CHOP-Arm (90 % vs. 66,7 %; p = 0,013), Werte zwischen 400 und 2.000 pg/ml (mögliche Herzinsuffizienz) ebenso (5 % vs. 25 %; p = 0,032). Im Bereich > 2.000 pg/ml (manifeste Herzinsuffizienz) waren die Patientenzahlen für eine definitive Beurteilung zu klein. Ein routinemäßiger früher Einsatz von NTproBNP als einfacher Marker für die Kardiotoxizität ist denkbar und verdient eine genauere Evaluierung.
Dies ist die erste randomisierte Studie beim hochmalignen NHL zur Wertigkeit von nichtpegyliertem liposomalem Doxorubicin. Das Ergebnis verändert die Praxis derzeit noch nicht, da der Unterschied in der Linksventrikelfunktion nach Ende der Therapie zwar signifikant, aber klinisch nicht relevant war. Dennoch gibt es Hinweise auf eine Verringerung der Kardiotoxizität durch R-COMP. Im Unterschied zu R-CHOP sind die NTproBNP- Spiegel am Therapieende nicht angestiegen, und die Zahl der Patienten mit Werten unter 400 pg/ml war im RCOMP- Arm signifikant höher. Von Bedeutung ist auch die geringere Zahl an Infektionen. Derzeit befindet sich ein Register in Planung, in dessen Rahmen die Studienteilnehmer über einen langen Zeitraum einmal jährlich im Hinblick auf relevante kardiale Funktionseinschränkungen kontrolliert werden. Wirklich schlagend werden die bisher festgestellten Unterschiede erst, wenn wir nach einigen Jahren auch eine Abnahme der klinischen Herzinsuffizienz im ehemaligen Prüfarm sehen. Ein solches Ergebnis wird die Therapiepraxis beeinflussen.
Quelle:
Fridrik MA et al., Non-pegylated liposomal encapsulated doxorubicin reduces cardiotoxicity in 1st-line treatment of diffuse large B-cell lymphoma (DLBCL). Final results of a randomized trial. ASH 2011, Abstract Nr. 2676