Trotz der neuesten Fortschritte in der Behandlung von Tumoren des oberen Gastrointestinaltraktes ist die Überlebensrate für die meisten Patienten kürzer als zwei Jahre. Die Immun-Checkpoint-Blockade mit Anti-CTLA4-(zytotoxisches T-Zellen-assoziiertes Protein 4-), Anti-PD-1-(Programmed-Death Receptor 1-) und Anti-PD-L1-(Programmed-Death Ligand 1-)monoklonalen Antikörpern hat die Behandlung von Melanomen, nichtkleinzelligen Lungenkarzinomen und Blasenkarzinomen revolutioniert. Aus diesem Grund werden die Ergebnisse der Wirksamkeit moderner Immuntherapien für gastroösophageale Karzinome mit großer Spannung erwartet.
Die CheckMate-032-Studie testete als eine nichtrandomisierte Phase-I/II–Studie die Wirksamkeit von Nivolumab in den folgenden drei Studienarmen: Nivolumab 3 mg/kg (q2w) (Nivo3), Nivolumab 3 mg/kg plus Ipilimumab 1 mg/kg (q3w) (Nivo3 + Ipi1) und Nivolumab 1 mg/kg plus Ipilimumab 3 mg/kg (q3w) (Nivo1 + Ipi3). In die Studie wurden nichtasiatische PatientInnen ohne Selektion nach tumoralem PD-L1-Status eingeschlossen.
Die radiologische Ansprechrate in der Nivo3-Gruppe lag bei 12 % (n = 7). 38 % dieser PatientInnen waren PD-L1-positiv (PD-L1-Färbung in > 1 % der Tumorzellen). Obwohl die allgemeine Ansprechrate (ORR) bei PD-L1-positiven PatientInnen geringfügig höher ausfiel, wurde ein Ansprechen bei PD-L1-positiven und -negativen Tumoren beobachtet.
Die durchschnittliche Gesamtüberlebensrate (OS) der Nivo3-Gruppe betrug unabhängig vom Biomarkerstatus 6,2 Monate.
Das Toxizitätsprofil war akzeptabel. Im Vergleich der beiden Kombinationsarme wiesen Patienten in der Nivo1+Ipi3-Gruppe eine höhere radiologische Ansprechrate (24 % gegenüber 8 %) auf, was auch einer höheren Überlebensrate nach einem Jahr (35 % gegenüber 24 %) und nach 18 Monaten (28 % gegenüber 13 %) für Nivo1 + Ipi3 gegenüber Nivo3 + Ipi1 entspricht (Abb.). Darüber hinaus wurde eine höhere Wirksamkeit bei Kombinationstherapien für PatientInnen mit PD-L1-positivem Tumor (bis zu 40 % ORR in der Nivo1+Ipi3-Gruppe) beobachtet. Die Kombinations-Immun-Checkpoint-Blockade ist, verglichen mit Mono-Anti-PD-1-Therapie, mit einer erhöhten Toxizität verbunden.
Das Nivo1+Ipi3-Dosierungsschema wurde wegen der höheren ORR für die weiteren Auswertungen in zwei Phase-III-Studien gewählt, in denen metastasierende oder lokal fortgeschrittene Plattenepithelkarzinome der Speiseröhre (CheckMate 648) oder Adenokarzinome des oberen Gastrointestinaltraktes (CheckMate 649) ausgewertet wurden.
ATTRACTION-02-Studie: Nivolumab wurde im September 2017 aufgrund der Ergebnisse der ATTRACTION-02-Studie für die Behandlung von biomarkerunabhängigen, chemotherapierefraktären Tumoren des oberen Gastroösophagealtraktes in Japan zugelassen. In dieser randomisierten Phase-III-Studie wurden Patienten mit fortgeschrittenen oder rezidivierten gastroösophagealen Karzinomen nach mehr als zwei Zyklen Chemotherapie mit Nivolumab oder mit Placebo behandelt. An dieser Studie nahmen nur Patienten aus drei asiatischen Ländern teil (Japan, Korea und Taiwan). Patienten, die mit Nivolumab behandelt wurden, zeigten ein längeres Gesamtüberleben (OS 5,32 vs. 4,14 Monate, HR 0,63; p < 0,0001). Hervorzuheben ist aber insbesondere, dass sich die Ein-Jahres- oder Zwei-Jahres-Überlebensrate der Patienten der Nivolumab-Gruppe mehr als verdoppelte. PD-L1-Positivität zeigte sich bei 26/192 (13,5 %) Patienten, was aber nicht mit dem Behandlungsergebnis assoziiert war.
Die KEYNOTE-012-Studie lieferte die ersten Daten zur Wirksamkeit der Pembrolizumab-Therapie bei gastroösophagealen Karzinomen bei PD-L1-selektionierten vorbehandelten gastroösophagealen Karzinomen. In dieser stark vorbehandelten Kohorte betrug die radiologische Ansprechrate 22 % und war bei asiatischen und nichtasiatischen Patienten vergleichbar. Anders als in Studien mit Nivolumab wurden nur Patienten mit PD-L1-positivem Status in KEYNOTE-012 eingeschlossen.
Nach den vielversprechenden Ergebnissen der ersten KEYNOTE-012-Studie wurde Pembrolizumab weiterhin in der Multi-Kohorten-KEYNOTE-059-Studie ausgewertet.
KEYNOTE-059, Kohorte 1: Die Ergebnisse der KEYNOTE-059-Studie (Kohorte 1) führten dazu, dass Pembrolizumab im Oktober 2017 für die Behandlung von chemotherapierefraktären PD-L1-positiven gastroösophagealen Karzinomen von der FDA zugelassen wurde. 259 Patienten mit gastroösophagealen Karzinomen, die nach mindestens zwei Zyklen Chemotherapie refraktär waren, erhielten in dieser Studie 200 mg Pembrolizumab alle drei Wochen. Alle Patienten wurden nach dem PD-L1-Status bewertet; 148/259 (57 %) Patienten wurden als PD-L1-positiv eingestuft. Die Patienten sprachen in Abhängigkeit davon, ob sie PD-L1-positiv oder -negativ waren, unterschiedlich auf die Therapie an; die Ansprechraten lagen bei 15,5 % gegenüber 6,4 %.
KEYNOTE-059, Kohorte 2: In der Kohorte 2 der KEYNOTE-059-Studie wurde Pembrolizumab plus Chemotherapie bei PD-L1-unselektierten Patienten verabreicht, die unter unbehandelten gastroösophagealen Karzinomen litten. Die Kombinationstherapie war verbunden mit einer vielversprechenden Ansprechrate von 66 % bei allen Patienten, unabhängig von ihrem Biomarkerstatus. PD-L1-positive Patienten schienen einen größeren Nutzen als die PD-L1-negativen Patienten aus der Kombination zu ziehen (allgemeine Ansprechrate bei 69 % gegenüber 38 %). Die durchschnittliche Überlebensrate war mit 13,8 Jahren für die ganze Kohorte vielversprechend.
3: KEYNOTE-059, Kohorte 3: Innerhalb der Kohorte 3 wurden sodann 31 Patienten mit unbehandeltem PD-L1-positiven gastroösophagealen Adenokarzinomen mit Pembrolizumab mono behandelt. Die radiologische Ansprechrate betrug 26 %. Obwohl sie vielversprechend klingt und besser ausfiel als die beobachtete Ansprechrate in den nachfolgenden Therapielinien, entspricht sie in dieser Situation nicht einer zytotoxischen Chemotherapie, bei der Ansprechraten von mehr als 40 % erwartet werden. Dennoch lag die durchschnittliche Überlebensrate in dieser Gruppe bei 20,7 Monaten zur Zeit der Bekanntmachung und fiel damit im Vergleich zu der Rate, die bei der Chemotherapie beobachtet wurde, durchaus höher aus.
Durch diese Daten ermutigt, wurde Pembrolizumab in der Phase-III-KEYNOTE-062-Studie als Einzelmedikament oder zusammen mit einer Chemotherapie gegenüber Placebo bei Patienten mit unbehandelten, lokal fortgeschrittenen oder metastasierenden gastroösophagealen Karzinomen getestet. Die Studie wurde geschlossen, allerdings sind bisher keine Daten verfügbar.
Am ASCO 2018 wurde in einem Abstract über die Ergebnisse der Phase-III-Studie KEYNOTE-061 berichtet. In dieser Studie wurden Patienten mit gastroösophagealen Karzinomen in der Zweitlinie mit Pembrolizumab versus Paclitaxel behandelt. Der primäre Endpunkt der Studie, OS bei PD-L1-positiven Patienten, wurde nicht erreicht.
In der Phase-Ib-KEYNOTE-028-Studie wurde Pembrolizumab mono bei Patienten mit Plattenepithelkarzinom in der Speiseröhre getestet, die vorher mit mehr als einem Zyklus Chemotherapie behandelt wurden. Die allgemeine Ansprechrate von 30 % war sehr beindruckend, die Dauer des Ansprechens betrug 15 Monate.
Pembrolizumab zusammen mit einer neoadjuvanten Chemotherapie wird momentan in zwei weiteren Studien getestet.
Avelumab (Anti-PD-L1) ist als Mittel für die Zweitlinientherapie und für die Erhaltungstherapie bei gastroösophagealen Karzinomen in der JAVELIN-Phase-Ib-Studie angesetzt. Patienten, die mit Avelumab als Erhaltungstherapie behandelt wurden, wiesen eine radiologische Ansprechrate von 9,0 % (5/55) auf. Die radiologischen Ansprechraten waren bei Patienten mit positiven PD-L1-Status höher. Die Ergebnisse einer randomisierten Phase-III-Studie, bei der die Wirkung von Avelumab als Erhaltungstherapie untersucht wurde, werden n
och erwartet (JAVELIN 100 Gastric).
Vorläufige Ergebnisse der JAVELIN-300-Studie wurden bereits freigegeben. Es zeigte sich jedoch kein Nutzen für das durchschnittliche OS mit der Third-Line-Therapie Avelumab im Vergleich zu der Wahl der Chemotherapie von den Untersuchern (Irinotecan oder Taxane). In dieser Studie war jedoch der Maßstab viel höher angesetzt als in der ATTRACTION-02-Studie, in der die Vergleichsgruppe ein Placebo erhielt.
Der PD-L1-Antikörper Durvalumab wurde in einer Phase-Ib/II-Multi-Center-Studie für fortgeschrittene solide Tumoren bei 346 Patienten untersucht. In einer Kohorte von 16 gastroösophagealen Tumoren konnten drei Teilremissionen und eine komplette Remission ermittelt werden. Momentan wird Durvalumab als Monotherapie oder in Kombination mit CTLA4-Blockade, Chemotherapie oder Chemoradiotherapie in mehreren Studien bei gastroösophageale Tumoren untersucht.
Es ist nur eine sehr begrenzte Anzahl von Daten zu Atezolizumab bei gastroösophagealen Karzinomen aus einer Phase-I-Studie für multiple Tumortypen verfügbar, an der nur ein Patient mit gastroösophagealem Karzinom teilgenommen hat. Bei diesem Patienten zeigte sich eine Teilremission.
Der Anti-CTLA4-Antikörper Ipilimumab wurde als Erhaltungstherapie bei Patienten, die von der Erstlinien-Chemotherapie profitierten, getestet. Der primäre Endpunkt der Studie wurde nicht erreicht, sodass die Studie vorzeitig beendet wurde.
Anhand der Daten aus der ATTRACTION-02-Studie ist der Evidenzgrad 1 gegeben, um den Gebrauch von Nivolumab als lebensverlängernde Therapie bei PD-L1-unselektierten asiatischen Patienten, die unter therapierefraktären gastroösophagealen Karzinomen leiden, zu rechtfertigen.
Obwohl Pembrolizumab noch nicht in einer randomisierten Phase-III-Studie erprobt wurde, werden diesem Medikament in der KEYNOTE-059-Studie radiologische Ansprechraten und Überleben zugesprochen, die fast identisch mit denen sind, die in der ATTRACTION-02-Studie beobachtet wurden. Der entscheidende Unterschied zwischen den Studien besteht darin, dass PD-L1 der bessere prädiktive Biomarker für den Nutzen der Patienten zu sein schien, die mit Pembrolizumab in KEYNOTE-059 behandelt wurden, als für Nivolumab in ATTRACTION-02. Dennoch existieren erhebliche Mängel in der Standardisierung der PD-L1-Bestimmungen und in der Methodik der Beurteilung.
Die Kombination von Anti-PD-1- und Anti-CTLA4-Therapien sind im Vergleich zu einer Anti-PD-1-Monotherapie mit besseren Ansprechraten verbunden, wenn auch mit erhöhter Toxizität. Immunotherapien in Kombinationen mit Anti-HER2-Antikörpern, Chemotherapie oder Anti-VEGFR-2-Antiköpern oder Doppelimmuntherapie-Kombinationen, z. B. mit Anti-LAG3-Antikörpern, sind hier von erheblicher Bedeutung und werden zurzeit in unterschiedlichen Settings getestet.