VANTAGE-014-Studie: Histondeacetylaseinhibitor Vorinostat beim malignen Pleuramesotheliom

Der Histondeacetylaseinhibitor Vorinostat hat sich in der bisher größten randomisierten Studie bei Pleuramesotheliom als Zweitlinien-Strategie nicht bewährt.

Seltener, aber gefährlicher Tumor: Nach der Diagnosestellung eines fortgeschrittenen Pleuramesothelioms beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung ein Jahr. Aufgrund der jahrzehntelangen Latenz ab einer kritischen Asbestexposition wird ein Häufigkeitsgipfel in Europa für die Jahre 2015–2020 prognostiziert. Derzeit gilt Platin plus Pemetrexed als Erstlinientherapie-Standard, für die Zweitlinie existiert kein etabliertes Regime.
Vor diesem Hintergrund wurde der Histondeacetylaseinhibitor Vorinostat in der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie VANTAGE 014 bei fortgeschrittenem Pleuramesotheliom nach Versagen von Pemetrexed plus Cisplatin oder Carboplatin getestet. „Vorinostat hat einen komplexen Wirkmechanismus“, erklärte Dr. Lee Krug, Memorial- Sloan Kettering Cancer Center, New York: „Via Regulation der Expression spezifischer Gene kommt es zu Effekten auf Proliferation, Angiogenese, Apoptose, Zellmotilität und Differenzierung.“ 661 Patienten an 125 Zentren in 23 Ländern erhielten im Rahmen von VANTAGE 014 randomisiert entweder Vorinostat 300 mg oder Placebo zweimal täglich an drei von sieben Tagen eines dreiwöchigen Zyklus. Es handelte sich um die größte bisher bei Mesotheliom durchgeführte randomisierte Studie.

Ergebnisse des Histondeacetylaseinhibitors: Für den primären Endpunkt, das Gesamtüberleben, fand sich mit 31 vs. 27 Wochen kein Vorteil der experimentellen Therapie (p = 0,858). Krug: „Auch mit geplanten Subanalysen konnte keine Subgruppe identifiziert werden, die von Vorinostat profitiert hätte.“ Ein ungeklärtes Phänomen ist das Umschlagen des geringen Vorteils von Vorinostat zum Zeitpunkt der dritten Interimsanalyse (32 vs. 25 Wochen; HR: 0,86) auf eine gerade nicht signifikante Risikosteigerung danach (29 vs. 30 Wochen; p = 0,063). Für das progressionsfreie Überleben resultierte laut unabhängigem radiologischem Review im Vorinostat-Arm ein signifikanter, aber klinisch nicht relevanter Benefit (6,3 vs. 6,1 Wochen; p < 0,001; HR: 0,75).
Keine Vorteile wurden auch in Bezug auf die sekundären Endpunkte (Ansprechen, FVC-Veränderung ab Baseline, LCSS-Meso- Dyspnoe-Score) gesehen. Die Nebenwirkungen waren in Art und Häufigkeit zwischen den beiden Armen vergleichbar.

VANTAGE 014: Vorinostat in Patients With Advanced Malignant Pleural Mesothelioma Previously Treated With Pemetrexed and Either Cisplatin or Carboplatin Therapy: a Phase III, Randomized, Double-blind, Placebo-controlled Trial, L. Krug

KOMMENTAR

Das maligne Pleuramesotheliom (MPM) ist eine seltene und aggressive Tumorentität des Pleuramesothels mit eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten. Seit den Publikationen von Vogelzang et al. (2003) und Van Meerbeck et al. (2005) gilt eine platinhältige Kombinationschemotherapie mit entweder Pemetrexed oder mit Raltitrexed als Standard in fortgeschrittenen Stadien. Durch den erfolgreichen Einsatz neuer Subtanzen bei anderen Tumorentitäten wurden diese in der Folge auch bei MPM untersucht. So zeigen MPM die höchsten VEGF-Spiegel aller solider Tumoren, und die VEGF-Spiegel korrelieren invers mit dem Überleben. Folglich wurde eine Reihe von VEGF-Rezeptor-Inhibitoren auch beim MPM getestet. In der Arbeit von Karrison (JCO 2007) wurde z. B. Cisplatin/ Gemcitabin in der Kombination mit Bevacizumab evaluiert. In allen Endpunkten (OS, PFS) konnte kein Vorteil der Dreifachkombination gegenüber der Standardtherapie gezeigt werden. In der Zweitlinienbehandlung wurde in einer Phase-II-Studie die Relevanz von Sunitinib evaluiert (Nowak, JCO 2010), bei einzelnen Patienten wurde dabei eine sehr gute Remission erzielt. Eine ganze Reihe klinischer Studien evaluieren derzeit die unterschiedlichsten Subs tanzen beim MPM. Zu diesen zählen: Imatinib, Vorinostat, SS1P-rekombinantes Immunotoxin, IFNalpha, IL2-Vakzine, verschiedene Antikörper u. v. m.
In der Tumorgenese spielt die Kondensation und „De-Kondensation“ des Chromatins eine zentrale Rolle. Die Familie der Histon-Acetyltransferasen und De – acetylasen regulieren diese Balance. Durch den therapeutische Einsatz von Histon-Deacetylasen wird die Apoptose initiiert, der Zellzyklus arretiert und die Angiogenese inhibiert. In präklinischen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass diese Substanzen bei MPM-Zelllinien und auch in Mausmodellen sehr wirksam sind (Paik PK, JTO 2010). Folglich wurde die klinische Entwicklung von Vorinostat beim MPM mit viel Optimismus begonnen. Das negative Ergebnis der VANTAGE-Studie ist daher enttäuschend. Warum ein biologisch sinnvoller Effekt in der klinischen Realität nicht umgesetzt werden konnte, hat vermutlich viele Gründe. Ein wesentlicher Grund dürfte in der heterogenen Biologie des MPM liegen, so wurden bereits multiple chromosomale Veränderungen in individuell unterschiedlicher Ausprägung beschrieben, weiters werden auch unterschiedliche histologische Subtypen beschrieben. In der sicher folgenden detaillierteren Auswertung dieser wichtigen Studie werden wohl noch interessante Aspekte in speziellen Subgruppen bekannt werden. Diese Studie zeigt erneut die Grenzen einer präklinischen Medikamententestung auf.