Neue onkologische Therapien, die Wachstumsfaktoren, deren Rezeptoren, Rezeptor-Tyrosinkinasen oder Enzyme innerhalb der Signaltransduktionskaskade inhibieren, stellen einen enormen Fortschritt in der Behandlung vieler Tumoren dar. Der Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) nimmt hierbei eine Schlüsselrolle zur Induktion der Neoangiogenese ein, weswegen die VEGF-Signalkaskade ein attraktives therapeutisches Ziel darstellt. Das Glykoprotein VEGF ist für die Angiogenese von essenzieller Bedeutung, da es die Apoptose von Gefäßzellen verhindert. Die Bindung des Wachstumsfaktors an verschiedene membranständige Rezeptoren löst die Phosphorylierung des intrazellulären Rezeptoranteils aus, in deren Folge es zur Aktivierung der Tyrosinkinase kommt. Tyrosinkinasen phosphorylieren (aktivieren) weitere Kinasen innerhalb der Zelle, wodurch die Transkription von Genen mit neoangiogenetischer Wirkung ausgelöst wird. Anti-VEGF-Therapien inhibieren den VEGF-Pathway an unterschiedlichsten Stellen:
Der monoklonale Antikörper Bevacizumab zum Beispiel bindet direkt an VEGF, sodass dieser erst gar nicht zum Rezeptor gelangt. Sunitinib, Axitinib, Sorafenib und Pazopanib inhibieren diesen Pathway auf intrazellulärem Tyrosinkinase-Niveau. mTOR-Inhibitoren blockieren das Schlüsselenzym mTOR, welches innerhalb der PI3K-Akt-mTOR-Kaskade eine entscheidende Rolle spielt. VEGF-Tyrosinkinasen wie Sunitinib, Sorafenib oder Pazopanib hemmen darüber hinaus nicht nur den VEGF-Signalweg, sondern auch Tyrosinkinasen des Platelet-derived Growth Factor Receptor (PDGFR), c-Kit und viele andere Kinasen. Vermutlich ist es die Zahl und die Art der Targets, die das unterschiedliche Nebenwirkungsprofil von Anti- VEGF-Therapien ausmachen. All diese Targets haben physiologisch wichtige Funktionen, daher ist es auch nicht verwunderlich, dass ihre Inhibition neben den erwünschten antiangiogenetischen und antiproliferativen Wirkungen auf den Tumor auch unerwünschte Begleiterscheinungen nach sich ziehen. Nicht-VEGF-Targets, so genannte Off-Targets, sind vermutlich für die Wirkung wenig bedeutend, dennoch löst ihre Inhibition eine Reihe von Nebenwirkungen aus.