Bei Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom, die nach einer First-Line- Therapie mit FOLFOX ± Bevacizumab progredient werden, stellt Aflibercept eine vielversprechende neue Option dar.
Bei Aflibercept handelt es sich um ein Fusionsprotein aus zentralen Domänen des humanen VEGF-Rezeptors 1 und 2 mit humanem IgG-Fc. „Es blockiert alle humanen VEGF-A-Isoformen, VEGF-B und den plazentalen Wachstumsfaktor“, erläuterte Prof. Dr. Josep Tabernero, Vall d’Hebron-Universitätsspital, Barcelona (Abb.). Aflibercept bewährte sich in der Phase-III-Studie VELOUR, in der jeweils 600 Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom nach Oxaliplatin-basierter Chemotherapie entweder nur FOLFIRI oder FOLFIRI+Aflibercept 4 mg/kg i. v. am Tag 1 alle zwei Wochen erhielten. Für den primären Endpunkt der Studie, das Gesamtüberleben (OS), wurde ein statistischer Vorteil der Aflibercept-Kombination mit einer Risikoreduktion um 18 % verzeichnet (13,5 vs. 12,06 Monate; p = 0,0032) (Abb.). Auch in Bezug auf die sekundären Endpunkte verlief die Studie positiv: Das progressionsfreie Überleben (PFS) im experimentellen Arm überstieg mit 6,9 vs. 4,67 Monaten jenes in der Kontrollgruppe hochsignifikant (p = 0,00007), die Gesamtansprechrate konnte fast verdoppelt werden (19,8 % vs. 11,1 %; p = 0,0001). „Diese Überlebensbenefits sind sowohl statistisch signifikant als auch klinisch bedeutsam“, resümierte Tabernero.
Vordefinierte Subgruppenanalysen sollten die Konsistenz des Effekts unter verschiedenen Vorbedingungen bestätigen. „Hinsichtlich der beiden Stratifikationsfaktoren ECOG-Performance-Status und Bevacizumab-Verwendung vor Studienbeginn resultierten sowohl für das Gesamtüberleben als auch für das progressionsfreie Überleben keine signifikanten Interaktionen“, berichtete Tabernero. „Dies galt auch für die demografischen Charakteristika Alter, Geschlecht und Region sowie für die Baseline-Charakteris – tika Hypertonie, Anzahl der Organe mit metastatischem Befall und Lokalisation des Primärtumors.“ Nur Patienten mit hepatisch beschränkter Metastasierung profitierten auffallend besser von der Therapie als jene mit weiteren Metastasenlokalisationen, wobei für das Gesamtüberleben ein Trend bestand (p = 0,090) und für das progressionsfreie Überleben sogar ein signifikanter Unterschied (p = 0,008). Als häufigste Nebenwirkungen manifes – tierten sich Proteinurie, Hypertonie, Blutungen, Dysphonie und Kopfschmerzen. Die Aufschlüsselung der Nebenwirkungsinzidenzen je nach stattgehabter Bevacizumab- Behandlung erbrachte im Wesentlichen keine Unterschiede. „Eine Vortherapie mit Bevacizumab scheint das Sicherheitsprofil von Aflibercept nicht signifikant zu beeinflussen“, schloss Tabernero.
Results From VELOUR, a Phase III Study of Aflibercept Versus Placebo in Combination with FOLFIRI for the Treatment of Patients with Previously Treated Metastatic Colorectal Cancer, J. Tabernero
Bei der VELOUR-Studie handelte es sich um eine multinationale, randomisierte, doppelblinde Studie zum Vergleich von FOLFIRI in Kombination mit Aflibercept oder Placebo in der Behandlung von Patienten mit mCRC, bei denen ein Therapieregime auf Oxaliplatinbasis versagt hatte. An der Studie nahmen 1226 Patienten teil, die zuvor mit einem Therapieregime auf Oxaliplatinbasis behandelt worden waren. Primärer Endpunkt der Studie war eine Verlängerung des Gesamtüberlebens. Die sekundären Endpunkte umfassten progressionsfreies Überleben, Therapieansprechen und Sicherheit.
Aflibercept in Kombination mit Chemotherapie verbesserte alle 3 untersuchten Endpunkte (Gesamtüberleben, progressionsfreies Überleben und Ansprechrate) statistisch signifikant. Das mediane Gesamtüberleben betrug 13,5 Monate. Eine Untersuchung an vordefinierten Subpopulationen belegte den konsistenten Benefit von Aflibercept quer über alle Subgruppen. Interessanterweise war der Vorteil auch unabhängig von einer vorangegangenen Therapie mit Bevacizumab gegeben.
Die Nebenwirkungsrate war im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie mit Folfiri erhöht; dies betraf v. a. Diarrhö Grad 3 oder 4 (19,3% vs. 7,8%), komplizierte Neutropenie Grad 3 oder 4 (5,7% vs. 2,8%), Stomatitis Grad 3 oder 4 (13,7% vs. 5,0%), Infektionen Grad 3 oder 4 (12,3% vs. 6,9%). Dies führte zwar zu häufigerer Dosisreduktion der Chemotherapie im experimentellen Arm, jedoch nicht zu einer Verkürzung der Therapiedauer (mediane Therapiezyklen 8 bzw. 9 mit Aflibercept).
Gemessen an der E3200-Studie (FOLFOX4 ± Bevacizumab) zeigen sich annährend idente Ergebnisse bei allerdings geringerer Toxizität unter FOLFOX4+ Bevacizumab (cross-study-comparison). Aflibercept stellt somit für die Zweitlinienbehandlung unter Progredienz nach Oxaliplatin-Vorbehandlung eine hoch wirksame Option dar. Für die Patienten, die Bevacizumab in der Erstlinie erhalten haben, suggeriert die VELOUR-Studie ebenfalls einen Vorteil, dies müsste jedoch in einer eigenen Phase-III-Studie speziell für diese Population formell geprüft werden.