AFFIRM-Studie mit Aflibercept: In einer randomisierten Phase-II-Studie (AFFIRM Trial) wurde erstmals das therapeutische Potenzial des Antiangiogenese-Inhibitors Aflibercept in Kombination mit FOLFOX6 in der Erstlinienbehandlung des mCRC geprüft (Pericay C et al., Abstr. O-0024). Entgegen den hervorragenden Daten in der Zweitlinie (FOLFIRI ± Aflibercept nach Fluoropyrimidin-, Oxaliplatin- ± Bevacizumab-Versagen = VELOUR Trial mit konsekutiver Zulassung der Substanz in dieser Indikation), zeichnete sich in dieser Studie (n = 236) in Relation zu einer ausschließlichen Chemotherapie mit FOLOFOX6 kein wesentlicher Vorteil ab. Die objektive Remissionsrate betrug 49 % vs. 46 %, das mediane PFS 8,5 vs. 8,8 Monate und das progressionsfreie Überleben nach 12 Monaten, der primäre Studienendpunkt, lag bei 26 % vs. 21 %. Die medianen Überlebensdaten liegen bis dato noch nicht vor. SAE, v. a. arterielle Hypertonien, Proteinurien, Neutropenien, Diarrhöen und Infektionen traten im experimentellen Therapiearm letztlich erwartungsgemäß häufiger auf. Aufgrund des Studiendesigns (Phase II) und den noch nicht vorliegenden Daten zum Überleben und noch ausständigen Analysen diverser Biomarker müssen diese Studienergebnisse als präliminär erachtet werden.
FOLFOX + Cetuximab vs. UFOX + Cetuximab: In einer weiteren randomisierten Phase-II-Studie wurde bei 302 Patienten mit mCRC FOLFOX4 mit UFOX (UFT/Leucovorin + Oxaliplatin) plus jeweils Cetuximab verglichen (Douillard JY et al., Abstr. O-0017). Sowohl in der „Intent to treat“-Population (ITT-Population) als auch in der Subgruppe der KRAS-Wildtyp-Patienten zeichnete sich zumindest hinsichtlich Remissionsrate und PFS ein deutlich besseres Abschneiden im FOLFOX4-Arm ab. Im Gesamtüberleben (ITT: 18 vs. 17 Monate; KRAS-Wildtyp: 21 vs. 20 Monate) war kein Unterschied detektierbar. Signifikante Neutropenien fanden sich im FOLFOX4 Arm häufiger (29 % vs. 0 %), gravierende Diarrhöen im UFOX-Arm (9 % vs. 19 %). Ein überzeugendes Cetuximab + „chemotherapeutisches Alternativ-Rückgrat“ konnte somit – ähnlich der Datenlage mit Capecitabin und Bolus 5-FU/Leucovorin – im Rahmen dieser Studie nicht etabliert werden.
Metaanalysen: Weitere Präsentationen zum therapeutischen Stellenwert von Biologika im Erstliniensetting beschränkten sich auf Metaanalysen bekannter Studien und ergaben keine wesentlichen neuen Erkenntnisse:
Eine prospektiv-randomisierte Phase-III-Studie der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Internistische Onkologie (AIO) zeigte, dass eine Weiterführung der Bevacizumab-Therapiekomponente (Bev) bei Progression der Erkrankung nach beliebiger Erstlinienchemotherapie das Überleben von Patienten mit mCRC signifikant zu verlängern vermag. Konkret wurden in der ML18147-Studie (TML-Studie) 820 Patienten nach Therapieversagen einer Erstlinienbehandlung mit einem Fluoropyrimidin + Irinotecan + Bev bzw. einem Fluoropyrimidin + Oxaliplatin + Bev nach Progression mit einer entsprechend modifizierten Second-Line-Chemotherapie ± weiterhin Bev behandelt. Das Gesamtüberleben, der primäre Studienendpunkt, betrug bei Weiterführung von Bev 11,2 Monate (vs. 9,8 Monate im Kontrollarm, HR = 0,81; p = 0,0062). Auch das progressionsfreie Überleben (PFS) war im experimentellen Therapiearm signifikant länger (5,7 vs. 4,1 Monate; HR = 0,68; p < 0,0001). Subgruppenanalysen (André T et al., Abstr. O-0020; Van Cutsem E et al., Abstr. O-021) zeigten, dass insbesondere die KRAS-Wildtyp-Population (51 % der 616 bezüglich Mutationsstaus untersuchten Patienten) von dieser Therapiestrategie zu profitieren schien: Der Benefit im PFS betrug 6,4 vs. 4,5 Monate (HR = 0,61; p < 0,0001), der OS-Benefit 15,4 vs. 11,1 Monate (HR = 0,69; p = 0,0052). Basierend auf diesen neuen Studienerkenntnissen wurden diverse Zweitlinientherapie-Optionsalgorithmen modifiziert.
Oraler Multikinasehemmer Regorafenib: Nach Versagen von Fluoropyrimidinen, Oxaliplatin, Irinotecan und Biologika gab es beim mCRC bis dato eigentlich keine wirksame Therapieoption. Das Szenario hat sich aufgrund der beim WCGIC-Kongress erneut, aktualisiert, in Form einer Subgruppenanalyse vorgestellten Ergebnisse der CORRECT-Studie geändert (Sobrero AF et al., Abstr. O-0023): In dieser placebokontrollierten prospektiv-randomisierten Phase-III-Studie (n = 760) konnte – unabhängig vom Lebensalter, der Anzahl der vorangegangenen Therapielinien und dem KRAS-Mutationsstatus – gezeigt werden, dass mit dem oralen Multikinaseinhibitor Regorafenib bei chemotherapierefraktären Patienten in 44 % (vs. 15 % im Placebo-Kontrollarm) eine Progression abgewendet und das Gesamtüberleben (6,4 vs. 5,0 Monate; p = 0,0052) signifikant verbessert werden kann.
Oraler Signaltransduktionsinhibitor Perifosin: Die ermutigenden Daten einer präliminären Phase-II-Studie mit dem oralen Signaltransduktionsinhibitor Perifosin in Kombination mit Capecitabin konnten hingegen in einer placebokontrollierten Phase-III-Studie bedauerlicherweise nicht reproduziert werden (Bendell J et al., Abstr. O-0022): In der X PECT-Studie wurden 468 Patienten mit mCRC, die vorweg alle verfügbaren Chemotherapeutika und Biologika erhalten hatten, entweder mit Cape + Perifosin oder Cape + Placebo behandelt. Hinsichtlich Remissionsrate (2,6 % vs. 3 %), PFS (2,35 vs. 2,85 Monate) und Gesamtüberleben als dem primären Studienendpunkt (6,4 vs. 6,8 Monate; HR = 1,11; p = 0,315) konnte für die Prüfsubstanz keinerlei Benefit ausgewiesen werden.
Von der seinerzeitigen EORTC-40983-Studie, die bei mCRC-Patienten mit potenziell resektablen Lebermetastasen in Relation zur ausschließlichen Chirurgie einen klaren Vorteil im progressionsfreien Überleben zugunsten einer perioperativen FOLFOX-Therapie erkennen ließ, wurden nun die Langzeitergebnisse nach 8,5-jährigem Follow-up vorgestellt (Nordlinger B et al, Abstr. O-0030). Das mediane Überleben bzw. die 5-Jahres-Überlebensrate (61 vs. 54 Monate; 51,2 % vs. 47,8 %) waren im perioperativen Chemotherapiearm nur tendenziell, nicht aber wie das PFS signifikant besser. Allerdings verstarben im perioperativen Therapiearm, offenbar zufällig, mehr Patienten aus nicht karzinomassoziierten Gründen und im chirurgischen Kontrollarm wurden im Falle einer Progression Zweitlinienchemotherapien häufiger als im perioperativen Chemotherapie-Arm (77 % vs. 59 %) effektuiert.
Heuer wurde die erste Auswertung der PETACC-8-Intergroup-Studie präsentiert (Taieb J et al., Abstr. O-0028): 1.602 Patienten mit Stadium-III-Kolonkarzinom, KRAS-Wildtyp, wurden postoperativ entweder mit FOLFOX4 oder FOLFOX4 + Cetuximab über 6 Monate nachbehandelt. Nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 39,6 Monaten ließ sich im experimentellen Therapiearm kein Vorteil erkennen: Das rezidivfreie 3-Jahres-Überleben betrug 78 % im Kontroll- und 75 % im Cmab-Kombinationsarm (HR = 1,05; p = 0,66). Die additive Gabe von Cmab war zudem mit signifikant mehr gravierenden, z. B. ≥ Grad-3-Toxizitäten (66 % vs. 81 %), Diarrhöen, Emesis, Stomatitis und kutanen Toxizitäten assoziiert. Diese enttäuschenden Daten stehen im Einklang mit den bereits beim ASCO 2010 erstmals präsentierten Ergebnissen der letztlich ident angelegten amerikanischen NO147-Studie, die sowohl in der KRAS-mutierten als auch in der Wildtyppopulation eher nachteilig schien. Als mögliche Ursache wird ein differenter Wirkmechanismus von Cetuximab im adjuvanten und palliativen Setting diskutiert.