In den letzten Jahrzehnten hat sich das Fach Pathologie zum Fach für klinische Pathologie und Molekularpathologie im Sinne eines modernen interdisziplinären diagnostischen Faches weiterentwickelt. Diesem Fortschritt wurde auch in der neuen Fachbezeichnung im Ärztegesetz von 2015 Rechnung getragen.
Trotz der inhaltlich bedeutsamen, enorm positiven fachlichen Entwicklung im Fach Pathologie zeichnet sich leider eine negative personelle Entwicklung zum ärztlichen Mangelfach ab. Die Gründe dafür erscheinen multifaktoriell: Zum einen sehen wir, dass der Durchschnitt der österreichischen PathologInnen wie auch zahlreicher ÄrztInnen anderer Fachrichtungen eine gewisse Überalterung aufweist. Aufgrund dieser Altersstruktur werden in den nächsten Jahren zahlreiche leitende ÄrztInnen und OberärztInnen in Pension gehen. Zum anderen beobachten wir, dass sich in Österreich in den letzten Jahren ein allgemeiner ÄrztInnenmangel zu entwickeln begonnen hat. So sind zahlreiche kassenärztliche Planstellen für praktische Ärztinnen und Ärzte bereits jetzt unbesetzt, bestimmte Fachrichtungen, wie z. B. die Psychiatrie, haben sich zu echten Mangelfächern entwickelt. So sucht man österreichweit bereits dringend nach Psychiatern – nicht, um das Fach weiterzuentwickeln, sondern um die Versorgung einigermaßen aufrechterhalten zu können. In einigen Institutionen ist aufgrund des FachärztInnenmangels die Ausbildung im Fach Psychiatrie bereits substanziell eingeschränkt.
Die Österreichische Gesellschaft für Pathologie/Österreichische Abteilung der internationalen Akademie für Pathologie (ÖGPath/IAP Austria) hat diese Entwicklungen erkannt und begonnen, hier aktiv mit einem Maßnahmenprogramm gegenzusteuern. Wesentliche Eckpfeiler dieses Maßnahmenpakets sind Aktivitäten wie das Productive-Aging-Programm und die Etablierung der Pathology Future Academy.
Productive-Aging-Programm: Die Idee, die hinter dem Productive-Aging-Programm steht, sieht vor, dass PathologInnen nach ihrem aktiven Berufsleben auf freiwilliger Basis ein Weiterarbeiten ermöglicht werden soll. Mit Sonderverträgen auf Zeit sollen PathologInnen, die ein entsprechendes Alter erreicht haben und nicht mehr im aktiven Berufsleben stehen, ihre Erfahrung und Expertise zur Verfügung stellen. An gelebten Beispielen sehen wir, dass damit einerseits die Personalkapazität für die Aufrechterhaltung der diagnostischen Versorgung der PatientInnen in Österreich gesichert wird, andererseits können erfahrene PathologInnen für die fachliche Ausbildung der jungen PathologInnen gewonnen werden. Dies könnte in Form von flexiblen, beispielsweise auf zwei bis fünf Jahre befristeten Verträgen mit reduzierter Wochenarbeitszeit von z. B. 20–30 Stunden erreicht werden. Diese Maßnahme des „Productive Agings“ ist nicht nur als Maßnahme für sich, sondern vor allem auch als Ergänzung für die Pathology Future Academy und deren Entwicklung zu sehen.
Pathology Future Academy: Die Pathology Future Academy der ÖGPath/IAP Austria hat das Ziel, die derzeit in Ausbildung stehenden jungen PathologInnen besonders zu fördern. Dies geschieht durch eine Veranstaltungsreihe der ÖGPath/IAP Austria, die für die in Ausbildung stehenden jungen PathologInnen vorgesehen ist. Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe der Pathology Future Academy werden jährlich Intensivseminare abgehalten, die für die Auszubildenden mit speziellen Inhalten angeboten werden. Die fachlichen sowie finanziellen Fördermaßnahmen inkludieren auch sogenannte Ausbildungsschecks für den Besuch der jährlich abgehaltenen Frühjahrs- und Herbsttagung der Österreichischen Gesellschaft für Pathologie, für spezielle Intensivseminare in Seggau sowie für unterschiedliche diagnostische Spezialseminare, wie z. B. in Hämatopathologie, Mamma- und Gynäkopathologie, gastrointestinaler Pathologie, Pulmopathologie, Pathologie von Hautläsionen sowie mikrobiologischer und molekularpathologischer Diagnostik.
Alle diese Maßnahmen werden von den Mitgliedern der Österreichischen Gesellschaft für Pathologie /IAP Austria gemeinsam getragen und finanziell unterstützt und zeigen in der Entwicklung der jungen PathologInnen bereits erste Erfolge.
Nichtsdestotrotz trifft aber gerade das Fach „Klinische Pathologie und Molekularpathologie“ die Entwicklung eines allgemeinen Ärztemangels in Österreich. Was derzeit noch als kompensierbare Mangelsituation erscheint, wird sich in den nächsten Jahren nicht nur im Fach Pathologie weiter zuspitzen, sondern zu einem allgemeinen Versorgungsengpass führen, so man nicht umgehend, umfassend und österreichweit gegenzusteuern beginnt. Die Zahl der ausgebildeten und in Ausbildung stehenden JungärztInnen in Österreich an den drei staatlichen medizinischen Universitäten ist derzeit für eine weitere medizinische Versorgung auf hohem Niveau nicht ausreichend, zumal eine nicht unbeträchtliche Zahl der AbsolventInnen aus Deutschland stammt und nach dem Studium dorthin zurückkehren wird. Auch die eine oder andere erfolgreich agierende medizinische Privatuniversität wird diesen Mangel quantitativ nicht ausgleichen können. Noch sehen wir die Möglichkeit, dieser Entwicklung eines allgemeinen Ärztemangels entgegenzusteuern – es ist aber höchste Zeit, damit zu beginnen.