Die Pathologie ist ein zentrales diagnostisches Fach und die entscheidende Grundlage für die Diagnose vieler Erkrankungen. Dabei bedient sie sich einer breiten Palette von Techniken und Methoden, beginnend bei der klassischen Schnittdiagnostik mit histochemischen Färbungen über die Immunhistochemie bis hin zu molekularen Untersuchungsmethoden, mit der gleichzeitig Dutzende von Genen untersucht werden können (Next-Generation Sequencing, NGS). Auch die Untersuchungsmaterialien reichen von der klassischen Autopsie zu immer kleineren bioptischen Präparaten, zytologischem Untersuchungsmaterial bis hin zu Untersuchungen am Blut.
Das „3rd Joint Annual Meeting“ der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Pathologie vom 10. bis 12. November 2016 in Wien illustrierte dieses breite Spektrum der modernen Pathologie auf eindrückliche Weise. Die Diagnostik von Tumoren stellt heute die wichtigste Domäne der Pathologie dar. Dabei beschränkt sie sich nicht mehr alleine auf die primäre Diagnose, sondern begleitet die Diagnostik mit prognostischen und prädiktiven Informationen in den verschiedenen Phasen der Behandlungskette. In der vorliegenden Ausgabe des SPECTRUMS wird dies beispielhaft beim Mammakarzinom dargestellt: Die Primärdiagnose erfolgt heute an Stanzbiopsien; hier ist nicht zuletzt die Standardisierung der Befundung für das Management der Patientin von entscheidender Bedeutung. Als nächster Schritt folgt die Evaluierung der prädiktiven Marker, wie z. B. die HER2/neu-Überexpression, die in situ am Gewebe vorgenommen werden. Multigen-Tests am Gewebe schließlich erlauben für gezielte Situationen eine bessere prognostische Aussage über die klassischen Tumorstadien hinaus. Schließlich ergibt die standardisierte Beurteilung der Tumorregression nach neoadjuvanter Therapie weitere prognostische Informationen. Alle diese Untersuchungen legen den Grundstein zur individualisierten oder personalisierten Medizin, die v. a. durch molekulare Untersuchungen zunehmend verfeinert wird.
Trotz der wachsenden Möglichkeiten an Zusatzuntersuchungen behalten klassische Methoden wie z. B. die Schilddrüsen-Zytologie ihren diagnostischen Wert, auch hier wiederum optimiert durch die standardisierte Berichterstattung, die ein gezieltes klinisches Management der Patienten erlaubt. Andererseits können heute durch molekulare Untersuchungen auch seltenere Erkrankungen, wie z. B. die Weichteilsarkome, besser klassifiziert und individualisierter durch hochspezifische monoklonale Antikörper-Therapien oder Therapien mit kleinen Molekülen behandelt werden. Ganz neue Therapieansätze, namentlich die Immuntherapie, welche die tumorbedingte Blockade der Immunabwehr unterbricht, wie z. B. Anti-PD-1- oder Anti-PD-L1-Antikörper, stellen Pathologinnen und Pathologen vor ganz neue diagnostische Herausforderungen. Ebenfalls ein neues diagnostisches Feld ist die Untersuchung von zellfreier Tumor-DNA (ct-DNA), die „flüssige Biopsie“ („liquid biopsy“). Diese wenig invasive Methode ist möglicherweise eine der zukunftsträchtigsten Technologien, die auf die Pathologie zukommen.
Neben der Tumordiagnostik ist in der Pathologie auch die Untersuchung von entzündlichen Erkrankungen und Infektionen nach wie vor von großer Bedeutung. Erreger, z. B. aus dem Gastrointestinaltrakt, können mit den verschiedensten Methoden, angefangen von der konventionellen Histologie, Immunhistochemie wie auch durch molekulare Untersuchungen wie der PCR nachgewiesen werden. Fraglos wird auch hier in naher Zukunft die Multigen-Testung mit NGS der Diagnostik am Gewebe ganz neue Wege öffnen.
Die Pathologie zeigt eine rasante Entwicklung durch besseres Verständnis der Erkrankungen und verbesserte Technologien und wird in den nächsten Jahren die Diagnostik mit dem Ziel der individualisierten Medizin noch weiter vorantreiben.