Bipolar affektive Störungen und Alkoholkonsumstörungen

Abhängig vom verwendeten Diagnosesystem und untersuchten Stichproben weisen bipolare Störungen in der Allgemeinbevölkerung eine Häufigkeit von 1 % bis maximal 5 % auf. Im Vergleich dazu treten in Europa und Amerika Alkoholkonsumstörungen wie Alkoholabhängigkeit mit einer Lebenszeitprävalenz von ca. 5–10 % auf. Bei beiden Störungsbildern handelt es sich um häufig chronisch verlaufende Erkrankungen, die die Betroffenen in ihrer sozialen Funktionsfähigkeit und Lebensführung erheblich beeinträchtigen können. Beide Störungsbilder haben darüber hinaus eine signifikant erhöhte Rate an Suiziden und Suizidversuchen, die sich beim gleichzeitigen Auftreten beider Erkrankungen möglicherweise nochmals steigert.

Komorbidität AUD bei BAS: Bei Betroffenen mit einer Bipolar-I-Störung (mindestens eine Episode einer Depression und einer Manie) wird im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung mindestens 3-mal häufiger eine Alkoholkonsumstörung (Alkoholabhängigkeit oder schädlicher Gebrauch = AUD) diagnostiziert. Generell lagen die Häufigkeiten von AUD bei bipolaren Patienten verschiedener Stichproben in der großen Spannweite von 6 % und 69 %, wobei die meisten Studien allerdings Raten von etwa 30 % und mehr berichteten. Eine besonders häufig betroffene Stichprobe sind stationär behandelte Patienten mit einer bipolar affektiven Störung (BAS). Mehr als 42 % dieser Gruppe mit Bipolar-I- und -II-Störungen (Bipolar II: mindestens eine depressive und mindestens eine hypomanische Episode) hatten eine Lebenszeitdiagnose einer AUD. Alkohol ist die am häufigsten verwendete Substanz (bei rund 33 % der BAS-Patienten), es folgt Marihuana bei 16 % der Betroffenen.
Epidemiologische Studien stützen die Befunde. In der Epidemiological Catchment Area Study (ECA) wies dieser Personenkreis zu 46 % eine AUD auf. Bipolare Männer waren dabei 2–3-mal so häufig betroffen wie Frauen mit diesem Störungsbild.
Ergänzt werden diese Angaben durch die Anfang des letzten Jahrzehnts in den USA durchgeführte NESARC-Studie, die über eine Häufigkeit von AUD (DSM-IV) bei Bipolar-I-Störungen von 23,6 % über die letzten 12 Monate und 58 % in der Lebenszeit berichtete. Störungen im Zusammenhang mit illegalen Substanzen traten bei 12,9 % im letzten Jahr und 37,5 % lebenslang betrachtet auf. Ähnlich hohe Raten einer Alkoholkonsumstörung bei 3750 Bipolar-I- oder -II-Patienten in psychiatrischer Behandlung berichtet auch die STEP-BD-Studie (Systematic Treatment Enhancement Program for Bipolar Disorder), die bei rund einem Drittel (32,2 %) der Studienteilnehmer nachgewiesen werden konnte.

Die andere Seite: Im umgekehrten Fall, also bei der Komorbidität von BAS bei AUD sind die Raten niedriger. Affektive Störungen bei AUD konnten bei 13,4 % der Alkoholabhängigen (Depression und bipolar affektive Störungen) erfragt werden. Auch für diese Art der Komorbidität liegen epidemiologische Befunde vor. Der National Comorbidity Survey (NCS) fand bei 6,5 % der alkoholabhängigen Männer und 10,6 % der Frauen mindestens eine manische Episode in der Vorgeschichte. Allerdings wird in dieser Studie nicht zwischen manischen Episoden unterschieden, die vor dem Beginn des regelmäßigen Substanzmittelkonsums auftraten und solchen, die erst nach dem Konsum einsetzten und möglicherweise auch durch diesen Konsum induziert wurden.

Konsequenzen der Komorbidität

Natürlich hat das gleichzeitige Bestehen zweier Erkrankungen signifikantere Auswirkungen als das Betroffensein von „nur“ einer der beiden Störungsbilder, welche jede für sich genommen die Lebensführung und -qualität der Betroffenen erheblich beeinflussen kann. Zahlreiche Untersuchungen weisen darauf hin, dass eine komorbide AUD den klinischen Verlauf von BAS ungünstig beeinflussen kann. So kommt es bei Personen mit BAS und AUD zu einem früheren Beginn der BAS, häufiger zu Rehospitalisierungen wegen Rückfällen und zu einer höheren Rate von Komplikationen der BAS. Rapid Cycling (mehr als 4 affektive Episoden innerhalb eines Jahres) und gemischte Zustände (depressive und manische Symptome zeitgleich), die beide als schwerere und schwieriger zu behandelnde Formen der BAS gelten, treten bei komorbiden AUD vermehrt auf. Außerdem waren die Betroffenen häufiger männlich, hatten noch weitere psychische Erkrankungen, wiesen darüber hinaus eine geringere Behandlungs-Compliance und, insbesondere bei Personen mit einer AUD, eine signifikant höhere Rate an suizidalen Verhaltensweisen und -gedanken auf.
Dies gilt auch in der umgekehrten Konstellation. Passend zu diesen Ergebnissen werden von Personen mit gemischten Episoden oder Rapid Cycling gegenüber BAS-I- und -II-Patienten nochmals erhöhte Raten von AUD berichtet. Personen mit einer bipolaren Depression und einer Alkoholkonsumstörung zeigen wiederum ein höheres Risiko für hypomanische, manische und gemischte Episoden.
Für die Erforschung der Ursachen und Konsequenzen der Komorbidität ist die zeitliche Abfolge des Beginns der jeweiligen psychischen Störungen von großer Bedeutung. Eine affektive Störung, die einer anderen psychischen Störung vorangeht, wird als primäre affektive Störung bezeichnet. Sekundäre psychische Störungen folgen zeitlich dem Beginn einer anderen (primären) psychischen Erkrankung.
Wurden retrospektiv 3 Gruppen von bipolaren Patienten (Gruppe 1: BAS ohne AUD, Gruppe 2: Beginn der BAS zeitlich vor AUD und Gruppe 3: BAS zeitlich nach AUD) verglichen, zeigte sich, dass Betroffene der zweiten Gruppe einen signifikant früheren Erkrankungsbeginn der BAS aufwiesen als die anderen beiden Gruppen. Im Vergleich dazu berichteten Personen der dritten Gruppe häufiger über suizidales Verhalten als die der ersten Gruppe.
Andere Untersuchungen lassen vermuten, dass der Erkrankungsbeginn der BAS dem der AUD häufiger vorangeht als umgekehrt. Betroffene, bei denen die BAS einer AUD zeitlich folgt, haben aber möglicherweise milder ausgeprägte Störungsbilder, da bei diesen Patienten im Verlauf weniger Episoden mit affektiven Symptomen aufgetreten sein sollen.
Eine jüngst publizierte Studie untersuchte den Einfluss depressiver Symptome auf Craving und Trinkverhalten an 30 komorbiden Patienten. Diese Daten wurden als Teil einer 8-wöchigen, placebokontrollierten Studie (Acamprosat vs. Placebo erhoben). Die bipolaren Patienten waren dabei stabil auf verschiedene Phasenprophylaktika (Antipsychotika, Antiepileptika oder Lithium) eingestellt. Depressive Symptome korrelierten in dieser Untersuchung signifikant mit Craving und Trinkverhalten eine Woche später. Dabei ist auch die hohe Haltequote der Studie (23 von 30 Patienten beendeten die Untersuchung regulär) bemerkenswert. Die zusätzliche Medikation mit Acamprosat zeigte signifikante Besserungen der Häufigkeit und Menge des Konsums gegen Ende der Studie (Woche 7 und 8), ohne die affektiven Symptome signifikant zu beeinflussen.

Rolle der zeitlichen Abfolge der Störungsbilder

Die zeitliche Abfolge beider Störungen wurde in einer prospektiven Studie über 4,5 Jahre an 144 Personen mit einer Erstmanifestation einer manischen Episode untersucht. Dabei fanden sich bei den 27 Personen dieser Gruppe mit einer primären Alkoholabhängigkeit ein höheres Lebensalter, weniger gemischte Episoden und eine schnellere Besserung der affektiven Indexepisode als in den Vergleichsgruppen. Personen mit primärer bipolarer Erkrankung hingegen wiesen eine zeitlich längere Dauer der affektiven Symptome auf und litten auch über den Beobachtungszeitraum von nahezu 5 Jahren an mehr Zeichen der Alkoholabhängigkeit. Allerdings zeigte sich kein Unterschied hinsichtlich des erneuten Auftretens von affektiven Symptomen über die Gruppen.
Somit kann angenommen werden, dass die spezifische zeitliche Abfolge beider Störungen, besonders für AUD, bei Personen mit BAS mutmaßlich eine wichtige Rolle spielt. Mögliche Konsequenzen für die Konzeption und Planung zukünftiger Therapiestrategien bei diesen Patienten sind sicherlich nicht auszuschließen. Dabei ist hinsichtlich des Therapiefokus beachtenswert, dass die Therapie von Patienten mit primärer bipolarer Störung mehr hinsichtlich ihrer Affektivität und Personen mit einer primären Alkoholabhängigkeit mehr hinsichtlich ihres Trinkverhaltens gewichtet werden sollte.

Therapiestrategien zu Behandlung der Komorbidität

Obwohl Personen, die an beiden Störungen leiden, in ihren psychosozialen Funktionen häufig schwer beeinträchtigt sind, können Behandlungsansätze mit kombinierten psychotherapeutischen und pharmakologischen Verfahren zumindest die ausgeprägte Schwere und Chronizität beider Erkrankungen mildern. Beispielsweise ist es Personen mit BAS und sekundären AUD dann besser möglich, den Alkoholkonsum einzustellen, wenn ihre BAS medikamentös (und psychotherapeutisch) adäquat behandelt wird, der Patientenkontakt regelmäßig und die Compliance gut ist. Auf der anderen Seite können Betroffene mit primären AUD dann einen besseren Umgang mit ihren affektiven Symptomen erlernen und medikamentös optimaler eingestellt werden, wenn sie wegen ihres übermäßigen Alkoholkonsums gezielt behandelt wurden.
Allerdings stellen die Therapieadhärenz und Compliance bei dieser Personengruppe in der Tat eine Herausforderung dar, da Medikamente häufig nicht so wie verordnet eingenommen und Behandlungstermine oftmals nicht wahrgenommen werden. Entscheidend ist daher, wie auch bei allen anderen psychischen Störungen, ein guter und regelmäßiger ambulanter Kontakt von Patient und Therapeut und/oder eine rechtzeitige stationäre Behandlung bei Verschlechterungen des einen oder des anderen Beschwerdebildes.
Die American Psychiatric Association (APA) gibt in ihren Richtlinien den Hinweis, dass bei der Behandlung von gleichzeitig bestehender AUD und BAS möglichst ein gleichzeitiges (integriertes) und kein sequenzielles therapeutisches Vorgehen zu empfehlen ist, also nicht erst die eine und dann die andere Störung behandelt wird. Dies liegt insofern auf der Hand, da die Beschwerden beider Erkrankungen wechselwirken und die Symptome der einen Erkrankung weiterbestehen, wenn nur die jeweils andere behandelt wird. Dies führt dann mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer erhöhten Rückfälligkeit für die jeweils zuerst behandelte Erkrankung.
Besonders günstig sind Therapiekonzepte, die an „Doppeldiagnosen“ orientiert sind. Diese Behandlungsstrategien, für die weiter unten eine aktuelle Studie vorgestellt wird, sind inzwischen zunehmend verbreitet, zumal auch ausreichende Erfolgsraten berichtet werden. Allerdings sind spezifische Angebote für bipolare Störungen und Abhängigkeit, etwa im Vergleich zu Psychose und Sucht, im deutschsprachigen Raum eher selten.

Pharmakotherapeutische Optionen

Zu bipolaren Störungen mit komorbider AUD liegt eine zunehmende Zahl an Studien vor, die pharmakotherapeutische Ansätze alleine und in Kombination mit psychotherapeutischen Verfahren verwenden. Tabelle 1 gibt einen Überblick zu aktuellen Studien mit einer Reihe von Substanzen zur Behandlung von komorbider BAS und AUD. Freilich ist die Anzahl der doppelblinden und placebokontrollierten Studien bisher sehr übersichtlich, obwohl dieser Studienansatz sicherlich einen höheren Evidenzgrad besitzt als Beobachtungsuntersuchungen an klinischen Kohorten. Alkohol- und Substanzmittelkonsumstörungen sind zudem häufig ein Ausschlusskriterium bei Studien zum Wirksamkeitsnachweis von Medikamenten.

 

 

Valproat: In der Vergangenheit wurden für die Behandlung von BAS bekanntermaßen am häufigsten Lithiumpräparate und Valproat (Antiepileptikum) verwendet, weniger häufig Carbamazepin (Antiepileptikum). Lithium hat sich allerdings bei komorbiden Patienten als eher weniger wirksam erwiesen. Allerdings ist auch die Verwendung von Antiepileptika bei diesen Personen möglicherweise nur eingeschränkt möglich. Carbamazepin und Valproat können beispielsweise zu einer Induktion der Lebertransaminasen (ALAT, ASAT, γGT) führen, in seltenen Fällen auch zum Leberversagen. Patienten mit einer Alkoholabhängigkeit, gerade in schwerer Ausprägung, leiden häufig, verursacht durch den Alkoholkonsum, unter Leberfunktionsstörungen.
Kontrollierte Studien wurden erstmals vor wenigen Jahren publiziert. In einer initialen doppelblinden, placebokontrollierten Studie mit Valproat wurden 59 bipolare Personen mit einer komorbiden BAS und AUD über 24 Wochen untersucht. Dabei waren neben der Verbesserung der affektiven Symptome auch weniger Trinktage und geringerer Konsum in der Verumgruppe feststellbar, insbesondere in Abhängigkeit von der Höhe des Valproatspiegels. Somit kommt Valproat, trotz der oben genannten Einschränkungen, als eine der medikamentösen Strategien zur Behandlung von komorbiden Personen in Frage.

Aripiprazol, Quetiapin: Eine andere, komplementäre Strategie ist die Verwendung von Antipsychotika bei komorbiden Patienten. Die Wirksamkeit von Aripiprazol wurde zunächst an einer relativ kleinen Gruppe von 18 komorbiden Personen mit bipolaren oder schizoaffektiven Störungen mit einer AUD oder SUD (Substanzkonsumstörung) über 12 Wochen geprüft. Während alle affektiven Symptome sich besserten, waren die Ergebnisse hinsichtlich des Alkoholkonsums eher übersichtlich. Alkohol-Craving und der Kauf von alkoholischen Getränken waren allerdings über die Zeit rückläufig.
In einer Studie der gleichen Arbeitsgruppe wurde Quetiapin in Dosierungen über 600 mg/d über 12 Wochen bei 115 komorbiden Patienten eingesetzt, von denen 102 mindestens einmal prospektiv untersucht werden konnten. Freilich besserten sich, neben den depressiven Symptomen, weder die manischen Symptome noch Zeichen der Alkoholabhängigkeit.
Eine Folgestudie kombinierte die beiden vorgenannten pharmakologischen Ansätze. Bipolare und alkoholabhängige Patienten wurden mit einer Kombination aus entweder Lithium oder Valproat und entweder Quetiapin, in flexibler Dosierung (300–800 mg/d) oder Placebo untersucht. 362 Patienten wurden für einen Zeitraum von 12 Wochen randomisiert (176 Quetiapin Add-on, 178 Placebo). Allerdings konnte trotzdem kein signifikanter Effekt auf die Eigenschaften der Alkoholabhängigkeit beobachtet werden.

Naltrexon, das in der Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit, insbesondere in den USA, einen nachgewiesenen Effekt hat, wurde in bisher 3 Studien untersucht. Initiale Untersuchungen bei komorbiden Patienten mit Naltrexon alleine oder in Kombination mit Disulfiram berichteten über eine günstige Wirkung auf eine Reihe von Konsumeigenschaften wie konsumierte Alkoholmenge sowie affektive Symptome, Craving und Konsumtage.
Von der letzteren Forschungsgruppe wurde Naltrexon dann hinsichtlich der Wirksamkeit bei komorbiden Personen untersucht. 50 komorbide BAS- und AUD-Personen wurden mit einer Dosis von 50 mg/d (als Add-on zur Phasenprophylaxe) oder Placebo über 12 Wochen untersucht. Wirkungen der Naltrexon-Zusatzmedikation auf Trinktage, Craving und Leberenzymspiegel stellten sich in der Studie aber nur als statistischer Trend dar.

Zusammengefasst bleiben somit die Ergebnisse pharmakologischer Strategien bei der Behandlung von komorbiden Personen zwiespältig. Die besten Ergebnisse werden bei der Medikation mit Valproat berichtet, die aber nicht mehr nachweisbar sein sollen, wenn diese Substanz mit Quetiapin kombiniert wird. Andere Substanzen, wie Aripiprazol oder Naltrexon wurden bisher nur in kleinen Stichproben überprüft oder die Wirksamkeit war an der Grenze der statistischen Nachweisbarkeit.

Psychotherapeutische Verfahren

Psychotherapeutische Verfahren erfordern einen hohen persönlichen und personellen Einsatz, sowohl in der Therapie von Abhängigkeitserkrankungen als auch bipolarer Störungen. Somit ist es als günstig zu werten, dass sich auch in Studien ermutigende Ergebnisse bei der Behandlung von Personen mit Abhängigkeit und affektiven Störungen zeigen.
In dem Therapiekonzept einer Forschungsgruppe um Farren und McElroy wurden 232 komorbide Patienten mit einer Alkoholabhängigkeit und einer affektiven Störung, darunter 102 Personen mit BAS über 4 Wochen stationär mit einem kognitiv-verhaltenstherapeutischen Programm behandelt. Dieses umfasste darüber hinaus auch eine Psychoedukation über beide Störungsbilder. Eine regelmäßige Nachbetreuung wurde über einen Zeitraum von 6 Monaten durchgeführt und wissenschaftlich evaluiert.
Beide Gruppen (depressive und bipolare Patienten) wiesen nach 3 und 6 Monaten eine signifikante Reduktion ihrer Trinkmenge auf, wobei kein Unterschied zwischen beiden Gruppen gefunden wurde. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich hinsichtlich des Konsums illegaler Substanzen, der in der Eingangsuntersuchung bei den bipolaren Patienten ­gegenüber den depressiv erkrankten Personen erhöht war. Offenbar erhöht dieser Therapieaufwand auch die Compliance der Patienten.
Über die Hälfte der an Depressionen Erkrankten wurden mit Antidepressiva und mehr als drei Viertel der bipolaren Studienteilnehmer mit Stimmungsstabilisatoren behandelt. Ohne dass die Studie Angaben über spezifische Substanzen macht, erhielten depressive Patienten zu 67 % bei Studienbeginn ein Antidepressivum vs. 38 % der bipolaren Patienten. Dies setzte sich im Verlauf bei Entlassung aus der Therapie (59 % der Depressiven vs. 41 % der Bipolaren) und nach 3 Monaten (51 % der Depressiven vs. 46 % der Bipolaren) fort. Umgekehrt wurden den Patienten mit bipolaren ­Störungen häufiger Phasenprophylak­-tika verordnet (Studienbeginn 82,2 vs. 50,8 % der Depressiven), was sich ebenfalls im Verlauf fortsetzte (Entlassung 80,4 vs. 48,4 %, nach 3 Monaten: 75,5 vs. 48,8 % und nach 6 Monaten: 78,4 vs. 44,2 %).
Bei einer Ausschöpfungsquote von über 93 % können diese Ergebnisse durchaus als sehr positiv bewertet werden, obschon eine Kontrollgruppe mit sequenziellem Therapieansatz in dieser Studie fehlt.
Somit ist ein solches Therapiekonzept, wenn auch nicht aus einer kontrollierten Studie stammend, als sehr vielversprechend zu beurteilen. Allerdings ist der Therapie- und Nachsorgeaufwand sicherlich hoch und wahrscheinlich nicht in jedem nationalen Gesundheitssystem zu etablieren.

 

Resümee
Bei Personen mit bipolaren Störungen sind Alkoholkonsumstörungen (Alkoholabhängigkeit oder schädlicher Gebrauch) häufig. Das Auftreten der einen Erkrankung hat einen ungünstigen Einfluss auf die jeweils andere Störung. Pharmakologische und psychotherapeutische Therapiekonzepte der letzten Jahre berücksichtigen zunehmend diese Komorbidität und können signifikante Besserung beider Störungsbilder in Studien nachweisen.
Literatur bei den Verfassern