Epidemiologisch gehört die symptomatische Urolithiasis mit einer Prävalenz von 14 % und Rezidivraten von 50 % innerhalb von 10 Jahren zu den großen urologischen Herausforderungen. In den letzten 30 Jahren konnte tendenziell eine deutliche Zunahme der ureterorenoskopischen Steinsanierungen um insgesamt 250 % registriert werden, die aktuell eine große Mehrheit der gesamten Interventionen ausmachen. Die Anzahl der perkutanen Steinsanierungen (PNL) zeigte sich bei ca. 5 % insgesamt stabil. Die extrakorporalen Stoßwellentherapien (ESWL) betragen aktuell ca. 12 % der Steinsanierungen, mit einer fallenden Tendenz.1 Angesichts der oben genannten epidemiologischen Zahlen stellte sich in letzten 10 Jahren selbstverständlich die Ureterorenoskopie (URS) in den Vordergrund des klinischen und wissenschaftlichen Interesses weltweit. Hierbei möchten wir Ihnen die wichtigsten Entwicklungen der letzten 10 Jahre in der endourologischen Steintherapie vorstellen.
Die Anwendung der flexiblen Ureterorenoskope hat die Steintherapie fundamental verändert. Die Fragilität der wiederverwendbaren Geräte und die damit einhergehenden Reparaturkosten sind bereits als signifikante logistische und ökonomische Probleme erkannt worden. Seit 2015 wurden deswegen auf dem Markt mehrere flexible Einweg-URS-Geräte eingeführt. Die klinischen Ergebnisse zeigten sich vergleichbar mit herkömmlichen wiederverwendbaren flexiblen Ureterorenoskopen.2 Somit stellt sich die Frage nach ökonomischer Effizienz der Einweg-URS. Laut aktuell vorliegenden Kostenanalysen scheint die Verwendung der klassischen wiederverwendbaren Geräte weiterhin kosteneffizienter als eine komplette Umstellung auf Einweg-URS-Geräte zu sein.3, 4 Angesichts der aktuell fallenden Preise der Einmal-URS-Geräte werden sich die künftigen Kostenanalysen vermutlich wesentlich zugunsten der Einweg-URS ändern. Nichtdestotrotz ist eine dezidierte Kostenanalyse in Bezug auf Reparatur-, Reinigungskosten und Erkennung der Risikofälle für jede Abteilung zu empfehlen. Unsere interne Analyse zeigte, dass die wiederverwendbaren Geräte besonders bei Patienten mit einem steilen infundibulopelvinen Winkel (Abb.) und mit einem intraoperativen Laserfaser-Einsatz über flexibles URS-Gerät besonders defektanfällig sind.5 Die Verwendung der flexiblen Einweg-URS scheint zumindest in dieser Patientengruppe gerechtfertigt zu sein.
Zahlreiche Studien haben sich in den letzten Jahren auf die Sicherheit der Patienten fokussiert. Ein intraoperativ erhöhter intrarenaler Druck sowie eine erhöhte Temperatur zeigten sich als relevante Ursachen der Komplikationen wie septische Einschwemmung, Ruptur des Nierenbeckenkelchsystems oder Gewebeschädigung. Laut der aktuellen Studienlage scheint die Anwendung einer Ureterschleuse durch Verbesserung des Ablaufs aus dem Nierenbecken sowie daraus resultierende Reduktion des intrarenalen Drucks, optimalerweise < 30 cm H2O, die beste Prävention der obigen Komplikationen zu sein. Laut Studien betrifft die Problematik vor allem flexible URS-Fälle, da bei PNL und Mini-PNL in der Regel durch einen Staubsauger-Effekt ein besserer Ablauf aus dem Nierenbecken gewährleistet wird.6
Es wurde in den letzten Jahren erfolgreich versucht, die Effizienz der Holmium-Laser-Lithotripsie zu verbessern. Viele Zentren haben sich mit einem Vergleich des Steindustings (niedrige Laserenergie, hohe Pulsfrequenz) zur Steinfragmentierung (hohe Laserenergie, niedrige Pulsfrequenz) beschäftigt. Prospektive Studien haben keine klare Antwort bzgl. der Überlegenheit einer der beiden Lithotripsie-Techniken gegeben.7 Steindusting liefert tendenziell kürzere Operationszeiten. Die Steinfreiheitsraten scheinen jedoch bei Fragmentierung und konsekutiver Steinextraktion etwas höher zu sein. Zusammenfassend: Operateure sollten sich mit beiden Techniken vertraut machen und sie abhängig von der Steinlast und Nierenanatomie anwenden. Steindusting wird tendenziell besonders bei Nephrolithiasis der unteren Kelchgruppe bevorzugt.
In den neuesten Holmium-Lasergeräten wurde als zusätzliche Einstellung zur Laserenergie und Pulsfrequenz eine Pulslänge (Short Pulse vs. Long Pulse) eingeführt. Die neue Entwicklung im Sinne einer hohen Pulslänge (> 600 μs) verringert die Steinretropulsion und ermöglicht dadurch eine effizientere Lithotripsie und schont den Laserfaser.8 Die Anwendung der hohen Pulslänge generiert einen feineren Steinstaub und scheint dadurch für das Steindusting besonders geeignet zu sein.
In den letzten 10 Jahren kam es zu einer weiteren Miniaturisierung der Geräte für den perkutanen Zugang, als Ergänzung der herkömmlichen Ausrüstung für PNL und Mini-PNL (> 16 Ch.). Die Techniken wie Ultra-Mini-PNL (< 15 Ch.) und Mikro-PNL (< 10 Ch.) konnten sich in mehreren Studien als effektive, komplikationsarme und mit flexibler URS bzgl. der Steinfreiheitsraten vergleichbare Therapien bewähren.9 Miniaturisierte PNL-Techniken sind insbesondere für Patienten nach bereits frustraner retrograder Therapie oder ESWL eine gute Alternative. Sie können auch erfolgreich bei einer Steinlast in der unteren Kelchgruppe angewendet werden, d. h. in Situationen, in denen die Effizienz der URS niedrig und das Defektrisiko des flexiblen URS-Gerätes besonders hoch sind.
Steinfluoreszenz für gezielte Steinlithotripsie: Mehrere Zentren haben eine Steinfluoreszenz zur Steinerkennung und intelligenten Auslösung des Lasers untersucht. Die Konzepte beziehen sich auf das Phänomen, dass Harnsteine im Gegensatz zu Gewebe bei Anregung mit einer bestimmten Wellenlänge (λ = 532 nm) ein messbares Fluoreszenzsignal liefern, und somit kann man automatisch auch unter schlechten Sichtverhältnissen zwischen Steinmaterial und Gewebe unterscheiden. Bisherige In-vitro-Versuche zeigen sich vielversprechend und avisieren künftige klinische Studien.10, 11 Thulium-Faserlaser (TFL) für Ureterorenoskopie und perkutane Nephrolitholapaxie: Der Holmium-Laser etablierte sich in den letzten 20 Jahren erfolgreich als Goldstandard für Steinlithotripsie. In den letzten 10 Jahren kam es zu einer deutlichen Verbesserung dieser Technologie. Insbesondere konnten die Laserpulsenergie bis 6 J und die Pulsfrequenz bis 100 Hz gesteigert werden. Unter anderem haben diese Entwicklungen den Einsatz des Holmium-Lasers in z. B. transurethralen Prostataenukleationen ermöglicht.
Aktuell bietet der TFL eine vielversprechende Alternative in der endoskopischen Steinbehandlung.12 Durch ein vierfach kürzeres optisches Eindringen des TFL im Vergleich zum Holmium-Laser kann mit TFL eine vierfach effizientere Lithotripsie bei gleichen Einstellungen erreicht werden. Eine sehr breite Spanne der Laserpulsenergie (0,005–6 J) und Pulsfrequenzen bis 2.200 Hz versprechen eine sehr gute Leistung, besonders beim Steindusting. Außerdem kann der TFL mit einem miniaturisierten 50-μm-Laserfaser bedient werden, was einen Impuls zur weiteren Miniaturisierung der endourologischen Ausrüstung geben kann. Die Vorteile des TFL aus der In-vitro-Studie müssen noch im klinischen Setting bestätigt werden.