Kinderurologischer Einsatz in Eritrea

Warum Eritrea? Warum Kinderurologie? Die medizinische Versorgung des 5-Mio.-Einwohner-Staates am Roten Meer lastet auf den Schultern von insgesamt 160 einheimischen Ärzten – nur einer davon ist Urologe. Die meisten Ärzte arbeiten in der Hauptstadt in den drei größeren Krankenhäusern, einige in den sehr notdürftig eingerichteten Krankenhäusern in der Peripherie.
In Eritrea werden jährlich ca. 350.000 Kinder geboren, die Kindersterblichkeit beträgt 74 zu 1000 Lebendgeburten. Um das wertvollste Gut, die 2,5 Mio. Kinder des Landes, kümmern sich nur 3 Kinderärzte. 2009 promovierten die ersten 30 Medizinstudenten, die in Eritrea selbst ihre Ausbildung absolvierten. Bis zu diesem Zeitpunkt war eine Medizinausbildung nur im Ausland möglich. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Als Prim. Doz. Dr. Marcus Riccabona 2005 die Präsidentschaft vom Rotary Club Linz-Altstadt übernahm, war die Entscheidung für ein kinderurologisches Sozialprojekt naheliegend. Es sollte ein Projekt sein, wo Wissen, Manpower und nicht nur Geld vermittelt wird. Es sollte Hilfe zur Selbsthilfe sein. Was kann ein Kinderurologe in einem Land ausrichten, wo es an vielem fehlt, wo Kinder an banalen Infektionen sterben? Ein Tropfen auf dem heißen Stein? Heißt es aber nicht auch “Der stete Tropfen höhlt den Stein”?
Das Hammer Forum, eine Hilfsorganisation in Deutschland, die sich die medizinische Versorgung von Kindern in Krisen- und Armutsländern zum Ziel gesetzt hat, führt schon seit langer Zeit medizinische Einsätze in Eritrea mit Ärzteteams aus verschiedenen Disziplinen durch. Die Organisation hat für diese Einsätze eigens einen OP-Trakt, das IOCCA (International Operation Center for Children in Asmara), auf dem Krankenhausgelände des Orotta Hospitals in Asmara errichtet. Nach ausführlichen Gesprächen mit der Organisation hat sich die Idee, eine kinderurologische Versorgung in Eritrea aufzubauen, als sinnvoll erwiesen. Somit hatte Doz. Riccabona ein Projekt, das die geforderten Voraussetzungen erfüllte. Der erste kinderurologische Einsatz erfolgte im Oktober 2005.

Wer macht mit? Was im Oktober 2005 mit einem kleinen Team, bestehend aus einem Kinderurologen und einer DKGS, begann, wurde über die letzten Jahre ausgebaut. Der 12. Einsatz im März wurde durch ein multidisziplinäres Team, bestehend aus drei Kinderurologen, zwei Anästhesisten, zwei Turnusärzten, einem Urologen in Ruhestand und vier DKGS bestritten.

Wo soll geholfen werden? Durch die mangelhafte medizinische Versorgung fallen der einheimischen Bevölkerung in erster Linie mit dem freien Auge sichtbare Fehlbildungen auf. Auf kinderuro logischem Gebiet sind dies vor allem Hypospadien, Blasenekstrophien und Hodenhochstände. Andere Erkrankungen wie Hydronephrose, vesikorenaler Reflux, Nierensteine etc. werden erst dann entdeckt, wenn sie symptomatisch werden, und dies ist meistens spät. In einem Land, wo die rituelle Zirkumzision bei fast allen Buben teils auch unsachgemäß von Laien durchgeführt wird, kommen auch Komplikationen dieses Eingriffs zum Tragen. Während bei den zwei Einsätzen im Jahr, die jeweils eine Woche dauern, ca. 50 Kinder mit kongenitalen Fehlbildungen im Bereich der äußeren Genitale und Kinder mit Nierensteinen operativ versorgt werden, erfolgt die unentgeltliche Behandlung von Kindern mit komplexen Fehlbildungen wie Blasenekstrophien in Österreich im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz. 120-150 Kinder pro Einsatz werden ambulant vor Ort begutachtet und wenn notwendig für kommende Einsätze für OP eingeplant. Neben der Arbeit am Patienten werden junge Mediziner während der Einsätze eingeschult. Sie assistieren bei Operationen und können gängige kinderurologische Eingriffe unter Einleitung durchführen, um diese später selbstständig operieren zu können. Ein theoretischer Unterricht über häufige kinderurologische Krankheitsbilder und deren Behandlung sowie ein Ultraschallkurs für werdende Ärzte wurden veranstaltet. Ein weiteres Ziel ist, den hygienischen Standard zu verbessern. Mit so genannten Care-Paketen, die in erster Linie Hygieneartikel für die operierten Kinder und deren Eltern beinhalten, wird versucht ein Bewusstsein dafür zu bilden. Die Ausbildung des einheimischen Pflegepersonals im OP-, Anästhesie- und Stationsbereich wird teils durch die Einsätze, teils durch Hospitationen in Österreich gefördert.

Wie wird das Projekt finanziert? Neben dem Rotary Club Linz-Altstadt spenden Privatpersonen. Firmen sponsern das Projekt in Form von Geld- und Sachspenden. Mit Benefizveranstaltungen werden weitere Einnahmen erzielt. Die Dienstfreistellung der Teammitglieder erfolgt durch die Krankenhäuser der BHS Linz, AKH Linz, Landes-Frauen- und Kinderklinik Linz und der Universitätsklinik Innsbruck.

Wohin geht das Geld? Mit den Spenden werden zwei Einsätze pro Jahr finanziert. Die Flugkosten der Kinder, die in Österreich behandelt werden müssen, werden über Patenschaften durch Privatpersonen bezahlt. Alle Mitarbeiter arbeiten unentgeltlich für das Projekt.

Das Projekt in Zahlen (Stand 2010)

433 Kinder wurden operiert
1.301 Kinder wurden untersucht
22 Kinder wurden in Linz behandelt

Für Interessierte:
http://www.kinderurologie-eritrea.at

Wollen Sie das Projekt unterstützen?
Pediatric Urology Team Austria for Eritrea
Kto.-Nr. 37 77 88,
BLZ 54000 Hypo Oberösterreich,
IBAN AT06 5400 0000 00377788,
BIC OBLAAT2L