Die Häufigkeit von fäkaler Inkontinenz (FI) liegt in Österreich wahrscheinlich knapp unter 10 %, in der überwiegenden Mehrzahl sind Frauen betroffen. Die MKÖ bietet aufgrund ihrer Interdisziplinarität Gelegenheit, andere Berufsgruppen zu sensibilisieren, „über den eigenen Tellerrand hinauszusehen“ und durch Öffentlichkeitsarbeit Betroffene zu erreichen. Unser oberstes Ziel ist es, Patienten aus ihrer sozialen Isolation zu holen, sie einer professionellen Abklärung zuzuführen und ihnen eine adäquate Therapie anzubieten.
Die Diagnostik muss auf jeden Fall Darmspiegelung, Manometrie und anale Sonographie beinhalten. Der Schweregrad der FI sollte mit standardisierten Scores angegeben werden (z. B. nach Wexner mit 1–20 [die schwerste Form der Inkontinenz]).
Im Gespräch mit den Patienten empfiehlt es sich in weiterer Folge, gemeinsam einen Stufenplan festzulegen und diesen auch in schriftlicher Form – eventuell mit Skizzen – mitzugeben.
Man bedenke nur, wie viel Hoffnung den Betroffenen, die bis vor Kurzem vielleicht dachten, sie seien mit ihrem Schicksal alleine auf sich gestellt, damit gegeben wird!
Das Spektrum der proktologischen Therapieoptionen:
- Die konservative Therapie beruht auf zwei einfachen Überlegungen:- konsequente medikamentöse Stuhleindickung, denn fester Stuhl kann immer besser gehalten werden als flüssiger und- morgendliche gezielte Enddarm entleerung mit harmlosen CO2-Zäpfchen, denn aus einem leeren Mastdarm kann man nichts verlieren.
- TAI – die transanale Irrigation ist eine Weiterentwicklung des Einlaufprinzips. Mittels eines geschlossenen Spülsystems erreicht man eine gezielte Darmentleerung.
- Beckenbodentraining, evtl. durch Biofeedback unterstützt und mit Anleitung durch einen spezialisierten Physiotherapeuten. Die einfachste Form des Biofeedbacks ist die digital-rektale Palpation, wo man schon bei der Untersuchung die Effektivität des selbstständigen Trainings abschätzen kann.
- Bulking Agents stellen die Überleitung von konservativen zu operativen Maßnahmen dar. Je nach Präparat submukös, intra- oder intersphinktär injiziert, beruht ihre Wirkung darauf, den Analkanal abzudichten und den M. sphincter ani int. zu unterstützen.
- 5. Operative Verfahren: Niemals sollte einer Frau mit Score 5 gleich eine Operation angeboten werden. Allerdings werden in einem Bereich von 12 bis 15 die konservativen Therapien alleine nicht den gewünschten Erfolg bringen, sodass folgende Eingriffe indiziert sein können:
– „Ventral Sphincter Repair“ bei Muskeldefekt
– sakrale Nervenstimulation bei schwachem Muskel
– Grazilisplastik als Muskelersatz bei schweren Defekten
– künstlicher Schließmuskelersatz (ABS) in Einzelfällen
– lsk. Rektopexie, OP nach Delorme oder Altemeier bei gleichzeitigem Prolaps
– Stoma in schweren Fällen von FI.
Ein individueller Stufenplan kann für jeden Patienten erstellt werden und bedeutet immer eine positive Zukunftsperspektive.