Die Anforderungen an die bildgebende Diagnostik sind je nach Lage und Art des Steines unterschiedlich, die Laboruntersuchungen wiederum hängen vom Rezidivrisiko ab.
Bildgebende Diagnostik beim Ureterstein: Der Ureterstein fällt meist durch die akute Schmerzsymptomatik auf. Neben Anamnese und klinischer Untersuchung sowie rascher Schmerzbehandlung ist die Bildgebung im Vordergrund. Die Sonographie des Ober- und Unterbauches mit gefüllter Blase informiert über Steine im proximalen und prävesikalen Ureterabschnitt und über den Dilatationsgrad. Ein dabei dargestellter Ureterstein kann durch ein ergänzendes „Röntgen Niere leer“ bestätigt und auf seine Röntgendichte geprüft werden. Dieses Röntgenbild ist eine Vergleichsbasis für spätere Verlaufskontrollen und erlaubt die Zusammenschau mit eventuell vorhandenen früheren Röntgenbildern. Ist damit keine ausreichende Diagnostik möglich, bietet die akute Nativ-CT (ohne Kontrastmittel) die höchste Sensitivität und Spezifität in der Detektion von Uretersteinen und gibt Anhaltspunkte über deren Härte (Dichtemessung, Angabe der HU des Steines), Lage und Größe. Auch nach einer Nativ-CT erleichtert ein zusätzliches „Röntgen Niere leer“ spätere Vergleiche. Alternativ zur CT ist eine ivP (intravenöse Pyelographie) eine mögliche Option.
Bildgebende Diagnostik beim Nierenstein: Anders als beim Ureterstein ist beim Nierenstein zur Therapieentscheidung eine Information über die Anatomie des Nierenhohlsystems, die genaue Lage des Steines sowie die Abgrenzung zu Papillenverkalkungen und einer eventuellen tubulären Ektasie mit Verkalkungen nötig. Dazu ist die Nativ-CT wenig geeignet. Spricht keine Kontraindikation dagegen, ist eine Kontrastmitteluntersuchung indiziert, wobei die ivP weniger Strahlenbelastung darstellt als eine Kontrastmittel-CT mit Spätphase zur Reformation des Nierenhohlsystems. Die Abwägung der Vor- und Nachteile dieser beiden Röntgentechniken ist im Einzelfall vom Urologen zu treffen und auch vom geplanten Vorgehen zur Steinentfernung abhängig.
Laboruntersuchungen: Rationelle Laboruntersuchungen berücksichtigen den Bedarf zur aktuellen Diagnostik und Therapie des Harnsteines als auch erste Aspekte der metabolischen Abklärung zur Prävention der Steinbildung. Die empfohlenen Blutuntersuchungen umfassen zumindest BUN, Kreatinin, Harnsäure, Kalzium, Phosphor, KBB und CRP, bei möglicher operativer Intervention auch die Blutgerinnung und Elektrolyte. Bei im „Röntgen Niere leer“ schattengebenden Steinen ist die Bestimmung des ionisierten Kalziums zum Ausschluss eines Hyperparathyreoidismus (HPT) hilfreich. Letzteres ist innerhalb von Spitälern am einfachsten im Rahmen von Blutgasanalysen möglich.
Die Harnuntersuchung sollte zum sicheren Ausschluss oder zur Bestätigung eines Infektes neben den üblichen chemischen Parametern auch eine Harnkultur oder eine Urinmikroskopie (Sediment) umfassen.
Indikation: Nicht alle Harnsteine bedingen eine interventionelle Steinentfernung. Beim Ureterstein besteht die Notwendigkeit zur interventionellen Entfernung bei:
Bei Nierensteinen ergibt sich die Indikation zur aktiven Steinentfernung unter folgenden Situationen:
Das natürliche Schicksal von kleinen Kelchsteinen ist von vielen Faktoren abhängig. Eine vorsorgliche, frühzeitige Therapie dieser Steine, beispielsweise mit ESWL, kann durchaus sinnvoll sein und ist individuell zu beurteilen.
Medikamentös expulsive Therapie (MET): Ist bei einem Ureterstein keine Indikation zur aktiven Steinentfernung gegeben, kann eine MET den Steinabgang beschleunigen. Hierzu werden Nifedipin oder Tamsulosin verwendet. Tamsulosin ist den Urologen von der Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung bekannt, der Einsatz beim Ureterstein ist zwar off label, aber weltweit beim Ureterstein und auch der Therapie einer Steinstraße nach ESWL üblich; die Wirkung ist gut untersucht und hat Eingang in alle aktuellen Leitlinien gefunden. Trotzdem sollten die Patienten über die Therapie gut informiert und regelmäßig bis zum Steinabgang kontrolliert werden.
Die Verwendung von Urinfilter oder andere geeignete Maßnahmen zur Observierung eines abgehenden Steines sind erforderlich.
Interventionelle Steinentfernung: Es stehen die ESWL, endourologische Verfahren mit perkutaner Litholapaxie (PNL), die antegrade und retrograde Ureteroskopie (URS, bei Nierensteinen auch unter der Bezeichnung RIRS für „retrograde intrarenal surgery“ gelistet) und die laparoskopische bzw. offene Steinentfernung zur Verfügung.
Für die Wahl des Verfahrens maßgeblich sind:
Die technische Entwicklung der ESWL einerseits und der Einsatz von dünneren und flexiblen Ureteroskopen andererseits, die Vielfalt der intrakorporalen Desintegrationstechniken (pneumatisch, US und Laser) und der Extraktionswerkzeuge sowie die zunehmende Expertise bei endourologischen, aber auch laparoskopischen Eingriffen führen zu Veränderungen der Wahl des Therapieverfahrens. Die aktuellen Empfehlungen – je nach Steinlage und -größe – sind in den 2 Flowcharts (Abb. 1 und 2) in Anlehnung an die EAU-Leitlinien 2012 dargestellt. Die bekannten Kontraindikationen neben den üblichen internistischen Kriterien bestehen weiterhin, insbesondere der unbehandelte Harninfekt bei allen Verfahren, und bei ESWL eine Schwangerschaft, Aortenaneurysma und Tumoren in Stoßwellenbereich.
Der Stein ist das Symptom einer Stoffwechselneigung, die mit der Entfernung des Steines nicht behoben ist. Regelmäßige Kontrollen eines Steinpatienten beim Urologen sind sinnvoll. Die Frequenz der Kontrollen richtet sich nach der Art des Steines und dem Risikoprofil des Patienten, Kontrollen sollten aber mindestens 1-mal pro Jahr stattfinden. Eine Steinanalyse im Anschluss an eine Steinentfernung oder einen spontanen Steinabgang ist die wichtigste Voraussetzung für eine gezielte Prävention und soll immer erfolgen. Die in Labors übliche nass-chemische Untersuchung ist obsolet, stattdessen stehen in entsprechend ausgestatteten Einrichtungen Infrarotspektometrie, Röntgendiffraktion oder Elektronenmikroskopie zur Verfügung.
Weiterführende diagnostische Maßnahmen sind bei Risikopatienten der Rezidivsteinbildung indiziert. Die Liste dieser Patienten ist sehr lang und umfasst unter anderem genetische Faktoren, Erkrankungen, die sekundär zur Steinbildung führen wie der HPT, medikamenteninduzierte Steinbildung, Steinbildung durch anatomische Veränderungen (z. B. Hufeisenniere, Kelchdivertikel …) und auch allgemeine Faktoren wie das Patientenalter bei Erstmanifestation. Einfacher ist eine Negativliste von Patienten, die NICHT als Risikopatienten einzustufen sind. Dies sind im Wesentlichen sonst gesunde Erwachsene mit der ersten Manifestation eines einzelnen Kalziumoxalatsteines.
Bei diesen Patienten, die nicht einer Risikogruppe angehören, genügen zur Prävention allgemeine Maßnahmen der erhöhten Flüssigkeitszufuhr, in zweiter Linie eine steinspezifische Ernährungs- und Lifestyle-Beratung.
Patienten der Risikogruppe für Rezidivsteinbildung benötigen mehr. Sind sie nach einem Beratungsgespräch zu einer lebensbegleitenden medikamentösen Therapie zur Verringerung des Rezidivrisikos bereit, sind weitere Stoffwechseluntersuchungen nötig. Diese basieren auf einer validen Steinanalyse und beinhalten zusätzlich zu den oben erwähnten Laboruntersuchungen insbesondere ein Harn-pH-Profil und mehrfache 24-Stunden-Sammelurinuntersuchungen; aus diesen kann die Tagesausscheidung von Kalzium, Phosphor, Harnsäure, Kreatinin, Zitrat, Oxalat und Ammonium bestimmt werden. Die Auswahl der aus dem Harn zu bestimmenden Komponenten richtet sich nach der Steinanalyse. Zur Therapie einer allfälligen Stoffwechselauffälligkeit stehen je nach Ergebnis der Untersuchungen Thiazide, Alkalizitrat, Allopurinol, Pyridoxine, Bikarbonat, L-Methionin und bei Zystinsteinpatienten auch Tiopronin zur Auswahl. Die häufigsten Situationen mit den entsprechenden diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten sind in der Tabelle zusammengefasst.