Insbesondere im Pflegebereich sind Inkrustationen und massive Sedimentbildung mit wiederholten Verstopfungen der ableitenden Katheter ein nicht zu unterschätzendes Problem. Aufgrund des Trends, reine Pflegeheime (mit 24-Stunden-Ärztedienst) aufzulösen und nur noch mehr oder weniger kleine Pflegestationen in Pensionistenheimen einzurichten, die höchstens zur Tageskernzeit mit einem Allgemeinmediziner versorgt sind, entsteht ein nicht unbeträchtlicher Kostenaufwand, wenn Patienten mit verlegten Harnableitungen per Krankentransport in Ambulanzen zur Katheterspülung bzw. zum Katheterwechsel gebracht werden müssen. Darüber hinaus ist der Transport und die Wartezeit in Ambulanzen für die zumeist sehr betagten und körperlich wie psychisch eingeschränkten Menschen eine nicht zu unterschätzende Belastung. Es ist daher unbedingt erforderlich, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um diesen für alle Beteiligten großen und belastenden Aufwand so selten wie möglich in Gang setzen zu müssen.
Neben der ausreichenden Flüssigkeitszufuhr der Patienten, der entsprechenden Katheterhygiene und dem sorgsamen Augenmerk darauf, dass die Harnableitungen ohne abzuknicken durch die Kleidung geführt werden, können prophylaktische medikamentöse Maßnahmen, aber auch die richtige Katheterwahl zu einer deutlichen Verminderung von Verstopfungsereignissen führen.
Während normale Harnröhrenkatheter auf Höhe des Blasenhalses die Augen (in der Regel 2) zur Drainage des Harnes lokalisiert haben und somit in der Regel eine nahezu vollständige Drainage der Harnblase erzielt werden kann (v. a. bei entsprechender Mobilisation mehrmals täglich und nicht allzu ausgeprägtem Descensus des Blasenbodens), sind bei der Verwendung suprapubischer Katheter die Drainageverhältnisse sehr von der Verwendung des Kathetersystems abhängig. Zu bevorzugen sind in diesen Fällen so genannte Pigtail-Katheter, die einen wesentlich längeren Drainageschlauch und somit auch weitaus mehr Augen (mind. 10) zur sicheren Harnableitung haben. Bei Verwendung von herkömmlichen Kathetern mit kurzem Drainageende und 2 Augen – unabhängig davon, ob dieser zentral offen ist oder nicht – liegt eine ständige Blasenfüllung vor, wodurch es zu einem entsprechendem Ausfall/Niederschlag von bakteriellentzündlichem Detritus und kristallinem Material kommt.
Patienten mit Dauerharnableitungen haben in der überwiegenden Mehrzahl eine chronische Keimbesiedelung mit sog. Ureasebildnern (Gram-neg. Bakterien) wie vor allem Proteus, Providencia, Klebsiella, Pseudomonas, Serratia und Staphylokokkus.
In Analogie zur guten Studienlage über die Infektsteinentwicklung kann geschlossen werden, dass ein Teil des Detritus bei chronischen Infekten mit ureasebildenden Keimen aus Mono-Ammoniumurat, Struvit und Karbonatapatit (Phosphatsteine = Infektsteine) besteht. Die Struktur dieser Mineralien ist feinkristallin, bröckelig und weiß bis gräulich. Dies entspricht auch zumeist dem makroskopischen Erscheinungsbild des Materials in verstopften Kathetern.
Die regelmäßige Spülung (0,9%-NaCl-Spüllösungen) von Dauerharnableitungen sollte nur in Ausnahmefällen erfolgen. Abgesehen von der sehr eingeschränkten Verfügbarkeit von speziellen lokalen Lyselösungen (Renacidin, Solution G) wird deren Anwendung bei vorliegenden Infekten nicht empfohlen und sollte nur ausgewählten Fällen unter stationären Bedingungen (u. a. erforderliche Kontrolle des Magnesiumserumspiegels) vorbehalten bleiben.
Da bei Infekten mit ureasebildenden (harnstoffspaltenden) Bakterienstämmen infolge hoher Ammoniumkonzentrationen (Geruch!) eine hoher Urin-pH (alkalischer Urin) vorliegt, kann durch Ansäuerung des Harnes die Ausfällung von Struvit und Karbonatapatit-Kristallen verhindert werden, da diese bei pH-Werten zwischen 6,2 und 6,5 in Lösung bleiben. Somit kann einerseits die Auflösung und Ausschwemmung kleinerer Konkremente unterstützt und andererseits die Neubildung von Sediment verhindert werden.
Neben diätetischen Maßnahmen wie möglichst hoher Flüssigkeitszufuhr (Tee, Wasser, Preiselbeersaft), um Harnmengen von 2,0 bis 2,5l/24 h zu erreichen (bei betagten und kardial schwachen Heimbewohnern mitunter nicht leicht oder überhaupt nicht umsetzbar), und Vermeidung von rein vegetarischer Ernährung sowie Einschränkung der Zufuhr phosphatreicher Lebensmittel (Fleisch, Käse, Hülsenfrüchte, Nüsse) ist die Ansäuerung des Harnes mit L-Methionin eine sichere Möglichkeit, das Ausmaß der Sedimentationsrate deutlich zu reduzieren.
Ein weiterer positiver Effekt von L-Methionin kann in der Wirkungsoptimierung von Antibiotika (Ampicilline, Carbenicilline) bzw. Chemotherapeutika (Nitrofurantoin, Nalidixinsäure) gesehen werden, deren Wirkungsoptimum im sauren Harn-pH-Bereich liegt. Es liegen für die Prophylaxe von rezidivierenden Harnwegsinfekten sowie für die Behandlung und Prophylaxe von Infektsteinen mit L-Methionin (Acimethin®) gut dokumentierte Untersuchungen aus den letzten Jahrzehnten vor. Trotzdem sind speziell bei einer multimorbiden, betagten Altersgruppe besondere Therapiehinweise zu berücksichtigen. Bei einer empfohlenen Tagesdosis von 3-mal 0,5 bis 1,0 g L-Methionin ist bei niereninsuffizienten Patienten evtl. eine Dosisanpassung zur Vermeidung einer metabolischen Azidose vorzunehmen (Kontrolle des Säure-Basen-Haushaltes). Generell ist auf eine ausreichende Versorgung mit Folsäure und B-Vitaminen sowie auf den Ausgleich einer hypothyreoten Stoffwechsellage zu achten, da unter den entsprechenden Mangelbedingungen in Kombination mit L-Methionin eine Erhöhung des Homocysteinspiegels auftreten kann. Obwohl unter Methionin eine erhöhte Kalziumausscheidung im Harn beobachtet wurde, konnte bisher kein erhöhtes Risiko für das Entstehen von Kalziumoxalatsteinen nachgewiesen werden. Bei chronisch rezidivierenden Harnsäuresteinbildnern (Fällung der Kristalle im sauren Milieu!) ist die Gabe von L-Methionin hingegen nicht sinnvoll.
L-Methionin sollte nicht nur bei rezidivierenden Harnwegsinfekten und bei der Prophylaxe von Infektsteinen eine sinnvolle therapeutische Ergänzung darstellen, sondern insbesondere auch bei der Behandlung von Dauerkatheterträgern als fester therapeutischer Bestandteil in die Behandlungsstrategien einfließen.