Das Jahr 2011 wird gekennzeichnet sein durch Einlangen zahlreicher Studienergebnisse, die sicherlich einige Veränderungen und Verbesserungen in der Behandlung und Diagnostik urologischer Karzinome bringen. Es ist erfreulich, dass gerade die österreichische Teilnahme an Studien diese Innovationen möglich gemacht hat. Nachdem die nationale Studientätigkeit durch die zu kleine Population deutlich erschwert ist, wird die Teilnahme an internationalen Multicenter-Phase-IIIStudien durch österreichische Zentren interessant.
Erkenntnisse zur Progression des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms haben dazu geführt, dass mehrere verschiedene Therapieansätze untersucht wurden und werden, die für unsere Patienten im so genannten kastrationsrefraktären Stadium eine signifikante Lebensverlängerung bewirken. Diese therapeutischen Modalitäten erreichen nun den klinischen Alltag, gleichzeitig sollen jedoch die laufenden Studien zu einem Abschluss geführt werden können. In nächster Zukunft werden viele neue Fragen zu beantworten sein (Therapiebeginn, Sequenztherapie etc.). Die neuen Substanzen (CYP17-Inhibitoren, Androgenrezeptorblocker neuester Generation) werden in den neuen Protokollen vor einer Chemotherapie eingesetzt, so dass der Einsatz der wirksamen Standardchemotherapie Docetaxel möglicherweise erst zu einem späteren Zeitpunkt notwendig wird. Zusätzlich ist eine neue chemotherapeutische Variante (Cabazitaxel) als effektive Second-Line-Chemotherapie zugelassen worden. Auch die Verzögerung von skelettalen Events durch knochenwirksame Therapie wurde auf ein neues Niveau gebracht, weil eine Phase-III-Studie eine deutliche Verbesserung dieser Situation im Vergleich zum bisherigen Standard gezeigt hat.
Es wurde 2011 somit eine neue Tür in der Therapie des Prostatakarzinoms geöffnet, die Bewegung in den therapeutischen Alltag von uns Urologen bringen wird.
Ein breites Wirkungsfeld besteht in der Fortentwicklung der bildgebenden Verfahren, die sowohl in der Primärdiagnose als auch beim Staging sicherlich in Zukunft eine Hilfestellung darstellen werden. Wichtig für uns Urologen ist eine optimale Bildauflösung mit Definition von Kapselüberschreitung und Samenblaseninvasion, um eine optimale Operation planen zu können. Die Schnittbildgebung mit MRT wird sicher auch in Zusammenhang mit der Biopsie eine Option für mögliche fokale Therapiemodalitäten ausschöpfen. Neue Tracer für PET-Scanning versprechen eine Lokalisation von Lymphknotenmetastasen und Knochenmetastasen. Sie könnten im Verlauf einer systemischen Therapie im kastrationsresistenten Stadium ein wichtiger Parameter werden, weil wir uns auf das PSA alleine nicht verlassen können.
Die Therapie des lokal begrenzten bzw. lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinoms bleibt weiterhin die Herausforderung für uns Urologen. Die Verfeinerung der operativen Technik und Verbesserung der funktionellen Ergebnisse muss unser oberstes Ziel bleiben, weil die Gefahr der „Übertherapie“ immer wieder gegeben ist und wir dem Vorwurf ausgesetzt sind, eine „krank machende“ Therapie für Patienten, die nicht gefährdet sind, auszuführen.
Die Fortschritte in der Therapie des Blasenkarzinoms – sei es adjuvant beim nichtmuskelinvasiven Tumor, sei es palliativ im metastasierten Setting – sind in den letzten Jahren nicht dramatisch ausgefallen. Eine Rekapitulation der Möglichkeiten ist jedoch immer wieder notwendig, um den letzten Stand der Dinge ins richtige Licht zu rücken.
Es freut mich, dass in Zusammenarbeit mit Urologen, Onkologen, Radiotherapeuten und Radiologen dieser Focus Onko-Urologie zustande gekommen ist! Er repräsentiert letztes Wissen in komprimierter Form.
Primar Dr. Wolfgang Loidl, Linz