Vorwort: Uropathologie – quo vadis?

Die Pathologie steht derzeit vor größeren Herausforderungen denn je. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse vermehren sich rapide, und so ist es kaum mehr möglich, in allen Teilbereichen der Pathologie alle Fächer zur vollsten Zufriedenheit abzudecken. Somit ist es an der Zeit, dass vor allem in Schwerpunktkrankenhäusern pathologische Spezialdisziplinen, wie die Uropathologie, entstehen, wie es Ende des 19. Jahrhunderts an der Zeit war, an der Poliklinik die erste urologische Spezialabteilung der Welt zu errichten.

Die immer größer werdende Menge an Information bezieht sich auf Erkennt­nisse der Entstehungsmechanismen von Tumoren. So versucht man die morphologischen Veränderungen mit den genetischen Veränderungen zu korrelieren und findet neue Einteilungen für urologische Tumoren. Oft ist aber die Morphologie nicht eindeutig, und so werden immunhistochemische, aber z. T. auch aufwendigere molekularpathologische Untersuchungen notwendig, um Tumoren richtig zuordnen zu können.

Immer aufwendigere Untersuchungen werden aber notwendig für die auch bei urologischen Tumoren zusehends angestrebten „targeted therapies“.So erfordert beispielsweise der Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren eine Voruntersuchung durch den Pathologen. Diese Untersuchungen lassen den Arbeitsaufwand explodieren, der zwar, durch das Zurückfahren der heute, durch die verbesserten bildgebenden Verfahren seltener notwendigen Obduktionen, jetzt einmal abgefangen wurde, in Zukunft jedoch weiterer personeller Ressourcen bedarf.

Die Spezialisierung bringt aber auch Probleme und Anforderungen mit sich. Wenn man nämlich als Pathologe nur noch uropathologisch denkt, kann es passieren, dass man dann Metastasen von anderen Tumoren fehlinterpretiert bzw. das Wissen zu gering ist, um eine eindeutige Zuordnung zu treffen. Hier sieht man bereits, dass es wichtig sein wird, miteinander zu kommunizieren. Mit der Informationsflut werden auch in Zukunft Zentren entstehen, die Schwerpunkte in der Diagnostik und Wissenschaft setzen. Es kann nicht sein, dass alle diese Zentren in Österreich sind. Somit ist auch hier eine grenzüberschreitende Kommunikation der Pathologen – und in unserem Fall der Uropathologen – notwendig. Nur durch das Aufwerfen von Fragen und deren gemeinsamer Beantwortung ist eine stetige Weiterentwicklung in unserem Gebiet gewährleistet.

In der hier vorliegenden Ausgabe von SPECTRUM Urologie soll diesen Schwerpunkten Rechnung getragen werden. Einerseits finden Sie einen Beitrag über pathologische Aspekte in der Nephrologie und deren Bedeutung für die Urologie. Andererseits präsentiert Prof. Dr. Eva Comperat, Paris, Expertin der ISUP (International Society of Urological Pathology) die Uropathologie des Harnblasenkarzinoms. Ein weiterer Artikel widmet sich der Austestung für Checkpoint-Inhibitoren beim Harnblasenkarzinom, die zwar simpel anmutet, aber zeitaufwendig und mit noch hoher Interobservervarianz behaftet ist. Zu guter Letzt sollen Übersichtsartikel die wichtigsten Änderungen bei der Einteilung der Prostata-, Nierenzell-, Keimzell- und Peniskarzinome ins Gedächtnis rufen.

Ich hoffe, dass auch für Sie etwas Interessantes dabei ist!

Ihre

Ao. Univ.-Prof. Dr. Andrea Haitel