Immer höher gesteckte Ziele: dermatoonkologische Forschung

Seit nunmehr über 10 Jahren befindet sich die Dermatoonkologie im Aufschwung. Vorher nie da gewesene Therapiemöglichkeiten zusammen mit einer Vielzahl an Patienten, die auch im metastasierten Stadium ihrer Erkrankung ein längeres Überleben haben, lassen uns hoffen, immer höher gesteckte Ziele zu erreichen.
Trotz aller Euphorie verlieren wir aber immer noch ca. 50 % unserer Patienten an ihre Erkrankung. Umso wichtiger ist es, die medizinische Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben, teils als Mitglieder grenzenüberschreitender Studien in verschiedenen Phasen, teils als Initiatoren sogenannter „Investigator-initiierter Studien“ (IIT), finanziert durch unterschiedliche Sponsoren und Grants.
Im Folgenden werden ausgewählte Forschungsprojekte des Bereiches der Dermatoonkologie der Hautklinik Graz vorgestellt:

 

Melanom

 

Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Erika Richtig

Melanome in der Schwangerschaft (IIT): Fokus des multiprofessionellen Teams, bestehend aus Dermatoonkologen, Pathologen, Zellbiologen, Histologen, Embryologen, Gynäkologen, biometrischen Analytikern, Pflege, Studienkoordinatoren und der Forschergruppe des BioTechMed Graz ist es, die Versorgung von Patientinnen mit einem Melanom in der Schwangerschaft zu verbessen/standardisieren. Das Team fokussiert sich auf therapeutische Optionen in der Schwangerschaft und die optimale Nachsorge für Mutter und Kind.

Liquid biopsy (IIT, unterstützt von Novartis): Erste Ergebnisse einer longitudinalen Studie an Patienten mit metastasiertem Melanom unter immunonkologischer oder zielgerichteter Therapie konnten zeigen, dass „Treiber- Mutationen“ auch im Plasma der Patienten nachweisbar sind. Dies ermöglicht eine nichtinvasive Verlaufskontrolle unter Therapie. Die prospektive Studie befindet sich gerade in Auswertung, und die Ergebnisse werden demnächst präsentiert werden. Diese Studie erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Pathologie.

The clinical relevance of mutations in the p-loop in the BRAF-gene (IIT, unterstützt von Novartis): Durch die zuletzt immer häufiger durchgeführte Bestimmung der Mutationen im BRAF-Gen durch „next-generation sequencing“ (NGS) kommen immer mehr nichtklassische Mutationen zum Vorschein. Dieses Projekt untersucht die Wirkung von Arzneimitteln auf nicht- BRAFV600E-mutierte Zelllinien.

The role of chemokine receptors in the progression of cutaneous malignant melanoma: In diesem Projekt, das gemeinsam mit dem Institut für Pathologie durchgeführt wird, liegt der Schwerpunkt auf der Rolle der Chemokin-Rezeptoren beim metastasierten Melanom und insbesondere auf deren Einfluss auf spezielle Metastasierungsorte (z. B. Gehirn). Die Studie soll Einblick in die Rolle des „microenvironments“ bei Metastasen geben und in weiteren Folgestudien mögliche neue Therapieansätze bringen.

 

Dr. Lukas Koch

Immunregister AUTRICHE (Austrian Immune Checkpoint Inhibitor Registry in Cancer for Biomarker Research): Eine der bedeutendsten Therapien im Kampf gegen metastasierte Krebserkrankungen und insbesondere in der Behandlung des metastasierten malignen Melanoms stellen Immuntherapien in Form von monoklonalen Antikörpern gegen PD-1, PD-L1 sowie CTLA-4 dar. Diese wirksamen Therapien haben jedoch auch ihre Nebenwirkungen: Aus Zulassungsstudien beim Melanom ist bekannt, dass bei Monotherapien mit Anti- PD-1- bzw. Anti-PD-L1-Antikörpern in 86 % und bei Kombinationstherapie mit Nivolumab (Anti-PD-1) plus Ipilimumab (Anti-CTLA-4) in 96 % der Fälle mit Nebenwirkungen zu rechnen ist.1 Ziel des österreichweiten Immunregisters AUTRICHE ist es, „real-life data“ über die Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen von Immuntherapien bei verschiedenen Krebsentitäten in Zusammenarbeit mit der medizinischen Onkologie zu erfassen und Proben für Biomarkerstudien zu sammeln.

 

 

Univ.-Ass. Dr. Barbara Rainer

 

Einfluss des Haut- und Darmmikrobioms auf Wirkung und Nebenwirkungen der Immuntherapie beim fortgeschrittenem Melanom (gefördert durch Ingrid-Shaker Nessmann-Krebsforschungsvereinigung): Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms beeinflusst das Immunsystem und kann daher auch eine wichtige Rolle für das Ansprechen auf eine Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren und Auftreten von immunvermittelten Nebenwirkungen spielen. Ziel dieser klinischen Studie ist, den Zusammenhang zwischen einem veränderten Mikrobiom und Wirkung sowie Nebenwirkungen der Immuntherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom zu untersuchen.

Einfluss von mikrobiomassoziierten Serummetaboliten auf die Wirksamkeit von Immuntherapie bei Patienten mit metastasiertem Melanom (gefördert durch Wissenschaftliche Vereinigung Steirische Dermatologie): Zuletzt rückte das Darmmikrobiom als potenzieller Biomarker für die Wirksamkeit der Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren in den Fokus. Dieses translationale Forschungsprojekt adressiert, ob sich Patienten aufgrund von Diversität und Zusammensetzung ihres Darmmikrobioms in Responder und Non- Responder einer Immuntherapie einteilen lassen, und analysiert gezielt Serummetaboliten, die mit einer bestimmten Darmmikrobiomzusammensetzung bei Respondern korrelieren. Die Studien erfolgen in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Medizinische Forschung und dem Zentrum für Mikrobiomforschung der Medizinischen Universität Graz.

 

Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Christoph Schrautzer

NGS-Register (Next-Generation-Sequencing-Register): Im Rahmen dieses Registers (also einer nichtinterventionellen Erfassung von Patientendaten) werden die Ergebnisse molekulargenetischer Untersuchungen der Tumor-Erbinformation erfasst. Dabei soll zunächst festgestellt werden, mit welchen Methoden auf kommerzieller Basis oder mit welchen Home-made-Tests beim Melanom untersucht wird, in welchen Phasen der Melanomerkrankung die Biopsie mit welchem Zweck entnommen wird und wie oft therapeutisch angreifbare Erbgutveränderungen festgestellt werden. Weiters wird untersucht, wie oft, mit welchen Medikamenten und mit welchem Erfolg die Patienten behandelt werden. Durch die Einspeisung der Daten in das AGMT-NGS-Reg (Arbeitsgemeinschaft medikamentöse Tumortherapie gemeinnützige GmbH-NGS-Register; PI: UP. Dr. Richard Greil) sollen dabei die in Österreich gebräuchlichen molekulargenetischen Methoden im Hinblick auf die genannten Faktoren verglichen werden.

Non-Melanoma Skin Cancer

Univ.-Prof. Priv.-Doz. Priv.-Doz. Dr. Ingrid Wolf

Die wichtigsten Vertreter dieser Gruppe sind die kutanen Plattenepithelkarzinome, einschließlich der aktinischen Keratosen (= frühes Hautkarzinom) und die Basalzellkarzinome. Weltweit wird eine außergewöhnliche Häufigkeitszunahme vor allem bei älteren Patienten im Zusammenhang mit der UV-Belastung der Haut beobachtet.
Spezielle Projekte der klinischen Forschung betreffen nichtoperative, topische Pharmakotherapien für die Frühformen des Hautkarzinoms.
Für aggressive Plattenepithelkarzinome der Haut werden innovative systemische onkologische Therapiestudien an der Klinik durchgeführt, z. B. mit Immunonkologika, basierend auf dem Prinzip der PD-1-Blockade. Auch die Wirksamkeit von Checkpoint-Inhibitoren bei fortgeschrittenen und/oder metastasierten Basalzellkarzinomen nach Gabe von zielgerichteten Hedgehog-Signalweg-Inhibitoren wird in einer Multicenter-Studie geprüft.
In einer speziellen Ambulanz für organtransplantierte Patienten mit malignen Hauttumoren wird ein Patientenregister etabliert, insbesondere mit dem Ziel, ein Präventivprogramm für diese Hochrisikogruppe zu entwickeln und das Verhalten der Tumoren bei diesen Patienten im Vergleich zu jenen der Normalbevölkerung zu untersuchen.

Exploratorische Studie

Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Peter Rohrer

Psychophysiologie, Persönlichkeit und Stress: Im Rahmen einer exploratorischen Studie der Medizinischen Universität Graz werden mögliche Zusammenhänge zwischen definierten Persönlichkeitsmerkmalen und psychophysiologischen Parametern mit der Reaktivität der arteriellen Gefäßwandsteifigkeit auf einen definierten Stressreiz hin untersucht. Bei Probanden beiderlei Geschlechts werden hierbei im Zuge einer einzeitigen Testbatterie auf nichtinvasivem Wege kontinuierlich u. a. Hauttemperatur, Hautleitwert sowie punktuell die Pulswellengeschwindigkeit erhoben. Die Resultate könnten hinsichtlich verhaltenstherapeutischer Interventionen von Relevanz sein.

 

1 Hodi FS et al., Lancet Oncol 2018; 19(11):1480–92