Jonak: Die Psoriasis wurde erst 1841 von dem österreichischen Dermatologen Ferdinand von Hebra als eigenständige Dermatose klassifiziert, um fortan vor allem von der Lepra differenziert werden zu können. Heute ist sie als chronisch entzündliche (System-)Erkrankung mit zugrunde liegender Immunpathogenese definiert. Das aktuelle Verständnis ihrer Pathophysiologie basiert auf zytokinmediierten und sich selbst erhaltenden Verstärkungsschleifen, welche im Sinne eines „circulus vitiosus“ den psoriatischen Entzündungsprozess kontinuierlich erhalten.
Die Erforschung des Pathomechanismus der Psoriasis hat erwartungsgemäß auch ihre Therapie revolutioniert. Moderne psoriatische Therapiekonzepte, wie die der Biologika, zielen darauf ab, durch spezifische Blockade von Schlüsselzytokinen (TNF-α, IL-17, IL-23) die dem Entzündungsprozess zugrunde liegenden positiven Feed-back-Loops zu unterbrechen. Andererseits hat uns der Einsatz von „targeted therapies“ in der Psoriasis auch neue Aspekte ihrer Pathophysiologie gelehrt. Ustekinumab wurde eigentlich konzipiert IL-12 zu blockieren – über die mit IL-23 geteilte Subunit p40. Heute wissen wir, dass hierbei nur die Inhibierung von IL-23 therapeutisch effektiv ist. Dies hat den Weg für die IL-23-Monoblocker (Antikörper für die Subunit p19) bereitet.
Das Behandlungsziel in der Psoriasistherapie hat sich mit dem Einzug der IL-17-Inhibitoren (Secukinumab, Ixekizumab, Brodalumab) tatsächlich in Richtung einer kompletten (PASI 100) oder fast kompletten Erscheinungsfreiheit (PASI 90) der Haut entwickelt. Vor 2004 war das Erreichen eines PASI 50 ein klinisch relevantes Therapieziel – und als die TNF-α-Inhibitoren erhältlich wurden, galt ein PASI 75 als signifikantes Ansprechen. Heute sind PASI 90 und PASI 100 durch die Blockade von IL-17 oder IL-23p19 realistische therapeutische Behandlungsziele, welche den Patienten auch so kommuniziert werden können. In Österreich werden momentan nur IL-17-Inhibitoren und noch keine IL-23 Monoblocker erstatttet.
Die Therapie für die Patienten ist individueller geworden und die Behandlungssituation für die Ärzte komplexer. Das Armamentarium für die Psoriasis hat sich innerhalb der letzten 10 Jahre grundlegend verändert. Es stehen heute den Dermatologen drei TNF-α-Blocker (Infliximab, Etanercept, Adalimumab) inklusive Biosimilars, ein IL-12/IL-23p40- und drei IL-17-Inhibitoren zur Verfügung. Vier IL-23p19-Hemmer (Guselkumab, Mirikizumab, Risankizumab und Tildrakizumab) sind hier quasi in den Startlöchern. Da alle für die Psoriasis in Österreich zugelassenen Biologika als First-Line-Biologikum (nach Versagen, Unverträglichkeit oder Kontraindikation von Phototherapie und systemischen Therapien laut Regeltext) eingesetzt werden können, kann hier eine für den Patienten individuelle und optimale Therapieentscheidung getroffen werden. In diese fließen bestehende Kontraindikationen gegenüber der Therapie, Komorbiditäten und patientenbezogene Ansprüche an die Therapie ein, was ein umfassendes Wissen der Ärzte voraussetzt und eine zeitintensive Patientenaufklärung.
Öffentliche Aufklärungskampagnen in Kooperation mit der Industrie waren sehr erfolgreich, um eine Awareness in der Bevölkerung zu schaffen, und letztendlich konnte die Psoriasis auch durch die Tatsache, dass sehr effektive Therapeutika verschreibbar wurden, enttabuisiert werden. Heute ist es für uns schwer vorstellbar, dass die Psoriasis und die Lepra einst lediglich durch gemeinsame phänotypische Stigmatisierung in einer Schublade waren. Momentan erfolgt die Behandlung von Psoriasispatienten, welche sich für eine Biologikatherapie qualifizieren, aus bereits genannten Gründen vorwiegend in Spitalsambulanzen. Die Behandlung könnte zukünftig durch veränderte Voraussetzungen auch mehr auf den niedergelassenen Bereich ausgeweitet werden, um mehr Kapazität zu schaffen und um den Therapiezugang für Patienten zu erleichtern. Andererseits gibt es aber immer noch therapeutische Herausforderungen in der Behandlung von Psoriasispatienten zu meistern, wie z. B. die palmoplantare Pustulose, stark übergewichtige oder (mitunter multipel) therapierefraktäre Patienten. Die Kostenfrage ist berechtigt und wird uns ein wirtschaftliches (Um-)Denken abverlangen.