Die Ursachen für das in den letzten Jahren weltweit zunehmende Problem der Bakterien mit Resistenz gegen Antibiotika sind im wahrsten Sinn des Wortes „multifaktoriell“. Wir erleben ja, dass nicht nur immer mehr Erreger gegen Antibiotika resistent werden, sondern auch, dass einzelne Erreger gegen immer mehr Antibiotika resistent werden. Omniresistenz bedeutet, dass der Erreger gegen alle der etablierten Therapeutika resistent ist, und ist auch in unseren Krankenhäusern kein Fremdwort mehr.
Die Gründe dafür sind einerseits patientenbezogen, wie z. B. die missbräuchliche Antibiotika-Gabe beim Hausarzt oder die unnötige Anwendung der „antibiotischen Abschirmung“ in unseren Krankenanstalten. Andererseits sollte die Rolle des exzessiven Einsatzes von Antibiotika als „Massen-Therapeutika“ in der industriellen Tierhaltung oder als wachstumsfördernde Substanzen in der Landwirtschaft nicht unterschätzt werden. In Summe führt das zu einer zunehmenden „Vergiftung“ der Umwelt durch resistente Keime, die aus den genannten Bereichen freigesetzt werden.
Die Zunahme antibiotikaresistenter Erreger in der natürlichen Umgebung mag für Länder wie Österreich, für die diese „Umgebungskontamination“ zwar nachgewiesen ist, die klinischen Implikationen aber fehlen, wenig interessant sein. Die Divergenz zwischen den ESBL-Enterobakterien in der Donau und dem geringen ESBL-Risiko in Wien – im Gegensatz zum Hochrisiko in New Delhi – erklärt sich jedoch einfach durch die Wiener Hochquellleitung! Über Wasser dieser Qualität verfügt ein Einwohner von Bombay, Karachi oder Kabul nicht. Funktionierende Abwassersysteme und sauberes Trinkwasser wären – neben den anerkannten Prinzipien der Hygiene in Krankenhäusern – weltweit die wirksamsten Einrichtungen gegen die Ausbreitung antibiotikaresistenter Mikroorganismen.
Dessen ungeachtet liegt es in der Verantwortung jeder Krankenanstalt, im eigenen Bereich die Anwendung von Antibiotika soweit zu organisieren, dass das Risiko von Antibiotika-assoziierten Komplikationen möglichst minimiert wird. Das betrifft nicht nur antibiotikaresistenz, sondern in besonderem Maße auch die typische Komplikation einer Therapie mit Antibiotika, die antibiotikaassoziierte Clostridium-diffizile-Diarrhö.
Das Prinzip eines Antibiotic-Stewardship-Programms (ASP) – wie es in absehbarer Zeit auch als Vorgabe eines Qualitätsstandards von Seiten des Gesundheitsministeriums zu erwarten ist – liegt darin, dass die Krankenanstalt Organisationsstrukturen, die sich ausschließlich mit der Anwendung von Antibiotika befassen, einrichten muss. Gefragt ist die Zusammenarbeit von Mikrobiologen, Hygienikern, falls vorhanden Infektiologen oder kompetenten Fachärzten und insbesondere antibiotikabeauftragten Apothekern. Diese Gruppe muss sich nun an den unterschiedlichen Abteilungen einer Krankenanstalt „verankern“, z. B. durch Gründung von Antibiotika-Arbeitsgruppen oder -Kommissionen, eine Kommunikationsstruktur aufbauen und auf diesem Weg auch hausweite Standards etablieren.
Interessant wird in der Folge die Weiterentwicklung vom Qualitätsstandard zur gelebten Praxis, die sich dann auch in Audits widerspiegeln sollte. Die Frage, wie oft die Theorie in der Praxis umgesetzt wird, ist das eigentliche Qualitätsprodukt. Um dies zu erreichen, müssen Ressourcen bereitgestellt werden. Vor 20 Jahren gab es in unseren Häusern heftige Diskussionen, ob es Hygieneteams und hygienebeauftragte Ärzte geben muss, die Diskussion über das ASP-Team mit den entsprechenden Beauftragten wird in Bälde geführt werden müssen.
Dr. Oskar Janata