Antientzündliche Ernährung – Potenzial zur Vermeidung chronischer Erkrankungen

Die Bezeichnung „stille Entzündungen“ beschreibt geringgradige chronische Entzündungsreaktionen, die nicht aufgrund von offensichtlichen Gewebsschäden oder Infekten ausgelöst werden und mit pathologischen Veränderungen bei chronisch-degenerativen Erkrankungen eng verwoben sind. So kommt es bei Adipositas, als Folge einer übermäßigen Kalorien- und Nährstoffzufuhr, zur chronischen Entzündung, welche Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes induzieren kann.1 Zusätzlich sind zirkulierende Entzündungsmarker, wie das CRP oder Interleukin-6 (IL-6), unabhängige Risikofaktoren für das Entstehen von Diabetes oder kardiovaskulären Erkrankungen mitverantwortlich.2, 3
Stille Entzündungen sind in die Pathogenese von Adipositas, Typ-2-Diabetes, kardiovaskulärer und chronisch-degenerativer Erkrankungen involviert. Die Möglichkeit, diese Krankheitsbilder durch antientzündliche Ernährung günstig beeinflussen zu können, wird zunehmend durch wissenschaftliche Evidenz untermauert. In diesem Sinne fokussiert dieser Beitrag unter anderem auf Kalorienrestriktion, die Qualität der Diätfette und mediterrane Diät als Komponenten einer antientzündlichen Ernährung.

Ernährung als Entzündungsauslöser

Gesättigte Fettsäuren, Transfettsäuren, ein hoher glykämischer Index, aber auch übermäßige Energiezufuhr an sich können chronische Entzündungen induzieren.4 Innerhalb einiger Stunden nach einer fett- und kohlenhydratreichen Mahlzeit kommt es zu einer Aktivierung des proinflammatorischen Transkriptionsfaktors NF-kappa B in den Monozyten und neutrophilen Granulozyten von gesunden Probanden. Besonders bei Adipösen oder Diabetikern kommt es zusätzlich noch zu einer erhöhten Konzentration von zirkulierenden Entzündungsmarkern, wie IL-6 (Interleukin-6) oder CRP (C-reaktives Protein).5, 6 Auf Dauer ist die Konzentration dieser zirkulierenden proinflam­matorischen Marker bei adipösen Patienten bis zu 10-fach höher als bei schlanken Vergleichsgruppen.

Kalorienrestriktion

Eine relativ unspezifische Gegensteuerung dieser Entzündungsgeschehen bietet die Kalorienrestriktion. Zahlreiche Tiermodelle belegen die antioxidativen und entzündungshemmenden Wirkungen einer Kalorienrestriktion um ca. 40 % des täglichen Energiebedarfs. Diese Wirkungen basieren auf der Reduktion entzündlicher Stimuli, beeinflussen aber auch den Stoffwechsel und die Genexpression aktiv.7 Eine Kalorienrestriktion bewirkt bei adipösen Patienten eine deutliche Verbesserung des entzündlichen Profils, die durch eine Senkung der zirkulierenden Konzentration von IL-6, CRP und TNF-α (Tumor Necrosis Factor α) charakterisiert wird.8

Zusammensetzung der Diätfette

Um die Adipositas-assoziierte Entzündung und das kardiovaskuläre Risiko günstig zu beeinflussen, ist die Zusammensetzung der Diätfette von äußerster Wichtigkeit. Im Gegensatz zu den proinflammatorischen gesättigten Fettsäuren und Transfettsäuren wirken mono-ungesättigte Fettsäuren und mehrfach ungesättigte Fettsäuren antientzündlich und kardioprotektiv. Baer et al. zeigten, dass eine 8%ige Substitution der Gesamtfette mit Ölsäure (C18:1) zu einer signifikanten Reduktion der zirkulierenden IL-6-Konzentration führte.9

Omega-3 vs. Omega-6: Was den antientzündlichen Effekt von mehrfach ungesättigten Fettsäuren betrifft, muss man klar zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren unterscheiden. Ramsden et al. fanden in einer Metaanalyse randomisierter kontrollierter Studien, dass eine Reduktion des kardiovaskulären Risikos durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren allein auf die günstigen Effekte von Omega-3-Fettsäuren zurückzuführen sind, während Omega-6-Fettsäuren das kardiovaskuläre Risiko tendenziell sogar erhöhten.10 Dies ist nicht überraschend, da die Arachidonsäure (C20:4n-6) der Vorläufer von vornehmlich entzündlichen Eikosanoiden wie Pros­taglandinen oder Leukotrienen ist. Hingegen hemmen langkettige Omega-3-Fettsäuren die Bildung und inflammatorischen Effekte von Omega-6-Fettsäure-Derivaten. Entsprechend haben die langkettigen, mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA; C20:5n-3) und Docosahexaensäure (DHA; C22:6n-3), die vermehrt in Lachs, Thunfisch, Hering und Makrele vorkommen, ihre antientzündliche und kardioprotektive Wirkung sowohl in Tiermodellen als auch in klinischen Studien wiederholt unter Beweis gestellt. Langkettige Omega-3-Fettsäuren unterdrücken die TNF-Sezernierung11, reduzieren die Expression entzündlicher Gene im Fettgewebe adipöser Patienten (Itariu et al., Manuskript in Druck) und sind Vorläufer von antientzündlichen Eikosanoiden, wie Resolvinen und Protektinen, die aktiv an der Auflösung eines entzündlichen Geschehens mitwirken.12

Diät und bioaktive Substanzen

Mediterrane Diät: Ein gutes Beispiel eines antientzündlichen Ernährungsmusters ist die mediterrane Diät, deren Umsetzung oftmals negativ mit zirkulierenden Entzündungsmarkern assoziiert worden ist.13 Diese umfasst einen hohen Anteil an Gemüse, Früchten, Nüssen, Hülsenfrüchten, Olivenöl und Fisch und einen moderaten Alkoholkonsum (hauptsächlich Wein). Die antientzündliche Wirkung könnte unter anderem durch den Effekt verschiedener bioaktiver Substanzen aus Gemüse und Früchten zustande kommen, nämlich Karotinoide, Glucosinolate, Saponine, Polyphenole, Ballaststoffe etc. So zeigte sich bei gesunden Probanden nach 3-wöchiger Diät mit 30 g Ballaststoffen/Tag eine signifikante Senkung des CRP-Spiegels, was auf die Verlangsamung der Glukoseabsorption und die Modulation antientzündlicher Zytokine zurückgeführt werden könnte. Andere Studien fanden Assoziationen zwischen Vitamin C, Vitamin E und Karotinoiden und einem gesenkten CRP-Spiegel.14 Trotzdem ist die aktuelle Evidenz für spezifische Effekte einzelner Gemüse- und Obstsorten nicht überzeugend, während eine hohe Gesamtaufnahme von Gemüse und Früchten mit einem verbesserten Entzündungsprofil einhergeht.6

Zone-Diät: Die sog. Zone-Diät eignet sich besonders zur Abwendung „stiller“ Entzündungen, da sie zusätzlich zur mediterranen Diät auf einer optimalen Energieverteilung von Kohlenhydraten:Proteinen:Fett (40:30:30) basiert. Anhand der zirkulierenden CRP-Konzentration zeigte diese Makronährstoffverteilung eine deutliche antientzündliche Wirkung im Vergleich zu einer empfohlenen fettarmen Diät. Zone-Diät.16 Als Kohlenhydratquelle werden Gemüse und viele Obstsorten empfohlen, da ein niedriger glykämischer Index Entzündungen vorbeugen kann. Eine erhöhte Zufuhr hochwertiger Nahrungseiweiße wird auf Grund der verbesserten metabolischen Kontrolle und Blutdruckeinstellung befürwortet. Monoungesättigte Fettsäuren (z. B. Olivenöl) und langkettige Omega-3-Fettsäuren (> 2 g pro Tag aus Fischölkapseln) werden gesättigten Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren vorgezogen.

1 Gregor MF, Hotamisligil GS. Inflammatory mechanisms in obesity. Annu Rev Immunol 2011;29:415-45.
2 Pradhan AD, Manson JE, Rifai N, Buring JE, Ridker PM. C-reactive protein, interleukin 6, and risk of developing type 2 diabetes mellitus. Jama 2001;286:327-34.
3 Danesh J, Kaptoge S, Mann AG, Sarwar N, Wood A, Angleman SB, Wensley F, Higgins JP, Lennon L, Eiriksdottir G, et al. Long-term interleukin-6 levels and subsequent risk of coronary heart disease: two new prospective studies and a systematic review. PLoS Med 2008;5:e78.
4 Mozaffarian D, Pischon T, Hankinson SE, Rifai N, Joshipura K, Willett WC, Rimm EB. Dietary intake of trans fatty acids and systemic inflammation in women. Am J Clin Nutr 2004;79:606-12.
5 Aljada A., Mohanty P., Ghanim H., Abdo T., Tripathy D., Chaudhuri A., Dandona P: Increase in intranuclear nuclear factor kappaB and decrease in inhibitor kappaB in mononuclear cells after a mixed meal: evidence for a proinflammatory effect. Am J Clin Nutr 2004; 79:682-90
6 Calder P.C., Ahluwalia N., Brouns F., Buetler T., Clement K., Cunningham K., Esposito K., Jonsson L.S., Kolb H., Lansink M. et al.: Dietary factors and low-grade inflammation in relation to overweight and obesity. Br J Nutr 2011; 106 Suppl 3:S5-78
7 Fontana L.: Neuroendocrine factors in the regulation of inflammation: excessive adiposity and calorie restriction. Exp Gerontol 2009; 44:41-5
8 Gonzalez O., Tobia C., Ebersole J., Novak M.J.: Caloric restriction and chronic inflammatory diseases. Oral Dis 2011; 18:16-31
9 Baer D.J., Judd J.T., Clevidence B.A., Tracy R.P.: Dietary fatty acids affect plasma markers of inflammation in healthy men fed controlled diets: a randomized crossover study. Am J Clin Nutr 2004; 79:969-73
10 Ramsden C.E., Hibbeln J.R., Majchrzak S.F., Davis J.M.: n-6 fatty acid-specific and mixed polyunsaturate dietary interventions have different effects on CHD risk: a meta-analysis of randomised controlled trials. Br J Nutr 2010; 104:1586-600
11 Endres S., Ghorbani R., Kelley V.E., Georgilis K., Lonnemann G., van der Meer J.W., Cannon J.G., Rogers T.S., Klempner M.S., Weber P.C. et al.: The effect of dietary supplementation with n-3 polyunsaturated fatty acids on the synthesis of interleukin-1 and tumor necrosis factor by mononuclear cells. N Engl J Med 1989; 320:265-71
12 Serhan C.N., Chiang N.: Endogenous pro-resolving and anti-inflammatory lipid mediators: a new pharmacologic genus. Br J Pharmacol 2008; 153 Suppl 1:S200-15
13 Shai I., Schwarzfuchs D., Henkin Y., Shahar D.R., Witkow S., Greenberg I., Golan R., Fraser D., Bolotin A., Vardi H. et al.: Weight loss with a low-carbohydrate, Mediterranean, or low-fat diet. N Engl J Med 2008; 359:229-41
14 Watzl B.: Anti-inflammatory effects of plant-based foods and of their constituents. Int J Vitam Nutr Res 2008; 78:293-8
15 Forsythe C.E., Phinney S.D., Fernandez M.L., Quann E.E., Wood R.J., Bibus D.M., Kraemer W.J., Feinman R.D., Volek J.S.: Comparison of low fat and low carbohydrate diets on circulating fatty acid composition and markers of inflammation. Lipids 2008; 43:65-77
16 Sears B., Bell S.: The zone diet: an anti/inflammatory, low glycemic-load diet. Metab Syndr Relat Disord 2004; 2 (1):24-38