Entzündungsbedingte Erkrankungen sind in den industrialisierten Ländern auf dem Vormarsch. Immer mehr Daten zeigen, dass auch atherosklerotische Herz-Kreislauf- und Stoffwechselkrankheiten wie Typ-2-Diabetes eine entzündliche Grundlage haben. Dementsprechend werden derzeit intensiv antiinflammatorische Medikamente entwickelt und einzelne Substanzen bereits klinisch hinsichtlich ihrer protektiven Wirkung auf Diabetes und kardiovaskuläre Ereignisse getestet.
Adipositas ist die Grundlage für Insulinresistenz und der Wegbereiter für Typ-2-Diabetes. Adipositas geht meist mit einer geringgradigen („stillen“) systemischen Entzündungsreaktion einher, die ihren Ursprung im Fettgewebe hat. Entsprechend der Bedeutung der viszeralen Adipositas für das kardiometabolische Risiko ist das viszerale Fettgewebe besonders anfällig für entzündliche Veränderungen. Dazu kommt, dass inflammatorische Botenstoffe aus dem viszeralen Fettgewebe direkt über den Portalkreislauf in hoher Konzentration in der Leber erscheinen und damit den Stoffwechsel in seinem zentralen Organ beeinflussen. So resultiert besonders die viszerale Adipokinproduktion in einer vermehrten hepatischen Sekretion des C-reaktiven Proteins (CRP). Wenn auch nicht alle Entzündungsvorgänge das CRP in gleicher Weise beeinflussen, so kann das hochsensitiv gemessene hs-CRP doch als ein verlässlicher klinischer Marker für ein erhöhtes kardiometabolisches Risiko herangezogen werden. CRP-Werte von etwa 0,3 mg/dl (3 mg/l) oder mehr sind mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Diabetes verbunden.
Eine Reihe von erfolgreichen Interventionen zur Therapie der Adipositas bewirken auch einen deutlichen Rückgang systemischer Entzündungszeichen. Dazu gehören die therapeutische Lebensstilintervention, bariatrische Chirurgie und Antidiabetika wie Glitazone und Metformin.
Auf der kardiovaskulären Seite sind Statine bekannt dafür, dass sie nicht nur effektiv das LDL-Cholesterin senken, sondern auch das hs-CRP halbieren. Die JUPITER-Studie hat deshalb speziell Patienten mit gering erhöhtem hs-CRP (> 2 mg/l) inkludiert und durch Rosuvastatin eine dramatische Senkung der kardiovaskulären Morbidität erzielt, welche in etwa zur Hälfte auf den antiinflammatorischen Effekt zurückgeführt wurde. Offensichtlich sind aber die Mechanismen der Entzündungsreaktion, die zu kardiovaskulären Ereignissen führen, nur zum Teil ident mit denen, die Insulinresistenz und Diabetes zu Grunde liegen. So kommt es durch Statine sogar zu einer geringen Erhöhung des Diabetes-Inzidenz.
Aufgrund des im routinemäßigen klinischen Setting sehr eingeschränkten Erfolgs konservativer Maßnahmen auf das Körpergewicht wären zielgerichtete antiinflammatorische Maßnahmen wünschenswert, um die wesentlichsten Komplikationen der Adipositas wie Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen zu verhindern. Neben der Identifikation von Zielmolekülen und der Entwicklung neuer Substanzen wurden und werden derzeit eine Reihe von zugelassenen antiinflammatorischen Medikamenten auf ihre Wirkung zur Verhinderung atherosklerotischer Gefäßerkrankungen und Typ-2-Diabetes klinisch getestet.
Salsalat: Begonnen wurde mit Salsalat, einem nicht-azylierten Derivat der Salizylsäure, das bereits im 19. Jahrhundert erstmals seine antidiabetische Wirkung in Fallstudien gezeigt hat. Mehrere Untersuchung haben rezent bestätigt, dass Salsalat in höherer Dosierung (3–4 g/Tag) bei adipösen Patienten antiinflammatorisch wirkt und das Adipokin-Profil und die glykämische Kontrolle verbessert. Die antiinflammatorische Wirkung scheint sich besonders auf die Funktion der Pankreas-Inseln auszuwirken, da sich in erster Linie die Insulin-Sekretion deutlich verbesserte. Bei Patienten mit Prädiabetes reduziert Salsalat auch die Insulinresistenz. Ob die Wirkung von Salsalat auf den (Prä-)Diabetes auf eine Hemmung des NF-κB-Signalweges oder auf eine Veränderung der Eicosanoid-Produktion, also den üblichen Wirkmechanismus von Salizylaten, zurückzuführen ist, muss weiter untersucht werden.
Methotrexat: Der Entzündungshemmer Methotrexat zeigte bei Patienten mit rheumatoider Arthritis einen klaren kardiovaskulären Vorteil. Ob dies auch für Patienten mit KHK zutrifft, wird derzeit in der CIRT-Studie bei mehr als 7.000 Patienten untersucht.
Die meisten Zytokin-spezifischen Interventionen bei (Prä-)Diabetes richten sich derzeit gegen den Interleukin-(IL)-1-Signalweg.
IL-1-Antikörper: Mit Anakinra wurde erstmals gezeigt, dass die Hemmung der IL-1β-Wirkung die glykämische Kontrolle verbessert. Da IL-1β besonders in der Inselentzündung bei Typ-2-Diabetes eine Rolle spielt, war auch hier die Wirkung in erster Linie in einer Erholung der Betazellfunktion zu sehen.
Erste positive Ergebnisse zur HbA1c gibt es bereits vom IL-1β-spezifischen monoklonalen Antikörper Canakinumab, der derzeit in einem vielseitigen Studienprogramm zu Diabetes und kardiovaskulärer Prävention untersucht wird. In der CANTOS-Studie wird Canakinumab bei über 17.000 Teilnehmern mit stabiler KHK nach Myokardinfarkt, die eine persistierende Erhöhung von hs-CRP (≥ 2 mg/l) aufweisen, hinsichtlich ihrer kardiovaskulären Morbidität und Mortalität getestet. In einer placebokontrollierten Dosisfindungsstudie wurde mit dem IL-1β-Antikörper Gevokizumab eine HbA1c-Senkung von bis zu 0,85 % erreicht, welche durch reduziertes hsCRP, eine verbesserte Inselfunktion und reduzierte Insulinresistenz charakterisiert war.
Chemokin-Blocker: Die Adipositas-assoziierte Entzündung geht mit einer Infiltration des Fettgewebes mit Makrophagen einher, die zahlreiche Entzündungsmediatoren lokal produzieren. Studien mit Nagern haben gezeigt, dass der Chemokinrezeptor CCR2, der u. a. durch das Monozyten-attrahierende Protein 1 (MCP-1) aktiviert wird, für die Immigration von Makrophagen ins Fettgewebe und die Gefäßwand eine wesentliche Rolle spielt. CCR2-Blocker werden derzeit auf ihre protektive Rolle in der kardiometabolischen Prävention untersucht, der Nachweis einer klinischen Wirkung ist aber bis dato noch ausständig.