Management der Leberzirrhose – Auf Prognose-limitierende Komplikationen Einfluss nehmen

Management der Grundkrankheit: Auch wenn das Zirrhosestadium bereits eingetreten ist, kann die Grundkrankheit bei entsprechender Aktivität den Krankheitsverlauf weiter verschlechtern. Eine Exazerbation der Grundkrankheit ist ein möglicher Auslöser für das akut-auf-chronische Leberversagen, welches mit einer schlechten Prognose verbunden ist. Klassisches Beispiel ist die schwere, auf eine Leberzirrhose aufgepfropfte alkoholische Hepatitis, welche anhand aktueller Leitlinien nach histologischer Verifizierung der Diagnose (idealerweise mittels transjugulärer Leberbiopsie) bei höherem Schweregrad (Maddrey’s DF > 32 oder MELD >18) bei fehlenden Kontraindikationen gegen Steroide eine 4-wöchige Prednisolontherapie erhalten sollen. Eine zugrunde liegende HBV-Infektion sollte im Zirrhosestadium aber auch schon bei höhergradiger Fibrose (METAVIR F3) unabhängig von der Höhe der Virämie mit nukleosid-/nukleotid- Analoga behandelt werden, vorzugsweise Entecavir oder Tenofovir (hohe Resistenzbarriere), damit kann sogar eine Dekompensation wieder reversibel sein. Eine HCV-Infektion kann prinzipiell auch im Zirrhosestadium antiviral behandelt werden (Peginterferon/Ribavirin +/– Proteasehemmer); dies ist aber nur in frühen Zirrhosestadien (HVPG < 10 mmHg/keine Varizen) wirklich zielführend, bei fortgeschritteneren Stadien (HVPG >10 mmHg/Varizen vorhanden) kann eine Heilung leider nur selten erreicht werden.

Kompensierte Zirrhose: Schutzimpfungen gegen Hepatitis A/B, Influenza und Pneumokokken sind im Stadium der kompensierten Zirrhose empfehlenswert, da diese Infektionen sonst zu einer erhöhten Dekompensationsrate und Mortalität führen. nicht-steroidale Antirheumatika sollen wegen der Gefahr einer nierenfunktionsverschlechterung gemieden werden. Eine Überwachung (Surveillance) hinsichtlich der Entwicklung eines HCC ist kosteneffektiv und sollte mittels Sonografie alle 6 Monate durchgeführt werden.

Komplikationen der Leberzirrhose: Der Verlauf einer Leberzirrhose wird durch prognoselimitierende Komplikationen wesentlich beeinflusst. Die meisten dieser Komplikationen sind Ausdruck einer progredienten portalen Hypertension, wie Ösophagusvarizen, Aszites oder hepatische Enzephalopathie; demgegenüber kann in allen Zirrhosestadien eine maligne Transformation im Sinne des hepatozellulären Karzinoms eintreten.

Akute Varizenblutung: Die kontinuierliche Verbesserung im Management der akuten Varizenblutung führte in den letzten Jahrzehnten zu ein wesentlichen Verbesserung der Prognose, dennoch stellt diese weiterhin eine lebensgefährliche Komplikation der Leberzirrhose dar (Hospital-Mortalität derzeit 15–20 %). Therapieziele sind nicht nur die unmittelbare Blutungskontrolle, sondern auch die Vermeidung von Blutungsrezidiven und die Verhütung sekundärer Komplikationen wie Infektionen. Initial steht die Kreislaufstabilisierung sowie ggf. Sicherung der Atemwege im Vordergrund. Eine Übertransfusion sollte vermieden werden (Ziel-Hämoglobin 8 g/dl). Weitere Säulen sind die initiale pharmakologische Pfortaderdrucksenkung mit Terlipressin, die rasche endoskopische Therapie mittels Varizenligation (notfallendoskopie innerhalb von 12 Stunden) sowie die adjuvante pharmakologische Therapie (Pfortaderdrucksenkung mit Terlipressin oder Somatostatin für 2–5 Tage; prophylaktische Antibiotikagabe, z. B. mit Ceftriaxon). Bei Blutungsrezidiven kann die Blutung mittels Ballontamponade oder neuerdings mit dem Ella- Danis-Stent vorübergehend kontrolliert werden, bis eine definitivere Lösung (Re-Endoskopie oder TIPS) verfügbar wird.
Bei Hochrisikosituation (Child-C-Zirrhose bzw. Child-B-Zirrhose mit aktiver Varizenblutung zum Zeitpunkt der Endoskopie) kann die Mortalität durch eine frühzeitige TIPS-Anlage (innerhalb von 72 Stunden nach dem Blutungsereignis) deutlich gesenkt werden.

Aszites: Die wichtigsten Säulen der Aszitestherapie sind Kochsalzrestriktion, Diurese mit Spironolakton +/– Furosemid und das Meiden von nephrotoxischen Substanzen (nSAR, Kontrastmittel). Bei Therapieresistenz kommt primär die großvolumige Parazentese zum Einsatz, wobei zur Prophylaxe einer sog. Post- Parazentese zirkulatorischen Dysfunktion eine Albumininfusion (10 g/Liter Aszites) angeschlossen werden soll. Bei Versagen der Parazentesetherapie (rasche Rezidive/kurzes Punktionsintervall) kommt eine TIPS-Anlage in Frage, diese ist jedoch kontraindiziert bei terminaler Leberinsuffizienz (Child-Pugh- Score > 12). In einer rezenten Pilotstudie konnte die Asziteskontrolle durch orale Gabe des α-Mimetikums Midodrin (Gutron®) verbessert werden.

Hepatorenales Syndrom (HrS): Das HRS ist eine funktionelle, potenziell reversible nierenfunktionsstörung, welche auf einer systemischen (besonders splanchnischen) Vasodilation und konsekutiven renalen Vasokonstriktion beruht. nicht jede akute niereninsuffizienz bei Leberzirrhose ist ein HRS. Weitere häufige Ursachen sind prärenales nierenversagen bei Dehydratation, akute Tubulusnekrose und Kontrastmittelnephropathie. Zu den diagnostischen Kriterien für HRS zählen Zirrhose mit Aszites, Kreatinin > 1,5 mg/dl, keine Besserung nach 2-tägiger Diuretikapause und Plasmavolumenexpansion mit Albumin sowie Fehlen von nephrotoxischen Substanzen und intrinsischer Nierenerkrankung.
Das HRS Typ 2 ist meist mit diuretikaresistentem Aszites vergesellschaftet, bei zusätzlicher Infektion (klassischerweise SBP) kann es zur akuten Exazerbation im Sinne eines HRS Typ 1 kommen, welches aber mittels Infusion von Vasokonstriktoren und Albumin meist gut beherrscht werden kann. Bisher wurde als Vasokonstriktor primär Terlipressin (Bolusgabe oder kontinuierlich) empfohlen, anhand rezenter Daten ist Noradrenalin eine gleichwertige, aber kostengünstigere Alternative.

Hepatische Enzephalopathie (HE): Die HE verläuft meist in Schüben (episodische HE), welche durch bestimmte Trigger wie Infektion, Varizenblutung, Dehydratation oder Elektrolytentgleisung ausgelöst werden. Vorrangig ist daher die Kontrolle der Auslöser, bereits dadurch kann die HE in vielen Fällen gebessert werden. Parallel wird zur Ammoniak-Senkung Laktulose und/oder Ornithin-Aspartat eingesetzt. neben der Akuttherapie ist die Prophylaxe weiterer HE-Episoden ein wichtiges Therapieziel, dies kann anhand rezenter Daten mit langfristiger Gabe von Laktulose +/– Rifaximin erreicht werden.

Hepatopulmonales Syndrom (HPS) und portopulmonale Hypertonie (PoPH): Pulmonal-vaskuläre Komplikationen der Leberzirrhose treten meist im Zuge einer Lebertransplantations- Evaluierung zutage. Dabei beträgt die Prävalenz 15–30 % für das HPS und 5–6 % für die PoPH.
Zum Screening auf HPS empfiehlt sich die Pulsoxymetrie beim sitzenden Patienten, bei pathologischem Befund (SPO2 < 97 %) sollte mit Kontrastechokardiografie und Blutgasanalyse weiter abgeklärt werden. Therapeutisch ist in schweren Fällen eine Langzeit-Sauerstofftherapie indiziert.
Zum Screening auf PoPH eignet sich die Echokardiografie mit Abschätzung des systolischen pulmonalarteriellen Drucks, bei pathologischem Befund (sPAP > 50 mmHg) ist zur Diagnosesicherung ein Rechtsherzkatheter indiziert. Therapeutisch kommen u. a. Endothelin- Rezeptor-Antagonisten in Frage

Akut-auf-chronisches Leberversagen und artifizieller Lebersupport: Das akut-auf-chronische Leberversagen wird definiert als akute Verschlechterung einer vorbestehenden chronischen Lebererkrankung, ausgelöst durch bestimmte Trigger (wie Infektion, Varizenblutung, Exazerbation der Grundkrankheit), mit erhöhter Kurzzeit-Mortalität infolge Multiorganversagen. Die Prognose ist ohne rasche Lebertransplantation infaust (Mortalität ≥ 50 %), letztere ist aber meist nicht rechtzeitig verfügbar. Zur Unterstützung der Leberfunktion wurden in dieser Situation vielfach artifizielle Lebersupport- Systeme wie MARS oder Prometheus eingesetzt, welche durch Entgiftung Albumingebundener Toxine die Leberregeneration fördern sollen. Rezente randomisierte Vergleichsstudien konnten jedoch für keines der beiden Systeme einen Benefit belegen (kein Überlebensvorteil gegenüber Standardtherapie).

Klinische Zirrhosestadien und Prognose: Klassischerweise wird die Leberzirrhose in ein kompensiertes (2-Jahres-Überleben 90 bis 95 %) und ein dekompensiertes Stadium (2-Jahres-Überleben ca. 50 %) unterteilt. Eine detailliertere Klassifizierung der Zirrhose in 5 klinische Stadien wurde kürzlich von D’Amico vorgeschlagen, welche eine genauere Abschätzung der Prognose erlaubt (Tab.).
Die wichtigsten Prognoseparameter im Hinblick auf eine Lebertransplantation stellen der Child-Pugh-Score (für die mittelfristige Prognose) und der MELD-Score (für die Kurzzeit- Prognose) dar. Letzterer kann mit dem Website- Calculator der Mayo Clinic sehr einfach berechnet werden (www.mayoclinic.org/gi-rst/ mayomodel6.html). Eine Lebertransplantation ist bei Leberzirrhose grundsätzlich – beim Fehlen von Kontraindikationen – bei einem Child-Pugh-Score ≥ 8 bzw. einem MELD-Score > 18 indiziert.

 

FACT-BOX

Die Saulen im Management der Leberzirrhose sind Therapie der Grundkrankheit, Management der Komplikationen und – bei geeigneten Patienten – optimales Timing der Lebertransplantation.

Therapie der Grundkrankheit:

  • Entecavir oder Tenofovir bei HBV-Infektion
  • Anti-HCV-Therapie nur bei frühen Zirrhosestadien zielfuhrend
  • Prednisolon bei schwerer alkoholischer Hepatitis

Management der varizenblutung:

  • Primärprophylaxe mit Propranolol oder Carvedilol
  • Sekundärprophylaxe mit kombinierter pharmakologisch-endoskopischer Therapie
  • bei akuter Varizenblutung initial Terlipressin, rasche Notfallendoskopie, adjuvante  Therapie mit Vasokonstriktor und Antibiotikum, frühzeitiger TIPS bei Hochrisiko-Patienten

Management des hepatorenalen Syndroms:

Infektsuche, Vasokonstriktor (Terlipressin oder Noradrenalin) plus Albumininfusion

Management der hepatischen Enzephalopathie:

Beherrschung des Auslosers, Laktulose, Ornithin-Aspartat, Rifaximin