Bildgebung bei Großgefäßvaskulitiden (LVV)

Internationale und nationale Guidelines unterstreichen die Notwendigkeit einer frühen Diagnosesicherung und Therapieeinleitung zur Vermeidung von akuten Komplikationen und chronischen Entzündungsprozessen bei PatientInnen mit Großgefäßvaskulitis (LVV).1, 2
Mit modernen bildgebenden Verfahren wie Ultraschall, 18F-Fluordesoxyglukose-Positronenemissionstomografie (in Kombination mit Computertomografie) (FDG-PET[/CT]), Magnetresonanztomografie/-angiografie (MRI/MRA) und CT/CTA (CT-Angiografie) kann dies rascher und mit höherer Genauigkeit erfolgen als mit der Temporalarterienbiopsie, dem früheren Goldstandard der RZA-Diagnostik.3 Voraussetzung hierfür ist die Verfügbarkeit von entsprechendem Equipment und Know-how. Nach neuen Guidelines kann dann bei hohem klinischem Verdacht die Diagnose einer Großgefäßvaskulitis bildgebend, z. B. mit Ultraschall, ohne weitere Tests gesichert bzw. bei niedriger klinischer Wahrscheinlichkeit und negativen Bildgebungsresultaten ausgeschlossen werden (Abb. 1).1, 2
Die bildgebenden Verfahren bieten unterschiedliche Chancen und Herausforderungen in der Diagnostik der verschiedenen Formen der Großgefäßvaskulitis. Bei klinischem Verdacht soll eine rasche Therapieeinleitung jedoch nie durch die Bildgebung verzögert werden, weswegen die Wahl des jeweiligen Verfahrens zur Diagnosesicherung von den lokalen Verfügbarkeiten abhängt.1, 4

Hintergründe

Zum Formenkreis der Großgefäßvaskulitiden zählen zuvorderst die Riesenzellarteriitis (RZA) und die Takayasu-Arteriitis (TAK), wobei letztere gehäuft in jüngeren Altersgruppen und mit weiblicher Prädominanz auftritt.
Entzündungsprozesse in der Wand mittlerer und großer Arterien können einerseits zu akutbedrohlichen Komplikationen wie permanentem Sehverlust oder auch zu chronischen Veränderungen der Wandstrukturen von Arterien führen (Stenosen + Okklusion). Dies kann vor allem durch eine frühe Therapieeinleitung verhindert werden.

Ultraschall

Die EULAR empfiehlt die Sonografie als Erstlinien-Test in der diagnostischen Abklärung derGroßgefäßvaskulitis.1
Für die Riesenzellarteriitis liegt der Hauptfokus der Abklärung auf den gut zugänglichen und häufig betroffenen Aa. (Arteriae) temporalis und axillaris. Entsprechend den EULAR-Empfehlungen zur Anwendung der Bildgebung im Management der LVV sowie den Studien der OMERACT-US-LVV-Gruppe wurden das „Halo“- und das „Compression-Sign“ als leicht reproduzierbare und im klinischen Alltag praktikabel anwendbare Schlüsselläsionen für die Diagnose der Großgefäßvaskulitis festgelegt (Tab. 1 und Abb. 2).5

Über die rein dichotome Abklärung des Vorhandenseins einer Arteriitis hinausgehend ermöglichen moderne, hochauflösende Ultraschallgeräte eine genauere Untersuchung der Gefäßwände und der dort ablaufenden Entzündungsprozesse. So erlauben Beurteilungen des Intima-Media-Komplexes Aussagen über das Ausmaß und den Verlauf der Krankheitsaktivität wie auch die Unterscheidung von akuten und chronischen Krankheitsstadien.6, 7 Im Rahmen rezent durchgeführter Studien wurden Grenzwerte zur semiquantitativen Einstufung der Intima-Media-Breite ermittelt8 und Scores wie der „Southend Halo Score“ entwickelt, der auf einer Bestimmung der Zahl und Breite der Halos in Temporal- und Axillar-Arterien beruht.9
Die Zeit vom Auftreten der Symptome bis zur Einleitung der Glukokortikoid-Therapie ist entscheidend zur Vermeidung von Komplikationen wie dem plötzlichen Visusverlust, was den Wert einer schnell durchführbaren Untersuchung unterstreicht. In England und Norwegen erfolgreich implementierte Fast-Tracks führen symptomatische PatientInnen einer sehr raschen – u. a. sonografischen – Abklärung zu und reduzieren Erblindungsraten damit um bis zu 88 %.10, 11 Sowohl die EULAR als auch die British Society for Rheumatology empfehlen die Interpretation von Ultraschallergebnissen in Abhängigkeit von im Vorfeld ermittelten klinischen und serologischen Befunden. Bei hoher Vortestwahrscheinlichkeit kann sonografisch die Diagnose gesichert, bei niedriger Vortestwahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Unklare Ergebnisse erfordern weitere Abklärungen mittels alternativer Bildgebungstechniken oder einer Temporalarterienbiopsie (Abb. 2).1, 2 In einer rezent veröffentlichten Studie konnten mit diesem Algorithmus 98 % der RZA-PatientInnen korrekt diagnostiziert werden.12

MRI

Die Magnetresonanztomografie (MRI) bietet einen guten Überblick über Entzündungsprozesse; sowohl in den sonografisch teils schwerer zugänglichen intrathorakalen Ästen der Aorta als auch in distaleren extra- und intrakraniellen Gefäßabschnitten.13 Ein Befall der Viszeraläste der Aorta oder der Aa. subclaviae mit Stenosen und Okklusionen ist eine vor allem im Rahmen der Takayasu-Arteriitis gehäuft auftretende Komplikation. Hier haben sich MRI/MRA – auch aufgrund der fehlenden Strahlenbelastung bei oft jungen PatientInnen – im klinischen Alltag etabliert und werden von der EULAR als Erstlinien-Diagnostik empfohlen.1
Für die RZA haben Studien in etwa vergleichbare Sensitivitäts- und Spezifitätswerte von MRI/MRA und US gezeigt4, 14, wobei die MR-Untersuchung in ihrer Verfügbarkeit meist begrenzter und mit höheren Kosten assoziiert ist.

FDG-PET(/CT)

Der Wert der funktionellen und metabolischen Bildgebung ergibt sich nicht zuletzt aus dem Verständnis des Formenkreises der Großgefäßvaskulitiden als systemisch ablaufende Entzündungssyndrome mit unterschiedlichen Phänotypen, die sich nur in einem Teil der Fälle als isolierte Kopfschmerz-Syndrome präsentieren.15 Stehen konstitutionelle oder polymyalgische Symptome im Vordergrund, ist eine differenzialdiagnostische Abgrenzung zu anderen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sowie zu Infekten oder malignen Prozessen oft schwierig.
Mit der FDG-PET(/CT) können Entzündungsaktivitäten im gesamten Körper lokalisiert undzugeordnet werden. (Semi-)quantitative Scoring-Systeme wie der PETVAS-Score16 oder TBRs (Target-to-Background Ratios) basieren auf einer visuellen Graduierung der Traceraufnahme in suspekten Gefäßabschnitten im Vergleich mit der Leber oder der Definierung von Tracer-Uptake-Cut-off-Werten (SUVmax Values).17 Mit modernen Geräten können auch Entzündungsprozesse in hirnnahen Gefäßen deutlich besser dargestellt werden.18

Andere Methoden

Neben den oben angeführten bildgebenden Methoden gilt es natürlich, die Computertomografie als oft schnell zugängliches und sensitives Verfahren gerade in dringlichen Fällen nicht unerwähnt zu lassen. Auch die CT-Angiografie eignet sich zur differenzialdiagnostischen Abklärung, mit gegenüber der PET vergleichbaren Sensitivitäts- und Spezifitätswerten. Darüber hinaus sind moderne Verfahren wie CEUS (Contrast-enhanced US) oder PET/MRI (niedrigere Strahlenbelastung) und metabolische Marker wie PK-11195 (PET) Gegenstand rezenter und laufender Forschungsarbeiten.19
Tabelle 1 bietet einen Überblick über die wichtigsten Schlüsselläsionen in den verschiedenen Bildgebungsmodalitäten.

Monitoring und Vorhersagen des Outcomes

Wie wir bildgebende Verfahren als Follow-up- und Prognose-Tools nutzen können, ist derzeit noch unklar. Rezent veröffentlichte Studien fanden eine gute Korrelation des „Halo-Signs“ und der Intima-Media-Dicke mit der Krankheitsaktivität, der Glukokortikoid-Dosis und mit Relapse-Raten20 sowie eine gute Anwendbarkeit von Ultraschall oder FDG-PET als Monitoring-Tools bei RZA-PatientInnen unter Tocilizumab-Therapie.21, 22 Da IL-6-Rezeptor-Blocker wie Tocilizumab, Entzündungsmarker wie C-reaktives Protein oder die Blutsenkungsgeschwindigkeit als Monitoring-Marker entwerten, kommt der Bildgebung gerade in diesem Kontext in Zukunft eine wichtige Bedeutung zu.23 Offen bleibt unter anderem, wie bildgebend detektierte Entzündungsaktivitäten in Phasen klinischer Remission zu interpretieren sind.24

Zusammenfassung

Rasche Diagnostik und Therapieeinleitung verbessern Krankheitsverläufe und Outcome von PatientInnen mit Großgefäßvaskulitis. Dies unterstreicht die Bedeutung von schnell verfügbaren, wenig invasiven, reproduzierbaren und genauen diagnostischen Tools. Ultraschall, MRI/MRA und FDG-PET(/CT) haben sich in den letzten Jahren sowohl in Leitlinien als auch im klinischen Alltag zunehmend etabliert. Dem Ultraschall kommt wegen seiner Praktikabilität und ausgezeichneten diagnostischen Wertigkeit eine wichtige Rolle in der Erstlinien-Diagnostik zu, aber auch moderne PET- und MRI-Geräte erlauben eine sehr genaue Darstellung von Entzündungsprozessen in hirnnahen und größeren Arterien. Die Diagnosesicherung soll stets ohne Verzögerung mit dem vor Ort verfügbaren Equipment und Know-how erfolgen.
Noch nicht ausreichend untersucht ist die Rolle der Bildgebung als Monitoring- und Prognose-Tool, und während rezent veröffentlichte und laufende Studien die Bildgebung zunehmend in ihre Einschlusskriterien inkludieren, müssen entsprechende Scores und Kriterien für eine Einordnung bildgebend erhobener Befunde noch etabliert werden.