Mammakarzinom-Patientinnen weisen häufig ossäre Pathologien auf: Diese sind einerseits durch therapieassoziierten, insbesondere im Rahmen von östrogendeprivierenden Langzeit-Therapien auftretenden Knochenverlust, andererseits durch die Prädilektion der Metastasenformation im Knochengewebe bedingt. Genannte Pathologien führen zu einem Verlust der Stabilität des Knochengewebes und sind mit einem erhöhten Risiko für pathologische Frakturen verbunden. Ein Verständnis der biologischen Grundlagen ist essenziell für die Entwicklung neuer Therapiestrategien in diesem Setting.
Die OPG-RANK-RANKL-Triade: Die primäre Entdeckung des Rezeptor-Liganden-Systems der TNFR-Superfamilie erfolgte 1997 mit der Klonierung von
Osteoprotegerin (OPG) – Synonyme: osteoclastogenesis inhibitory factor (OCIF); tumor necrosis factor receptor superfamily, member 11b (TNFRSF11B)
Receptor Aktivator of NF-κB – Synonyme: RANK; osteoclast differentiation factor rezeptor (ODF-R); TNF-related activationinduced cytokine receptor (TRANCE-R); tumor necrosis factor receptor superfamily, member 11a (TNFRSF11A); ODAR; ubiquitär exprimiert, unter anderen in Osteoklasten und Epithelzellen der Brustdrüse
OPG-Ligand (OPGL) – Synonyme: RANKL; ODF; TRANCE; ein durch OPG inhibierbarer und durch RANK induzierbarer Aktivator der Osteoklastogenese, dessen Expression unter anderen auch in epithelialen Zellen der Brustdrüse während der Schwangerschaft, in aktivierten T-Zellen und malignen Zellen induziert wird
Rolle von OPG-RANK-RANKL im ossären Remodeling: Der genannten Triade ist eine essen – zielle Rolle in der Regulation des Knochenturnovers gegeben: Rekombinanter RANKL und aktivierende, gegen die extrazelluläre Domäne von RANK gerichtete Antikörper induzieren über eine Stimulation von RANK die Osteoklastogenese. Im Tiermodell zeigen OPGKnock- out-Mäuse eine Osteopenie, während vice versa OPG-Überexpression bzw. Disruption von RANK/RANKL durch die Inhibition der Osteoklastogenese zu Osteopetrose und Wachstumsretardierung führt. In Konkordanz zu den tierexperimentellen Daten gelang die Identifikation von Mutationen in RANK und OPG bei hereditären Knochenerkrankungen (z. B. Morbus Paget, familiäre Osteolyse, idiopathische Hyperphosphatasie). Additiv zeigte sich eine verstärkte Aktivierung von RANK/RANKL – primär bedingt durch die mit Östrogenmangel assoziierte Reduktion des OPG-Levels – im Rahmen der postmenopausalen Osteoporose. Rezent wurde Denosumab, ein humaner, hochselektiver, monoklonaler IgG2-Anti-RANKL-Antikörper, der über OPGanaloge Effekte in den RANK/RANKL-Signaltransduktionsweg eingreift und zu einer „Normalisierung“ der OPG-RANKL-Ratio führen soll, für die Therapie der postmenopausalen Osteoporose und für die Therapie der beim Prostatakarzinom durch Hormonablation bedingten Osteoporose zugelassen (Handelsname: Prolia®).
Auch im Rahmen der ossären Metastasierung ist eine Upregulation der RANKL-OPG-Ratio gegeben. Die > Abb. zeigt die positiven/negativen Regulatoren der RANKL- und OPG-Expression – Faktoren, die neben Osteoblasten, Osteoklasten und Bystander-Zellen des „Microenvironment“ auch von malignen Zellen sezerniert werden können und über die demnach eine Modulation des Knochenturn – o vers gegeben ist; genannten Faktoren wird jedoch auch eine Rolle in der De-novo-Formation von ossären Metastasen und Progression bestehender ossärer Metastasen zugeschrieben. Jones et al. zeigten erstmals in einem In-vivo-Modell anhand von in den Knochen metastasierenden Melanomzellen, dass die Inhibition des RANK/RANKL-Signalings zu einer signifikanten Reduktion der ossären Tumorlast führt. Genanntes Resultat wurde in der Folge – neben dem Nachweis einer Prolongation des Gesamtüberlebens – in differenten In-vivo-Modellen, das des Mammakarzinoms inkludierend, bestätigt. In Ergänzung zu seiner Indikation in der Therapie der Osteoporose wurde Denosumab demnach auch zur Prävention skelettbezogener Komplikationen (SREs) bei durch solide Tumoren bedingter ossärer Metastasierung zugelassen (Handelsname Xgeva®).
Das RANK/RANKL-Downstream-Signaling, sehr komplex und primär initiiert durch Cleavage von membrangebundenen oder löslichen RANKL durch MMPs bzw. ADAMs, involviert die Aktivierung des NF-κB-, MAPK- und PI3KPathways über Adaptermoleküle, wie z. B. TRAFs und Gab2 (siehe auch Wada et al., 2006, Leibbrandt et al., 2008).
RANK und RANKL beim Mammakarzinom: Im Hinblick auf die bekannte und bedeutsame Rolle des RANK-RANKL-Signalings in der Morphogenese der Brustdrüse während der Schwangerschaft wurde rezent auch eine Rolle in der Tumorigenese des Mammakarzinoms postuliert; RANK-Expression wurde in humanen Mammakarzinom-Zelllinien (MDAMB231, MCF-7), im Primärtumor und in ossären Metastasen nachgewiesen – jedoch nicht konstitutiv exprimiert, sondern allein unter Co-Kultivierung mit stromalen oder osteoblastischen Zellen. Funktionell wurde gezeigt, dass RANKL, als Chemoattraktant fungierend, die Migration von RANK-exprimierenden Mammakarzinomzellen stimuliert. Bathia et al. zeigten auf, dass im humanen System die Expression von RANKL in den Mammakarzinomzellen invers mit der Tumorprogression und dem metastasierten Phänotyp korreliert. Der Verlust der autokrinen RANKLStimulation der Tumorzellen und die primäre RANKL-Expression im ossären Gewebe mögen – auch unter Berücksichtigung der von Stephen Paget erstmals 1889 vorgeschlagenen „Seed and Soil“-Hypothese – eine Ursache für den Osteotropismus RANK-exprimierender Tumorzellen darstellen. Canon et al. zeigten im Mausmodell, dass die prophylaktische Gabe des RANKL-Inhibitors OPG-Fc die De-novo- Formation von ossären Metastasen sogar verzögern kann; dies mag auch durch die Disruption des Circulus vitiosus Tumorzelle– Microenvironment bedingt sein. Karin et al. wiesen rezent erstmals eine im Vergleich zum heterozygoten Subtyp 50 % höhere Wahrscheinlichkeit der Genese pulmonaler Metastasen in MMTV-Erbb2/Rank++– transgenen Mäusen nach. Additiv zeigten sie, dass die metastatische Progression der RANK-exprimierenden Mammakarzinomzellen primär durch tumorinfiltrierende CD4+CD25+ FOXP3+regulatorische T-Zellen (Tregs) aufgrund von deren sehr hohen RANKL-Expressionsleveln stimuliert wird und dass die prometastatische Funktion der T-Zellen durch exogenen RANKL ersetzbar ist. In Addition führte die Gabe von RANKFc in MMTV-neu-transgenen Mäusen zu einer signifikanten Abnahme der pulmonalen Metastasierung. Genannte Daten postulieren erstmals eine Funktion von RANK/RANKL in der Genese extraossärer Tumorprogression beim Mammakarzinom.
RANK/RANKL-Signaling in der endokrin getriggerten Tumorigenese des Mamma-Ca: HRT und orale Kontrazeptiva-Einnahme ist mit einer Zunahme des Mammakarzinomrisikos assoziiert. Schramek et al. und Gonzalez- Suarez et al. zeigten rezent, dass Progestin (z. B. Medroxyprogesteron-Acetat) als Trigger der RANKL-Expression in Progesteronrezeptor-( PR)-positiven luminalen Epithelzellen der Brustdrüse fungiert und über auto-/parakrine Stimulation des RANKSignalings in den Epithelzellen die Proliferation dieser Zellen induziert wird; dies ist additiv mit einer Expansion des Stammzellpools und einer Protektion der Epithelzellen vor – durch DNA-Schädigung induzierte – Apoptose verbunden. Genannte Effekte scheinen über IKK-α-NF-κB-Cyclin-D1-Downstream-Signaling mediiert zu werden; nicht jedoch – wie die Osteoklastogenese – additiv über NFATc1- Signaling. Vice versa wurden alle genannten Effekte durch RANK- und RANKL-Deletion in den epithelialen Zellen der Brustdrüse inhibiert und eine Reduktion der Inzidenz, des Onsets und der Progression der MPA-induzierten Mammakarzinome nachgewiesen.
FACT-BOX
RANK/RANKL-Signaling ist durch Stimulation der Osteoklastogenese in das ossäre Remodeling und damit assoziierte pathologische Prozesse involviert.
RANK/RANKL-Signaling ist in der Morphogenese der Brustdrüse während der Schwangerschaft und in der Promotion der Tumorigenese des Mammakarzinoms von Bedeutung.
Denosumab, ein humaner, monoklonaler IgG2-Anti-RANKL-Antikörper wurde rezent zur Therapie der postmenopausalen und der beim Prostatakarzinom durch Hormonablation bedingten Osteoporose, ferner zur Prävention skelettbezogener Komplikationen (SREs) bei durch solide Tumoren bedingter ossärer Metastasierung zugelassen.