Unter der Präsidentschaft des Münchner Internisten Prof. Dr. Hendrik Schulze- Koops fanden zahlreiche Symposien, Seminare und Posterpräsentationen zu den Themen Epidemiologie, Grundlagenforschung, Genetik, Gender-Aspekte, experimentelle Rheumatologie, Krankheitsbeurteilung, Trauma, Sport, Reisemedizin, Biomarker, Bildgebung, Immunologie, Schmerz, Notfälle, klinische Rheumatologie, Orthopädie, pädiatrische Rheumatologie, rheumatoide Arthritis, Psoriasisarthritis, Spondyloarthritiden, Vaskulitiden, Kollagenosen, Osteoporose, Biologikatherapien, physikalische Medizin etc. statt.
Über alles Wissenswerte zu berichten ist kaum möglich, es konnte nur eine kleine Auswahl getroffen werde.
Die systemische Sklerose (sSCL) ist eine prototypische Erkrankung mit stimulierenden Antikörpern gegen den Angiotensinrezeptor 1 (ATR-1) und gegen den Endothelin-1-Typ-ARezeptor (ETAR), die auch bei anderen Erkrankungen mit obliterativen Vaskulopathien vorkommen. Patienten mit diesen Antikörpern zeigen ein erhöhtes Risiko für Tod durch sSCL, renale Krisen, pulmonale Hypertension (PAH), progrediente Hautveränderungen, digitale Ulcera und Lungenfibrosen.
Zu Beginn eines Symposiums, das der sSCL gewidmet war, stellte U. Müller-Ladner (Bad Nauheim) die EUSTAR-Initiative (EULAR Scleroderma Trials and Research group; www. eustar.org) vor, in der > 150 Zentren weltweit vernetzt sind und in deren Rahmen bislang > 9.000 Sklerodermie-Patienten erfasst wurden.
G. Riemekasten (Berlin) präsentierte anschließend einige interessante Teilergebnisse des EUSTAR-Registers: Demnach fanden sich bei Patienten mit limitierter Sklerodermie (SCL) im Vergleich zur diffusen SCL ein relativ hoher Anteil von „Organbeteiligungen“ (z. B. Lungenfibrosen: 33 % versus 52 %; digitale Ulcera: 32 % versus 42 %; PAH: 20 % versus 22 %; Myositiden: 14 % versus 21 %). Bei der Auswertung von Todesursachen (284 Todesfälle bei 5.860 Patienten) fand sich zu 55 % eine SCL-Assoziation (35 % Lungenfibrosen, 26 % kardiale Beteiligung) und zu 41 % eine nicht mit SCL zusammenhängende Ursache (33 % Infekte, 31 % Malignome, 29 % kardiovaskuläre Ursachen). Bedeutendster Risikofaktor war Proteinurie, gefolgt von PAH, Lungenfibrose, Dyspnoe (Grad III + IV) sowie lange, über 10 Jahre, bestehendes Raynaud-Phänomen.
Die SCL-Therapie kämpft generell gegen 2 Vorurteile:
• Jede Therapie gilt nur so lange als erfolgreich, bis sie bei der sSCL angewendet wird.
• Und: Es gibt keine kausale Therapie der sSCL.
Nach den EULAR-Empfehlungen (2008) besitzen Prostacyclin, Endothelin-Rezeptor- Blocker, selektive PDE-Inhibitoren und Kalziumantagonisten therapeutischen Evidenzgrad Ia. Evidenzgrad Ib haben Cyclophosphamid, Kortikosteroide, Stammzelltransplantation, ACE-Inhibitoren, andere Immunsuppressiva sowie Prokinetika.
Je schwerer der Verlauf einer progressiven Lungenfibrose, von Hautfibrosierung und Myositis, umso besser ist der Cyclophosphamid- Effekt. Methotrexat (MTX) wirkt zufriedenstellend bei mäßiger Hautfibrose, Myositis und Arthritis. Cyclosporin kann bei MTX-Versagen eingesetzt werden, Azathioprin als Erhaltungstherapie nach Cyclophosphamid und zur Vorbereitung einer Therapie mit Mycophenolat- Mofetil (MMF). Imatinib-Studien mussten wegen Nebenwirkungen abgebrochen werden, obwohl eine Verbesserung der forcierten Vitalkapazität beobachtet werden konnte. Eine Kombinationstherapie mit dem Anti-CD25-Antikörper Basiliximab und Cyclophosphamid wurde bei sSCL ebenfalls versucht. Auch Rituximab soll teilweise wirkungsvoll sein. Nicht alle Patienten benötigen aber unbedingt eine immunsuppressive, aber fast alle eine vasoaktive Therapie.
Das Überleben von sSCL-Patienten wird in erheblichem Ausmaß durch ihren reduzierten Ernährungszustand beeinflusst. Jeder zweite Betroffene ist unterernährt, bei 20 % reicht die zugeführte Energie nicht für den basalen Umsatz. Vitamin-D-Mangel scheint mit Lungenfibrose assoziiert, im Dünndarm von sSCLPatienten findet man häufig eine bakterielle Überwucherung. Subjektiv leiden sSCL-Patienten am meisten unter Schmerzen, Einschränkungen der Handfunktion/Hautsklerose und Atemnot.
Fazit: Abschließend meint die Vortragende, dass es – konträr zu den oben genannten Vorurteilen, doch (individuell) wirksame sSCLTherapien gäbe und zumindest „Einzelursachen“ auch „kausal“ therapierbar seien. Die autologe Stammzelltransplantation zeige bei 50–60 % der sSCL-Patienten eine Remission und sei damit effektiver als eine Cyclophosphamid- Pulstherapie (J. M. van Laar, Newcastle, UK).
M. C. Dalakas (Philadelphia, USA) referierte über entzündliche Autoimmun-Myopathien (Dermatomyositis, Polymyositis, Einschlusskörpermyositis und nekrotisierende Autoimmunmyositis). Die nekrotisierende Autoimmunmyositis zeigt einen akuten bzw. subakuten Verlauf und ist gekennzeichnet durch proximale Muskelschwäche. Sie tritt postviral, paraneoplastisch und als unerwünschte Folge einer Statintherapie auf (wenn nach dem Absetzen keine Remission erfolgt). Ihre Kennzeichen sind sehr hohe CKWerte („tausende“), ein im MR verifizierbares Muskelödem und oft Antikörper gegen Signalerkennungspartikel (Anti-SRP-AK). Intravenöse Immunglobulinpräparate (IVIG) wirken am besten bei Dermatomyositis, gefolgt von Polymyositis, nekrotisierender Autoimmunmyositis und Einschlusskörpermyositis.
Nachdem mit z. B. Imatinib nun schon seit einigen Jahren Tyrosinkinasehemmer mit großem Erfolg in der Hämatologie und Onkologie im Einsatz sind, scheint nun Tofacitinib (vormals Tasocitinib) ein hoffnungsvoller Kandidat, um das therapeutische Arsenal der Rheumatologie zu erweitern. Eine Zusammenfassung des aktuellen Erkenntnisstandes wurde im Rahmen eines Satellitensymposiums präsentiert. Tofaciti – nib hemmt in unterschiedlicher Ausprägung die Januskinasen (JAK) 1, 2, und 3 und die Tyrosinkinase (TYK) 2, die in verschiedenen Kombinationen das Signal von Zytokinen, Hormonen oder Wachstumsfaktoren vom Rezeptor in Richtung Zellkern weiterleiten. Für die Rheumatologie ist insbesondere die Hemmung der vor allem auf hämatopoetischen Zellen wie Lymphozyten und NK-Zellen vorkommenden JAK1 und JAK3 interessant, die gemeinsam die Wirkung verschiedenster proinflammatorischer Zytokine vermittelt. Damit könnte man die gemeinsame Endstrecke vieler entzündungsfördernder Mediatoren auf einmal hemmen. Präklinische Versuche mit kollagen- oder adjuvansinduzierter Arthritis bei Nagetieren waren sehr erfolgversprechend, sodass ein umfangreiches Humanstudienprogramm gestartet wurde. Die ersten Phase-III-Studien wurden rezent publiziert und auf den großen amerikanischen und europäischen Rheumakongressen präsentiert:
In der „ORAL Solo“-Studie wurden Patienten mit Versagen einer DMARD-Therapie zwischen verschiedenen Dosierungen Tofacitinib und Placebo randomisiert. Die primären Endpunkte, das Erreichen eines ACR20-Ansprechens und die HAQ-Verbesserung nach 3 Monaten wurde in den beiden Behandlungsgruppen signifikant häufiger erreicht als unter Placebo. Aber auch die klinisch relevanteren Remissionskriterien ACR50 und ACR70 wurden signifikant häufiger erreicht. Im Vergleich zu den vorangegangenen Phase-II-Studien mussten keine neuen Sicherheitsbedenken geäußert werden. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen zählen Harnweginfekte, Pneumonie, Kreatininanstieg, Hämoglobinabfall (über JAK2- Hemmung), Neutropenie (JAK1+3-Hemmung) und Anstieg der Lipide.
Ein ähnliches Bild zeigte sich bei einer zweiten Phase-III-Studie (ORAL Sync), bei der Patienten nach DMARD-Versagen Tofacitinib zusätzlich erhielten. Eine klinisch bedeutende DAS28- Remission (DAS28 < 2,6) zeigte sich in der höheren Dosierung (10 mg 2-mal täglich) allerdings nur bei 14,8 % und in niedrigerer Dosierung (5 mg 2-mal täglich) bei 11 % der Patienten, dies war im Vergleich zu Placebo allerdings signifikant häufiger.
Wie bei den meisten hocheffektiven Therapien der rheumatoiden Arthritis war auch bei den Tofacitinib-Studien ein Anstieg der Blutlipide zu beobachten. Ob dies als unerwünschter Therapieeffekt oder als Wiederanstieg der im Rahmen der chronischen Entzündungsreaktion erniedrigten Lipide zu sehen ist, ist seit einiger Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion.
Im Rahmen der Tofacitinib-Lipidstudie erhielten Patienten, die auf den JAK-Hemmer eingestellt wurden, entweder Placebo oder Atorvastatin. Nach 6 Wochen placebokontrollierter Behandlung wiesen die Patienten der Statingruppe signifikant niedrigere LDL-Cholesterinwerte im Vergleich zu Placebo auf, die trotz des zu erwartenden Anstiegs durch die JAK-Hemmung unter dem Ausgangswert waren. Ob die Ergebnisse dieser kurzen Studie Auswirkungen auf das Risikomanagement der Patienten mit rheumatoider Arthritis haben werden, bleibt abzuwarten.
Fazit: Insgesamt erscheint Tofacitinib als hoffnungsvoller oral verfügbarer Kandidat zur Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten bei rheumatoider Arthritis, der mögliche Stellenwert inmitten einer mittlerweile großen Auswahl an wirkungsvollen Basistherapeutika kann derzeit aber noch nicht abgeschätzt werden.