Die tiefe Venenthrombose (TVT) ist eine häufige Erkrankung mit potenziell schwerwiegenden Folgen. Die absolute jährliche Inzidenz in Österreich wird auf 160/100.000 Personen geschätzt. Bei klinischem Verdacht ist die Sicherung der Diagnose für das weitere therapeutische Vorgehen von entscheidender Bedeutung. Der Einsatz der unterschiedlichen diagnostischen Methoden variiert im konkreten Fall abhängig vom klinischen Gesamtbild.
Die Einteilung der tiefen Venenthrombose erfolgt je nach Ausdehnung in eine 1-, 2-, 3- oder 4-Etagen-Thrombose (Tab. 1).
Im klinischen Alltag nehmen folgende Diagnoseverfahren den höchsten Stellenwert ein:
In der Praxis hat es sich sowohl im Hinblick auf Effizienz als auch auf die jeweilige Sensitivität und Spezifität bewährt, diese Diagnostik in mehreren Stufen und angepasst an das klinische Bild einzusetzen.
An erster Stelle steht die Ermittlung der klinischen Vortestwahrscheinlichkeit, wobei hierzu die Kriterien nach Wells ein bewährtes Mittel darstellen. Je nach Score kann hier in eine niedrige, mittlere und hohe Wahrscheinlichkeit für eine Thrombose unterschieden werden, was unmittelbare Auswirkungen auf die weitere diagnostische Vorgehensweise hat (Tab. 2).
In der Anamnese sprechen folgende Angaben eher für eine TVT: einseitiger Schmerz mit Beginn nach Ruhephase, anamnestisch Zustand nach TVT, Tumorerkrankung, rezente OP/Trauma/Entbindung, Immobilisation, längere Reise. Gegen eine TVT sprechen typischerweise: beidseitige Symptomatik und Schmerzbeginn bei Belastung.
In der klinischen Untersuchung sind einseitige Schwellung, Überwärmung, vermehrte oberflächliche Venenzeichnung und Druckempfindlichkeit im Verlauf der tiefen Venen hinweisend.
Zusätzlich hilft zur Orientierung die Erhebung von typischen Zeichen:
In der Labordiagnostik ist vor allem das D-Dimer, ein Endprodukt der Fibrinolyse, von großer Bedeutung. Das D-Dimer ist ein sehr nützlicher Suchtest, der jedoch bekanntermaßen seine Limitationen hat. Bei sehr hoher Sensitivität (~95 %) hat das D-Dimer eine sehr niedrige Spezifität (deutlich unter 50 %) und ist zusätzlich in einigen klinischen Situationen praktisch gar nicht verwertbar – was leider unter anderem auch einige Risikopatientengruppen betrifft. So findet sich eine Erhöhung des D-Dimers unter anderem postoperativ (kann mehrere Wochen anhalten), bei Schwangeren, aber auch bei Entzündungen, Blutungen/Trauma und bei Malignomen.
Letztlich nimmt das D-Dimer in der Diagnostik der TVT dennoch einen wichtigen Platz ein, jedoch angesichts der erwähnten Einschränkungen nur als einer von mehreren Bausteinen in der Diagnosefindung. Angesichts der hohen Sensitivität hat zumindest eine fehlende Erhöhung des D-Dimers einen hohen negativen prädiktiven Wert.
Differenzialdiagnostisch sind bei Beinschwellung folgende weitere Laborparameter von Interesse: Schilddrüsenparameter, Nierenfunktionsparameter, Leberwerte, BNP, eventuell Gesamteiweiß.
Die farbkodierte Duplexsonografie der Beinvenen mit Kompression ist der nächste Schritt im diagnostischen Algorithmus sowohl bei mittlerer und hoher klinischer Vortestwahrscheinlichkeit (ohne zwingende Bestimmung des D-Dimers) als auch bei niedriger Wahrscheinlichkeit in Kombination mit erhöhtem D-Dimer.
Vor allem bei proximalen Thrombosen bis inkl. V. poplitea stellt sie ein optimales Diagnoseverfahren dar, mit sehr hoher Sensitivität und Spezifität (95 % bzw. 96 %). Im Unterschenkelbereich sind beide Werte schlechter; hier hängt die Aussagekraft stark von der Erfahrung des Untersuchers ab.
Typische duplexsonografische Veränderungen bei Vorliegen einer TVT sind:
Ein positiver duplexsonografischer Befund ist beweisend für das Vorliegen einer TVT. Bei unklarem Befund ist eine weitere Abklärung mittels Phlebografie notwendig.
Die Phlebografie ist weiterhin der Goldstandard in der Diagnostik der TVT mit hoher Sensitivität und Spezifität. Sie steht im diagnostischen Stufenschema dennoch nicht an vorderster Stelle, was durch die Invasivität der Untersuchung und die Notwendigkeit der Kontrastmittelgabe (mit entsprechenden Kontraindikationen) begründet ist. Zumindest was die Invasivität betrifft, stellen sich die MR- und CT-Angiografie hier zukünftig als mögliche Alternativen dar.
Die Durchführung dieser Untersuchung sollte sich auf Situationen mit unklarem duplexsonografischem Befund bzw. negativer Duplexsonografie, aber hoher klinischer Wahrscheinlichkeit beschränken. In diesen Fällen trägt sie entscheidend zur Diagnosesicherung bei.
Differenzialdiagnostisch kommen bei Verdacht auf TVT vor allem die folgenden Krankheitsbilder in Betracht: Thrombophlebitis, chronische venöse Insuffizienz, Hämatom, Infektion (Erysipel), Baker-Zyste, Muskelfaserriss, kardiale/renale/Proteinmangel-Ödeme, Lymphödem, Lipödem, Stauung durch Kompression im Becken.
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