Es führt kein Weg daran vorbei: SARS-CoV-2 bzw. COVID-19 haben die österreichische Gesellschaft – und speziell das Gesundheitswesen – auf die härteste denkbare Probe gestellt.
„Vieles ist sehr gut gelaufen. Der Einsatz der Ärzte und aller im Gesundheits- und Sozialwesen Tätigen war enorm. Hoffentlich wird das nicht schnell wieder vergessen, wenn die Krise vorbei ist“, sagte jetzt Dr. Lothar Fiedler, Bundesfachgruppenobmann Innere Medizin in der ÖÄK.
„Seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, ist die Medizin, auch unsere Innere Medizin, in der niedergelassenen Praxis und in den Spitälern – das Gesundheitswesen insgesamt – oft härtesten Diskussionen vonseiten der Politik und Gesundheitsökonomie ausgesetzt. ‚Können wir uns das leisten?‘, hieß und heißt es fast ständig. Plötzlich ist aber fast sprichwörtlich unheimlich viel Geld für praktisch alles und jedes rund um SARS-CoV-2 bzw. COVID-19 vorhanden“, erklärte der Bundesfachgruppenobmann.
Dieses „Eisen“ sollten wohl auch die österreichischen Internisten schnell so lange schmieden, wie es heiß ist.
„240 Millionen Euro hat die Bundesregierung gerade für zusätzlich 25.000 bis 30.000 SARS-CoV-2-Tests pro Woche im Rahmen freiwilliger Screeningprogramme für die verschiedenen Risikogruppen beschlossen – allein für den Rest des Jahres 2020. Das ist sicher eine gute Sache, um sich entwickelnde Cluster möglichst frühzeitig zu finden und zu stoppen, aber wer hätte sich wohl bis vor kurzem im österreichischen Gesundheitswesen plötzlich eine derartige Summe für dringend notwendige Leistungen zu fordern getraut?“, sagte Dr. Fiedler.
Da hätte es wohl einen Aufschrei von Health Technology Assessment, mehr oder minder selbst ernannten Gesundheitsökonomen, den Krankenkassen, Bundesländern etc. gegeben. Übrigens: Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat bereits angekündigt – auch im Licht der COVID-19-Krise und derer Auswirkungen –, den ganzen Psychotherapiesektor samt Finanzierung neu zu überdenken. Der Bundesverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen hat das natürlich sehr begrüßt.
Dr. Fiedler: „Wir müssen unser Wissen und unsere Expertise, unsere Erfahrung in der täglichen Praxis als niedergelassene Internisten, Spezialisten in den Krankenhäusern und in der Wissenschaft Tätige bündeln und in die Politik hineintragen.
“Sehe man sich die jüngere Vergangenheit an, sei in den Beratungsgremien der österreichischen Politik die „Interne“ kaum vorgekommen. „Da waren und sind zu einem überproportionalen Anteil theoretische Wissenschaften vertreten. Rechenmodelle aber sind Modelle, Praxis der Medizin im extramuralen und intramuralen Bereich ist etwas anderes. Man braucht ja nur das leidige Thema der Schutzausrüstung aufgreifen. Theorieexperten, die nie auch nur einen Patienten mit verdächtigen Symptomen sehen werden, haben uns hier sprichwörtlich alleingelassen“, sagte Dr. Fiedler.
Der Bundesfachgruppenobmann hat hier einen Vorschlag: „Wir sollten in der Inneren Medizin in Österreich unser fachlich kompetentes Wissen, unsere praktische Erfahrung und unsere standespolitische Kompetenz regelmäßig koordinieren und stringent bündeln. Das betrifft die ÖGIM, den BÖI und die Bundesfachgruppe für Innere Medizin mit allen ihren Mitgliedern.
“Periodische koordinative Treffen und Statements zu allen aktuellen Aspekten der Wissenschaft, der klinischen Praxis und der Standespolitik könnten in einem Koordinierungsgremium regelmäßig – und natürlich auch bei akutem Bedarf – stattfinden.
„So könnten wir auch an die Politik herantreten und unsere Stellungnahmen zu brennenden Problemen abgeben, uns auch in Beratungsgremien hineinreklamieren. An der großen und in so vielen medizinischen Fachgebieten vertretenen Expertise der österreichischen Internisten wird kaum ein Verantwortlicher vorbeigehen können“, erklärte Dr. Fiedler. „Auf die Koordination unserer Gremien und gemeinschaftliches Handeln kommt es an.“