Viele Reisende treten mit dem Wunsch nach einer Reiseapotheke an ihre ÄrztInnen heran. In Analogie zur Hausapotheke möchte man möglichst viele Gesundheitsstörungen auf Reisen selbstständig und rasch behandeln können.
Für die damit konfrontierten MedizinerInnen stellt dies eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Denn was zum gegebenen Zeitpunkt verschrieben wird, wird irgendwann – unter Umständen Jahre später – unter unbekannten Umständen eingenommen oder, im schlimmsten Fall, wohlmeinend an Mitreisende weitergegeben.
Reisedestination berücksichtigen: Bei der Überlegung, welche Medikamente mitgenommen werden sollten, muss die geplante Reiseroute (-destination) eine wichtige Rolle spielen. Pauschalbadeurlaube in Thailand, Ayurveda-Kuren im Süden Sri Lankas oder Bali-Urlaube bieten ausreichend medizinische Versorgung vor Ort für die üblichen Reisekrankheiten wie Durchfall, Husten oder Hautausschläge sowie eine im Notfall gut erreichbare ausgezeichnete medizinische Versorgung in Bangkok, Singapur oder Delhi. Für solche Reisen genügt es, ein kleines Basispaket rund um Schmerzen und kurzfristigen Durchfall zusammenzustellen und von Selbstmedikation bei komplexeren Krankheitsbildern abzuraten.
Je abgelegener und ärmlicher eine Reisedestination ist, umso umfangreicher muss eine mögliche Selbstmedikation sein. Dies auch in Hinblick darauf, dass in vielen Gegenden selbst in Apotheken oder örtlichen Gesundheitsposten nur wenige Substanzen zu Verfügung stehen. Vieles davon ist aus unserer Sicht veraltet, nebenwirkungsreich und stammt immer wieder auch aus fragwürdigen Quellen mit unklaren Inhaltsstoffen und nichtkontrollierter Herstellung.
Natürlich muss man sich vor der Zusammenstellung einer persönlichen Reiseapotheke Klarheit darüber verschaffen, ob bei der reisenden Person chronische Erkrankungen vorliegen und welche Dauermedikation eingenommen wird.
Symptomorientierter Zugang: Wer sich der Mühe der individuellen Zusammenstellung einer Reiseapotheke unterzieht, sollte sich im Klaren sein, dass hier medizinische Laien mit Diagnostik und Therapie ihrer Symptome konfrontiert werden.
Als beste Möglichkeit, solche Situationen sinnvoll zu meistern, bietet sich der symptomorientierte Zugang an, wie er im Endeffekt auch bei der medizinischen Basisversorgung in ressourcenarmen Gebieten verwendet wird.
Die Medikamente sollten daher nach Symptom-Gruppen geordnet sein, eine schriftliche Anleitung muss das unbedingt unterstützen:
Wann der Arzt aufgesucht werden sollte: Ergänzend müssen Warnsymptome oder Situationen beschrieben werden, bei denen alle Versuche der Selbstbehandlung abgebrochen und (vernünftige) ärztliche Hilfe gesucht werden muss.
Sonderfall Malaria: Die Malaria-Notfall-Selbstbehandlung bei Reisen in Malariagebiete muss gesondert besprochen werden. Unterschätzen Sie nicht die Komplexität der Information, die in kurzer Zeit an den medizinischen Laien weitergegeben wird. Selbst gut auf Malaria-Notfallbehandlung eingeschulte Reisende sind oft verwirrt, wenn die Reiseapotheke andere Medikamente enthält, die bei Fieber eventuell Sinn machen (Schmerzmittel, Antibiotika).
Basispaket: Für praktisch jede Reisesituation kann eine Art Basispaket empfohlen werden:
Individuelle Ergänzungen zum Basispaket: Dazu kommen eventuell Medikamente, die auf Grund einer besonderen Empfindlichkeit des Reisenden Sinn machen:
Überbrückungsmedikamente für Notfälle in abgelegenen Gebieten: Eine besondere Herausforderung stellen Individualreisende dar, die teilweise monatelang in weit abgelegene Gebiete ohne touristische und medizinische Infrastruktur fahren, sowie die immer größer werdende Gruppe der Abenteuer- und Aktivtouristen, die (Extrem-)Sport und Reisen verbinden (z. B. Motorradtouren im Karakorum, Mountainbiking in Äthiopien oder Basejumping in Patagonien).
Hier muss die Reiseapotheke zumindest eine überbrückende Behandlung auch schwerer Infektionen ermöglichen sowie die Erstversorgung von Traumata und einen vielleicht tagelangen Transport:
Die letzten beiden – kursiv gesetzten – Punkte sind Ausnahmen in der symptomorientierten Zusammenstellung, da sie eine Einzelsubstanz gegen eine bestimmte Erkrankung empfehlen. Sowohl bei Vaginalmykosen als auch bei der typischen Lamblieninfektion, vor allem wenn sie unter „klassischen“ Bedingungen auftritt, ist aber eine Selbstdiagnose auch ohne technische Hilfsmittel meist gut möglich.
Touren- und Treckingapotheke: