Exotisch seltene Erkrankungen, die in fernen Ländern gut behandelbar sind, kommen mit der Reisetätigkeit und mit der Migration auch hierzulande in den differenzialdiagnostisch fleißigen Kopf des Rheumatologen – dies wird noch prägnanter werden, wenn die alte Seidenstraße bis an das Chinesische Meer verlängert wird. Der Innsbrucker Rheumatologe Michael Schirmer trägt einen solchen Kopf und gibt uns ein kleines Update zum Morbus Behçet.
Auch ganz eifrig muss die Denkmaschine (solange sie nicht durch Online-Programme ersetzt wird) bei chronischen Muskelschmerzen sein. Die Gedanken screenen die verinnerlichten Tabellen, das neurologische und das orthopädische Wissen wird bereitgestellt – völlig Triviales muss gegen sehr Gefährliches abgewogen werden – und das mit unserem analog arbeitenden Gehirn, das leicht durch andere Prozesse beeinflusst wird. Man stelle sich vor, selbst eine muskuloskelettale Grunderkrankung ertragen zu müssen: Trivial sind der Schmerz und die Schwäche jedenfalls nicht immer, und nur gute ärztliche Beratung ermöglicht eine Krankheitsbewältigung.
Banal erscheinen so manchem Mediziner die durch Knorpelabnützung bedingten Beschwerden, viele tausend Omas und Opas haben Knubbelfinger. Die klinische Erfahrung hilft oft bei der Unterscheidung der Polyarthrose von der rheumatoiden Arthritis. Verlockend erscheint es, einen objektiven Befund zu haben – und rasch wird im Blut nach Rheuma gesucht. Dass ein blockartiges Screening mit „ASLO, Rheumafaktor und Senkung“ nicht gescheit ist, lesen wir neuerlich; dass das rheumatische Fieber nur bei Kindern besteht, lesen wir auch. Und dennoch kommen sie wieder, die beschwerdefreien Gesunden mit dem durch Zähneputzen erhöhten ASLO. Beruhigen beruhigt, kostet aber. Soll uns nichts Schlimmeres passieren, als am Rheumakongress zu sitzen! Genießen Sie den Erfahrungsbericht! Ich wünsche den Leserinnen und Lesern dieses Heftes Kurzweil und Erkenntnisse in der Welt der muskuloskelettalen Beschwerden!
Univ.-Prof. Dr. Winfried Graninger