EHA 2021 Virtual | Wichtige Studien im Überblick

Auch in diesem Jahr fand der Kongress der European Hematology Association (EHA) aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie als virtueller Kongress statt. Mit dem Service des onko congress x-press filtern wir hochrelevante Neuigkeiten nicht nur in Hinblick auf neue Studiendaten, sondern auch auf klinisch bedeutsame Faktoren und patientenbezogene Aspekte. Ausgewählte Kongress-Highlights des EHA 2021 Virtual wollen wir Ihnen hier präsentieren.

 

 

Akute myeloische Leukämie (AML)

VIALE-A-Studie1

Die Tiefe der erreichten Remission hat eine immense Bedeutung für die Prognose nach Therapie einer AML. Venetoclax (VEN) in Kombination mit Azacitidin (AZA) konnte gegenüber AZA allein in der bereits publizierten VIALE-A-Studie eine signifikant höhere Rate an kompletten Remissionen (CRc) ohne nachweisbare Resterkrankung erzielen (23,4 vs. 7,6 %). In einer Post-hoc-Analyse wurden nun in der Kohorte der VEN+AZA-Patienten mit CRc die Ergebnisse je nach Erreichen einer molekularen Remission evaluiert.

Das Ergebnis: 211/286 (74 %) aller mit VEN+AZA behandelten Patienten hatten zumindest eine MRD-Analyse und waren auswertbar, 78/211 (37 %) erreichten eine MRD < 10–3 und 133/211 (63 %) eine MRD ≥ 10–3. Die Remissionsdauer (DoR), das Gesamtüberleben (OS) und das ereignisfreie Überleben (EFS) der CRc-Patienten mit einer MRD < 10–3 erreichten in dieser Analyse noch nicht den Median. Nach 18 Monaten lag das OS je nach MRD < bzw. ≥ 10–3 bei 84 % vs. 50,1 %. In einer multivariaten Analyse waren nachweisbare MRD und ungünstiges genetisches Risikoprofil mit einem schlechteren OS assoziiert.

Fazit: VEN+AZA konnte in der VIALE-A-Studie in einer signifikant höheren Zahl eine MRD-negative CRc erreichen. Das Erreichen einer molekularen Remission war auch innerhalb dieser Gruppe mit einem verbesserten Langzeitergebnis assoziiert. Der Nachweis von MRD und ungünstige genetische Veränderungen bei Diagnose waren negativ prädiktiv.

FLAVIDA-Protokoll2

Die erfolgreiche Therapie der refraktären oder rezidivierten Patienten mit AML (r/r AML) bleibt bislang schwierig. Die Kombination von Fludarabin, Cytarabin und Idarubicin (FLA-IDA) ist ein Standardprotokoll für intensiv behandelbare Patienten in dieser Situation. Das Erreichen einer MRD-negativen Remission ist die optimale Voraussetzung für eine Langzeitheilung mit Ziel einer allogenen Stammzelltransplantation. Die Studie von Shahswar R et al. untersuchte in einer retrospektiven Analyse das Ansprechen von 30 Patienten mit r/r AML mit FLAVIDA, Standard FLA-IDA mit einer Zugabe von Venetoclax 100 mg täglich für 7 Tage. Die Reduktion der Venetoclax-Dosis erfolgte wegen gleichzeitiger Verabreichung von Posaconazol.

Das Ergebnis: Nachweisbare MRD wurde mittels NGS mit einer Sensitivität von 0,02 % ermittelt. Die Verträglichkeit der Kombination war mit einer Frühtodesrate von nur 3 % ausgezeichnet. Die Gesamtansprechrate (ORR) war 73 % (22/30 Patienten), 60 % (18/30 Patienten) erreichten eine CR/CRi, 47 % (8/17 Patienten) erzielten eine molekulare Remission. 19 Patienten konnten erfolgreich transplantiert werden. Nach einem medianen Follow-up von 13,3 Monaten lag das OS bei 12 Monaten, das EFS bei 9,5 Monaten. 73 % aller Patienten und 86 % der Responder konnten einer allogenen Transplantation unigeführt werden.

Fazit: Das FLAVIDA-Protokoll wurde zwar nur retrospektiv ausgewertet, stellt aber möglicherweise eine interessante Therapieoption mit einer vielversprechenden Rate von MRD-negativen Remissionen und möglichen Transplantationen dar.

Chronisch myeloischeLeukämie (CML)

OPTIC-Studie3

OPTIC ist eine prospektive, dreiarmige Phase-II-Studie mit drei unterschiedlichen Dosierungen von Ponatinib (45 mg, 30 mg und 15 mg) mit Dosisreduktion nach Erreichen eines BCR/ABL-Wertes von ≤ 1 % auf 15 mg (bei 45 mg bzw. 30 mg Initialdosis). Ziel der Studie war eine Dosisreduktion von Ponatinib nach Erreichen einer guten Remission (≤ 1 % BCR/ABL), um Langzeittoxizität zu vermeiden. Primärer Studienendpunkt: ≤ 1 % BCR/ABL bei Monat 12; sekundäre Endpunkte: MMR, CCyR, Sicherheit etc.; medianes Follow-up: 32 Monate (1–57). In die Studie wurden 283 schwer vorbehandelte Patienten eingeschlossen, mehr als 50 % der Patienten hatten ≥ 3 TKIs vor Studieneintritt, die meisten Patienten waren resistent, über 60 % der Patienten hatten eine schlechtere Remission als CHR vor dem Studieneintritt. Ein Viertel der Patienten hatte eine T315I-Mutation.

Das Ergebnis: Primärer Endpunkt: 44,1 %/29 %/ 23,1 % (45 mg/30 mg/15 mg). 75 % der Patien­ten konnten die erreichte Remission (≤ 1 %) nach Dosisreduktion erhalten. 60 % der Patienten, welche die Remission nach Dosisreduktion verloren hatten, konnten diese mit Dosisreeskalation wieder erlangen.

Sicherheit: keine neuen Sicherheitssignale; durch die Dosisreduktion hatten nur 6 % der Patienten einen AOE (Arterial Occlusive Event).

Fazit: Die OPTIC-Studie bestätigt die bisherige Praxis (ELN-Empfehlung) und die Ponatinib-Fachinformation: Start mit 45 mg und Dosisreduktion nach Erreichen einer guten Remission (CCyR, ≤ 1 % BCR/ABL).

Akute lymphatische Leukämie (ALL)

GIMEMA-LAL2317-Studie4

Ziel dieser Phase-II-Studie war die Erhöhung der MRD-Negativität (< 10–4) durch die Implementierung von Blinatumomab (2 Gaben, Woche 10 und 23) in der Erstlinientherapie der ALL. Eingeschlossen wurden 146 Patienten. Das mediane Alter war 41 Jahre (18–65), 38 % waren Hochrisiko-Patienten. Primärer Endpunkt war eine early MRD-Negativität (Woche 10 nach Chemotherapie vs. Woche 14 nach Blinatumomab).

Das Ergebnis: 95 % der Patienten hatten eine MRD-Negativität nach Chemotherapie und Blinatumomab 1 (73 % nach der Chemotherapie und 22 % nach Blinatumomab). Die Blinatumomab-Konvertierungsrate betrug 81 % (21 von 26 MRD-positiven Patienten konnten mit Blinatumomab in MRD-Negativität gebracht werden). Sicherheit: 15,5 % der Patienten hatte eine beherrschbare neurologische Toxizität, die Blinatumomab-Discontinuation-Rate betrug 2,4 % (3 Patienten). Die 12-Monats-Relapsrate war in der Ph-Like-Gruppe höher als in der Non-Ph-Like-Gruppe (40 % vs. 3,2 %).

Fazit: Die sequenzielle Chemotherapie-Blinatumomab-Therapie brachte eine hohe early MRD-Negativität in der Upfront-ALL-Therapie.

Chronisch lymphatische Leukämie (CLL)

BTK-Inhibitoren Head-to-Head

In zwei randomisierten Phase-III-Studien, beide von Peter Hillmen aus Leeds präsentiert, wurde der Erstgenerations-BTK-Inhibitor Ibrutinib gechallenged.

Das Fazit: Die selektiveren Zweitgenerations-BTK-Inhibitoren Acalabrutinib und Zanubrutinib sind aufgrund weniger Off-Target-Effekte besser verträglich als Ibrutinib, vor allem in Hinblick auf kardiovaskulären Toxizitäten. Zanubrutinib dürfte zudem effektiver sein, dazu muss jedoch auf das Endergebnis der ALPINE-Studie mit längerem Follow-up gewartet werden.5, 6 Die beiden Studien im Detail:

In der ELEVATE-R/R-Studie konnte bei 533 Patienten mit mehrfach vorbehandelter CLL und Vorliegen von del(11q) oder del(17p) gezeigt werden, dass der selektivere BTK-Inhibitor Acalabrutinib genauso effektiv wie Ibrutinib sein dürfte, jedoch etwas besser verträglich, vor allem in Hinblick auf kardiovaskuläre Nebenwirkungen. Vorhofflimmern (VHF) trat insgesamt signifikant seltener auf (9,4 % vs. 16 %), wobei die Grad-3- und -4-Toxizitäten ähnlich häufig waren. Auch arterielle Hypertonie war unter Acalabrutinib deutlich seltener (9,4 % vs. 23,2 %). Hingegen waren die acalabrutinibtypischen Kopfschmerzen deutlich frequenter als unter Ibrutinib (34,6 % vs. 20,2 %). Letztlich kam es allerdings unter Acalabrutinib zu weniger toxizitätsbedingten Therapieabbrüchen als unter Ibrutinib (14,7 % vs. 21,3 %).5

Die ALPINE-Studie verglich bei Patienten mit rezidivierter CLL Ibrutinib mit dem Zweitgenerations-BTK-Inhibitor Zanubrutinib. Die Interimsanlayse nach 415 von 652 geplanten Patienten erbrachte Vorteile für Zanubrutinib sowohl bei der Effektivität als auch bei der Toxizität. Das Gesamtansprechen als primärer Studienendpunkt war in der Gesamtkohorte signifikant verbessert (78,3 % vs. 62,5 %, p = 0,0006), das galt auch für genetische Hochrisikogruppen. Ebenso fielen sowohl das 1-Jahres-PFS (94,9 % vs. 84,0 %) als auch das 1-Jahres-OS (97,0 % vs. 92,7 %) zugunsten von Zanubrutinib aus. Während VHF unter Ibrutinib signifikant häufiger war (10,1 % vs. 2,5 %, p = 0,0014), traten unter Zanubrutinib vermehrt Neutropenien auf (28,4 % vs. 21,7 %), dies führte jedoch nicht zu vermehrten schweren Infektionen.6

CLL14-Studie7

Das 4-Jahres-Update der CLL14-Studie untermauert den Vorteil der auf ein Jahr begrenzten Kombination von Obinutuzumab und Venetoclax über die ebenfalls über ein Jahr verabreichte Chemoimmuntherapie Obinutuzumab + Chlorambucil (Clb). Der PFS-Vorteil war anhaltend (74 % vs. 35 %, HR 0,33) und bestätigte sich in allen genetischen Risikogruppen. Auch die Zeit bis zu einer eventuellen Folgetherapie (mehrheitlich BTK-Inhibitor) war signifikant verlängert, während das OS nach vier Jahren weiterhin nicht unterschiedlich war (85,4 % vs. 83,1 %). Schließlich blieb auch der MRD-Vorteil signifikant (27 % vs. 3 %), wobei aufgrund der Pandemie noch keine vollständige Datenerhebung möglich war.

ELEVATE-TN-Studie8

Das 4-Jahres-Update der ELEVATE-TN-Studie bestätigte den Vorteil von Acalabrutinib Dauertherapie +/– Obinutuzumab (6 Zyklen) über Obinutuzumab + Clb, hier über sechs Monate verabreicht. Der PFS-Vorteil war anhaltend signifikant verbessert (Acalabrutinib + Obinutuzumab 87 %, Aacalabrutinib 78 %, Obinutuzumab + Clb 25 %, p < 0,0001), zudem zeigte sich, trotz eines möglichen Crossovers vom Chemoimmuntherapiearm in den Acalabrutinib-Monotherapiearm, ein Trend zu einem verbesserten OS für den Kombinationsarm (Acalabrutinib + Obinutuzumab 93 %, Obinutuzumab + Clb 88 %, p = 0,06). Die CR-Raten waren in den Acalabrutinib-Armen über die Zeit zunehmend und in der Kombination Acalabrutinib+Obinutuzumab auch signifikant höher (Acalabrutinib+Obinutuzumab 30,7 % vs. Obinutuzumab + Clb 13 %).

Aggressive Lymphome

Naratuximab Emtansin + Rituximab9

In der Late-breaking Abstract Session wurden vielversprechende Daten zu Naratuximab Emtansin in Kombination mit Rituximab bei r/r DLBCL präsentiert. Der mit einem Maytansinoid gekoppelte CD37-Antikörper zeigte bei diesen intensiv vorbehandelten Patienten mit extrem ungünstiger Prognose eine sehr gute Tolerabilität. Die ORR bei 76 Patienten mit r/r DLBCL lag bei 44,7 % mit einer CR-Rate von 31,6 %. Zwei Drittel der Patienten mit Therapieansprechen hatten eine Ansprechdauer von zumindest einem Jahr.

Fazit: Im Schatten der CAR-T-Therapie ergabeb sich in den letzten Jahren für Patienten mit r/r DLBCL eine Reihe von effektiven und meist gut verträglichen Therapieoptionen und durchbrachen das Dogma des DLBCL als One Shot Cancer: bispezifische CD20/CD3-Antikörper, Polatuzumab Vedotin, Tafasitamab, Selinexor. Nun wurden für Naratuximab Emtansin vielversprechende Daten präsentiert.

Lymphomtherapie mit Mosunetuzumab + Polatuzumab10

Vielversprechende präliminäre Phase-IB/II-Daten zur Kombinationstherapie des bispezifischen CD20/CD3-Antikörpers Mosunetuzumab mit Polatuzumab-Vedotin bei 22 Patienten mit r/r B-NHL (FL oder DLBCL) wurden präsentiert. Bei lediglich zwei Patienten wurde ein CRS dokumentiert, beide mit Grad 1 gut beherrschbar. Ansonsten zeigte sich ein akzeptables Nebenwirkungsprofil. Von 22 Patienten mit im median 3 Vortherapien fand sich bei 15 ein Ansprechen, mit 12 kompletten Remissionen. Wie bereits für die Mosunetuzumab-Monotherapie präsentiert, zeigten sich die Remissionen scheinbar anhaltend.

Fazit: Die Kombination Mosunetuzumab + Polatuzumab-Vedotin in Phase Ib/II scheint sehr gut verträglich und effektiv bei Patienten mit r/r NHL.

Optimale Induktionstherapie bei DLBCL11

In einer Datenbankanalyse wurden 6.809 Patienten mit DLBCL ausgewertet: Die Verteilung war wie folgt: 218 Patienten wurden MYC-Rearrangement und Stadium 3 oder 4 identifiziert, 64 Patienten hatten ein singuläres MYC-Rearrangement (Single Hit), 116 Patienten hatten ein MYC- und BCL2- oder BCL6-Rearrangement (Double Hit) und 37 Patienten hatten ein MYC- und BCL2- und BCL6-Rearrangement (Tripple Hit). Für Double- und Tripple-Hit-Lymphome lag das 4-Jahres-OS mit R/CHOP bei 54,5 %, für DA-EPOCH ohne signifikanten Unterschied bei 49,6Bei den SingleHit-Lymphomen lag das 4-Jahres-OS ohne signifikanten Unterschied bei überraschend geringen 32,8 % im R/CHOP- und bei 32,8im DA-EPOCH-R-Arm.

Conclusio: DA-EPOCH-R hatte bei Patienten mit singulärem MYC-Rearrangement, Double- oder Tripple-Hit-Lymphomen in fortgeschrittenen Stadien keinen Überlebensvorteil in retrospektivem Vergleich gegenüber R/CHOP.Fazit: Die optimale Induktionstherapie (und Konsolidierung) für die kleine Gruppe der Double- oder Tripple-Hit-Lymphome ist nicht abschließend geklärt. Die deutlich toxischere Therapie mit DA-EPOCH-R muss aufgrund der nicht ganz klaren Datenlage im Einzelfall abgewogen werden.

Myelodysplastische Syndrome (MDS)

Fortschritte für Hochrisiko-MDS?

Kombinationstherapien mit unterschiedlichen Partnern für das Backbone der hypomethylierenden Substanzen werden trotz aller bisherigen Fehlschläge intensiv weiterverfolgt. Zu folgenden Kombinationspartnern von Azacitidin wurden Studienergebnisse präsentiert:

Venetoclax (Target BCL-2): Beeindruckende Responsedaten einer Phase-1b-Studie in der Erstlinie (n = 78), mit ORR von 80 % (CR und mCR jeweils 40 %) und medianem OS von 28,2 Monaten, allerdings höherer Hämatotoxizität im Vergleich zur Monotherapie.12

Enasidenib (Target IDH2): Phase-II-Studie in Kombination mit Azacitidin in der Erstlinie bzw. Monotherapie nach Azacitidinversagen. Bei geringerer additiver Toxizität betrug die ORR in der Kombination 84 % (24 % CR, 44 % mCR), bei ebenfalls langem medianen OS von 32,2 Monaten.13

Sabatolimab (Target TIM-3): Zur Kombination mit Sabatolimab wurden Prädiktoren analysiert. Im Update der Studie zeigt sich die CR-Rate geringer als bei anderen Kombinationen. Die Remissionsraten waren unabhängig vom Alter und der initialen Blastenzahl, insbesondere wurden Remissionen auch bei Hochrisikopatienten wie mit komplex aberranten Karyotypen und zusätzlicher p53-Mutation beobachtet, die sich als sehr langanhaltend erwiesen.14

Pevonedistat (Target = Neddylierung): Zu Pevonedistat wurden aus der P-2001-Studie (Pevo +/- Aza in der Erstlinie: ORR 70,9 % vs. 60,4 %, CR verdoppelt, EFS signifikant länger) MRD-Daten diskutiert: In der Kombination kam es signifikant seltener zu einer Expansion von Mutationen unter Behandlung (29,3 % vs. 49,6 %), besonders in Genen, die mit Progression und Transformation verbunden sind, auch die VAF (Variant Allele Frequency) bei Vorliegen einer Mutation war geringer.15

Bedeutung für die Praxis: Neue Kombinationspartner hypomethylierender Substanzen haben das Potenzial, die Therapie der nicht ransplantationsgeeigneten Hochrisiko-MDS-Patienten zu verändern. Welche der verschiedenen Ansätze letztlich erfolgreich sein werden, sollten die Ergebnisse der laufenden Phase-III-Studien zeigen. Neben Effizienz wird die zusätzliche Toxizität ein wesentlicher Faktor sein. Spannend sind die am EHA gezeigten Daten, die Hinweise auf eine Wirksamkeit bei besonders hohem Risiko sowie die Verhinderung der klonalen Evolution geben.

Stammzelltransplantation

Allogene HSCT bei aplastischer Anämie

Die allogene Stammzelltransplantation (HSCT) gilt als einzige kurative Therapieoption für die schwere aplastische Anämie (SAA) und wird für Patienten < 50 Jahre empfohlen. In einer spanischen Studie wurde das Langzeitüberleben (OS) nach 5 und 10 Jahren nach HSCT analysiert, und die Todesursachen wurden genauer untersucht: Zwischen den Jahren 2000 und 2019 führte die spanische Gruppe für hämatopoetische Stammzelltransplantation und Zelltherapie (GETH-TC) 722 allogene Transplantationen aufgrund von Bone-Marrow-Failure-Syndromen (BMF) durch. Ein längeres Follow-up gab es bei 333 Patienten, 271 wegen SAA (einschließlich 188 [76 %] idiopathischer SAA) und 62 wegen angeborener Erkrankungen (72% Fanconi-Anämie). In einer univariaten Analyse wurden folgende Parameter inkludiert: vorangehende immunsuppressive Therapie (IST) (ja oder nein), Zeit von der Diagnose bis zur HSCT (< oder ≥ 6 Monate), Alter bei Transplantation (< 20 Jahre alt, 20–39 Jahre alt, 40–59 Jahre alt, > 60 Jahre alt), Jahr der Transplantation (2000–2004, 2005–2009, 2010–2014, 2015–2019), Stammzellen-Quelle (BM, PB, CB) und die Erfahrung des Zentrums in SAA HSCT (< oder ≥ 10 in den letzten 20 Jahren). Die multivariate Analyse umfasste alle Variablen mit einem p-Wert < 0,2 in der univariaten Analyse.

Das Ergebnis: Am EHA-Kongress wurden die aktualisierten Ergebnisse aus der Serie von 188 Patienten mit idiopathischer SAA und HSCT gezeigt. Das mediane Alter bei Diagnose betrug 25 Jahre (Bereich 2–69 Jahre), und 55 % waren männlich. 108 (57 %) Patienten wurden mit IST (≥ 2 Zyklen, 36 Patienten; unbekannte 2 Patienten) vorbehandelt. 91 (47 %) Patienten erhielten die HSCT vor dem Jahr 2010. Das mediane Alter bei der HSCT betrug 27 Jahre (IQR 17–40). Die Stammzellquellen waren BM (62 %), PB (30 %) und CB (7 %); 153 (81 %) Patienten hatten einen HLA-identen Spender (Geschwister 111 [59 %]; nicht verwandt 42 [22 %]). Das häufigste Konditionierungsregime war Flu/Cy/ATG (41 %), gefolgt von Cy-ATG (37 %); Cyclosporin A/Methotrexat (59 %) oder Prednison (23 %) waren die häufigsten GvHD-Prophylaxen. 106 (54 %) Patienten erhielten die HSCT ≥ 6 Monate nach der Diagnose. Faktoren im Zusammenhang mit einer verzögerten HSCT waren vorherige IST (p < 0,001) und Fehlen eines passenden verwandten Spenders (p < 0,001). Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 114 Monaten (68–173) lag das OS sowohl bei 5 als auch nach 10 Jahren bei 67,8 ± 3,6 %. Von den 119 lebenden Patienten befinden sich derzeit 97 (82 %) in anhaltender CR. 61 Patienten starben, hauptsächlich aufgrund von Infektionen (40 Patienten, 65 %) und anderen HSCT-bedingten Ursachen (16 Patienten, 26 %). Die kumulative Inzidenz der TRM nach 1 Jahr betrug 25,4 % (95%-KI 19,1–32,2 %) und 29 % nach 5 und 10 Jahren (95%-KI 22,3–36,0 %). Frühere IST und Alter bei Transplantation ≥ 20 Jahre waren in der multivariaten Analyse mit deutlich erhöhter Mortalität assoziiert, bei dieser großen Serie von transplantierten SAA-Patienten wurde dennoch ein sehr zufriedenstellendes Langzeitüberleben beobachtet.16

 

 


  1. Pratz KW et al., Abstract S137
  2. Shahswar R et al., Abstract S139
  3. Cortes JE et al., Abstract S153
  4. Bassan R et al., Abstract S114
  5. Hillmen P et al., Abstract S145
  6. Hillmen P et al., Abstract LB1900
  7. Al-Sawaf O et al., Abstract S146
  8. Sharman J et al., Abstract S148
  9. Levy MY et al., Abstract LB1903
  10. Ghosh N et al., Abstract S222
  11. Magnusson T et al., Abstract S224
  12. Wei A et al., Abstract EP917
  13. Venugopal S et al., Abstract S167
  14. Wei A et al., Abstract S168
  15. Friedlander S et al., Abstract S166
  16. Yanez L et al., Abstract EP587