Osteoporoseforum 2011 – “Knochenarbeit”, interdisziplinär

Auch heuer hat die Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Knochen- und Mineralstoffwechsel (ÖGKM) im Wonnemonat Mai in St. Wolfgang stattgefunden. Fazit der zahlreichen interessanten Präsentationen war auf jeden Fall: Die Osteoporose und der Knochenstoffwechsel gehen alle etwas an, weil alle Fachdisziplinen der Medizin auf die eine oder andere Art mit dem Knochenstoffwechsel zu tun haben – gerade diese Erkenntnis macht die Osteologie breit und spannend.

Hormone sind wichtig – nicht nur für den Knochen!

Der klinische Reigen wurde von den Gynäkologen eröffnet, denen bereits ab der frühen Jugend die Verantwortung für die Knochengesundheit der Frau obliegt: Verschiedene moderne Verhütungsformen, aber auch die Schwangerschaft und das Stillen können zu einer negativen Beeinflussung des Knochenstoffwechsels führen.
Einen aktuellen Überblick für die individuelle Hormonersatztherapie der Frau hat Prof. emer. Martin Birkhäuser aus Basel gebracht. Sein Vortrag hat klar die Indikationen, aber auch Kontraindikationen der (kombinierten) Hormonersatztherapie beleuchtet und einige Vorurteile relativiert.

Immunologie und Inflammation

Einen etwas anderen Zugang zum Knochenstoffwechsel erlebten wir durch die von Prim. Univ.-Prof. Dr. Ludwig Erlacher (Wien) initiierte Session der Rheumatologen: Osteoimmunologie – ein Schlagwort, welches die Osteoporose als Resultat einer immunologischen/inflammatorischen Reaktion des Organismus darstellte (> Abb. 1). Es wurde gezeigt, dass die Entzündung per se ein Osteoporoserisko darstellt und mit der Therapie derselben auch gleichzeitig ein osteoprotektiver Effekt erzielt wird. Die Effekte der Glukokortikoide auf den Knochen, österreichische Richtlinien zur Therapie der Glukokortikoid-induzierten Osteoporose waren ebenso Thema der Sitzung wie Effekte neuer Biologika.

 

 

Vitamin D – wo stehen wir?

Vitamin D – das “Sonnenhormon” – war auch heuer wieder ein absolutes Hot-Topic: Aktuelle Empfehlungen von “Arznei und Vernunft” 2010 wurden präsentiert und diskutiert (> Abb. 2). Ganz neue nicht-skelettale positive Effekte auf das kardio- und zerebrovaskuläre System, das metabolische Syndrom, die Immunologie und Onkologie überzeugten wahrscheinlich auch die letzten Zweifler von der “Wunderdroge” Vitamin D.

 

 

 

Wiederkehrendes Tagungsthema Fraktur

Naturgemäß war die Fraktur bei der Tagung zur Knochenbruchkrankheit ein immer wiederkehrendes Schlagwort: Positives vermeldete Univ.-Prof. Dr. Hans Dimai (Graz) zur Frakturinzidenz in Österreich – die Anzahl der absoluten Frakturzahlen sind rückläufig.
Anlass zur Hoffnung geben auch neu entstandene Osteoporosenetzwerke, wie sie von Dr. Maya Thun für das Wiener Wilhelminenspital gezeigt wurden (> Abb. 3) sowie der “Fracture Liaison Dienst”, der von Dr. Eva Sampl in der Steiermark in Kooperation mit der Grazer Medizinischen Klinik mit 5 Unfallchirurgien erfolgreich gestaltet wird. PatientInnen werden unmittelbar nach der Fraktur einer adäquaten Therapie zugeführt. Hier ist Interdisziplinarität gefragt – und das ist auch der wichtigste Aspekt einer erfolgreichen Prävention und Therapie der Osteoporose. Viele Krankheiten wie Bluthochdruck und KHK, Diabetes, Schilddrüsenstoffwechselstörungen, gastrointestinale Erkrankungen und/oder ihre Behandlung können einen negativen Effekt auf den Knochenstoffwechsel haben. Zumeist geht dieser Aspekt im Angesicht der vordergründigen Erkrankung unter, wobei ein automatisches “daran denken” schon oft hilfreich wäre.

 

Knochen im systemischen Kontext

Sehr lehrreich waren auch die Darstellungen von den unterschiedlichen Fachgebieten der Medizin: Der Pneumologe zeigte den Effekt der Inflammation sowie des beeinträchtigten Säure-Base-Haushalts auf den Knochen, der Gynäkologe wiederum das Zusammenspiel zwischen Östrogenen, Mammakarzinom und Osteoporose, der Neurologe beeindruckte mit Frakturinzidenzen nach Schlaganfall und anderen neurologischen Erkrankungen, der Endokrinologe präsentierte neue Aspekte des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems mit Elektrolytveränderungen und Knochenstoffwechsel und der Nephrologe unterstrich die Schwierigkeit einer ausgeglichenen Kalziumbilanz bei Niereninsuffizienz im Rahmen des “renovascular bone disease”.

Rahmenprogramm und Satelliten

In den Pausen und bei den Social Events wurden zahlreiche neue Berührungspunkte erkannt und Kontakte geknüpft. Das Feedback vieler Teilnehmer war sehr positiv hinsichtlich neuer Erkenntnisse, intensiven Erfahrungsaustausches und auch neuer Therapie- und Präventionsansätze.
Auch 2011 waren alle in der Osteologie vertretenen Industriepartner mit Satellitensymposien vertreten, im Rahmen derer die neuesten Studiendaten vorgestellt wurden, aber auch ganz alltägliche Fälle aus der Praxis diskutiert wurden.
Jeder Teilnehmer des 19. Osteoporoseforums hat einen aktuellen Überblick über die in Österreich verfügbaren osteoprotektiven Substanzen, ihre Indikationen, ihre Stärken und möglichen Nebenwirkungen gewinnen können.

Ausblick auf das Osteoporoseforum 2012

Neue Erfahrungen und Daten, neue klinische Netzwerke und wieder neue Disziplinen werden hoffentlich auch im nächsten Jahr anlässlich des 20. Osteoporoseforum von 10.-12. Mai 2012 präsentiert werden, und das “Jubiläums- Forum” sicherlich zu einem besonders spannenden und interessanten Event machen.