Nach einer tiefen Beinvenenthrombose entwickeln bis zu 50 % der Patienten trotz adäquater Antikoagulation innerhalb von zwei Jahren ein postthrombotisches Syndrom (PTS).1 Vor allem im Bereich der Beckenvenen kommt es lediglich in 20–30 % der Fälle zu einer kompletten Rekanalisierung, residuale Obstruktionen in diesem Bereich führen häufig zu ausgeprägten Beschwerden und klinischen Zeichen der venösen Hypertension.2 Neben sozioökonomischen Konsequenzen für Betroffene und der resultierenden Einschränkung der Lebensqualität verursacht das PTS erhebliche Kosten für das Gesundheitssystem. Therapeutische Optionen reichen von konservativen Maßnahmen über endovaskuläre Interventionen bis hin zu offenen chirurgischen Verfahren und Hybrideingriffen. Seit Berger et al. 1995 erstmals die Behandlung eines iliakalen Kompressionssyndroms mittels Stent-PTA beschrieben,3 hat die endovaskuläre venöse Intervention als effiziente und wenig invasive Maßnahme zur Therapie des PTS sowie der nichtthrombotischen iliakalen Venenläsion (NIVL) an Bedeutung gewonnen. Im Folgenden soll eine Übersicht über Neuigkeiten in der endovaskulären Therapie des PTS und der NIVL sowie der akuten Beckenvenenthrombose aus 2019 gegeben werden.
Während anfangs noch arterielle Stents bei der Behandlung der iliokavalen Obstruktion Anwendung fanden, existiert mittlerweile eine Auswahl sogenannter „dedicated venous“ Stents, die den speziellen Bedingungen im venösen System angepasst sind. Lichtenberg et al. publizierten 2019 Daten aus dem Arnsberg-Register zum Sinus-Obliquus-venous-Stent (OptiMed, Ettlingen, Deutschland). Bei 48 Patienten mit PTS (n = 22) oder NIVL (n = 26) betrug die primäre Offenheitsrate 1 Jahr nach iliofemoralem Stenting 94 % und die sekundäre Offenheitsrate 96 %.4 Im Follow-up-Zeitraum kam es bei intervenierten Patienten zu einer signifikanten Besserung des postthrombotischen Syndroms (ermittelt mittels „revised Clinical Venous Severity Score“ [rVCSS] und CEAP-Klassifikation). Aus demselben Register wurden Daten zum Venovo-venous-Stent (Bard, Tempe, Arizona, USA) veröffentlicht: Dieser führte bei 80 Patienten mit PTS oder NIVL nach iliofemoralem Stenting zu primären und sekundären Offenheitsraten von 98 % respektive 100 % nach 6 Monaten.5 Der rVCSS behandelter Patienten sank in diesem Zeitraum von im Schnitt 9,6 auf 4 Punkte.
2019 wurden zudem die Daten von zwei multizentrischen Studien präsentiert: die Daten der multizentrischen VERNACULAR-Studie (Venovo-venous-Stent) wurden auf zwei großen Kongressen präsentiert. Im Rahmen dieser Studie konnten vielversprechende Offenheitsraten und eine signifikante klinische Verbesserung gezeigt werden. Die Daten der VIRTUS-Studie (Vici-venous Stent) wurden im Dezember 2019 publiziert, wobei auch hier neben zufriedenstellenden Offenheitsraten eine klinische Verbesserung nach endovaskulärer Rekanalisation demonstriert werden konnte.6
Sebastian et al. untersuchten 2019 im Rahmen einer Subgruppenanalyse des Swiss Venous Stent Registry anhand von 136 Patienten, die aufgrund eines PTS mittels venöser Stents im Bereich der Beckenvenen und V. cava inferior interveniert worden waren, begünstigende Faktoren für das Auftreten einer Stent-Thrombose (ST).7 Insgesamt kam es nach 3 Jahren bei 21,1 % der intervenierten Patienten zu einer ST, deren Inzidenz unter Antikoagulation und nach Beendigung dieser (frühestens 3 Monate postinterventionell) vergleichbar war. Begünstigende Faktoren für das Auftreten einer ST waren hingegen ein junges Patientenalter (< 40 Jahre), Stents kaudal der V. femoralis communis und ein durch postthrombotisch veränderte femorale Venen kompromittierter peripherer Zustrom. Das Vorliegen eines May-Thurner-Syndroms ging mit geringeren Raten an ST einher. Die Inzidenz der ST war innerhalb der ersten 6 Monate nach Intervention am höchsten und betrug hiernach jährlich 3–4 %. Ebenfalls scheint – zumindest bei Einsatz des selbstexpandierenden Wallstents (Boston Scientific, Marlborough, Mass) – ein größerer Stentdurchmesser einen protektiven Einfluss hinblicklich ST zu haben.8 Auch der Wallstent erzielt bei der Therapie der iliofemoralen venösen Obstruktion mit einer primären Offenheitsrate von 87 % nach 6 Jahren gute Langzeitergebnisse.9 Bezüglich früher ST nach iliokavalem Stenting demonstrierte eine Arbeit aus Portland, Oregon, USA, eine positive Assoziation mit Plättchen- und Leukozytenzahl – ein Zusammenhang, der auf eine pathophysiologische Rolle der Plättchenaktivierung und Inflammation bei der Entstehung der ST hinweist.10
Zwei Metaanalysen beschäftigten sich 2019 mit der endovaskulären Therapie der akuten iliofemoralen Thrombose. Mastoris et al. verglichen auf Basis von 4 randomisierten kontrollierten Studien (RCT; n = 1.005) mit einem Follow-up zwischen 6 Monaten und 5 Jahren die kathetergetragene Thrombolyse (CDT) mit oder ohne konsekutivem Stenting mit der alleinigen Antikoagulation hinsichtlich Blutungsrisiko, Offenheitsrate und Entwicklung eines PTS.11 Die CDT war gegenüber der Antikoagulation mit einer signifikant niedrigeren Rate an PTS vergesellschaftet (OR 0,32; 95%-KI: 0,12–0,85), bei vergleichbarer Blutungsrate und Mortalität. Für das moderate und schwere PTS konnte ein entsprechender Vorteil nicht eindeutig nachgewiesen werden, obgleich ein entsprechender Trend ersichtlich war. Die iliofemoralen Offenheitsraten waren in der CDT-Gruppe signifikant höher, bei vergleichbaren Rezidivraten der venösen Thromboembolie (VTE). Hierbei handelt es sich immerhin um eine wesentliche Neuigkeit gegenüber des bisher größten publizierten RCT zu dieser Fragestellung, der ATTRACT-Studie, welche für die CDT keinen Vorteil bezüglich Reduktion der PTS-Rate erbrachte, der Methode jedoch ein höheres Blutungsrisiko attestierte. Eine Subgruppenanalyse der ATTRACT-Studie, in die Patienten mit Beckenvenenthrombose eingeschlossen wurden, zeigte jedoch eine Reduktion des Schweregrades des PTS und eine Reduktion des Risikos für die Ausbildung eines schweren PTS.12
2019 wurden zudem die Ergebnisse der CAVA-Studie präsentiert, in der die PMT mittels ultraschallunterstützten Lysekatheters (EKOS-System) durchgeführt wurde:13 In dieser multizentrischen randomisiert kontrollierten Studie, die sich – im Gegensatz zu ATTRACT – auf Patienten mit Beckenvenenthrombose beschränkt hatte, konnte neuerlich keine signifikante Reduktion des postthrombotischen Syndroms erreicht werden. Auch bei dieser Studie fallen jedoch mehrere Diskussionspunkte auf: Die Stentrate war mit 46 % noch immer auffallend niedrig. Das Hauptproblem des CAVA-Trials ist jedoch, dass die Studie zu wenig statistische Power hat, um eine zuverlässige Aussage treffen zu können. Entgegen der ursprünglich geplanten Stichprobengröße von 180 Patienten verblieben nach zahlreichen Drop-outs abschließend nur 115 Patienten in der Per-Protocol-Analyse. Somit sind weitere Studien notwendig, um den Stellenwert der interventionellen Behandlung bei Patienten mit akuter Venenthrombose zu untersuchen.
Spezielle venöse Stents bieten bei der Behandlung der chronischen iliokavalen Obstruktion vielversprechende Ergebnisse bezüglich Offenheitsrate und klinischen Erfolgs. Auch die 2019 publizierten Daten entsprechen den bisherigen Erfahrungen. Bei der interventionellen Behandlung der akuten iliofemoralen Thrombose zeichnet sich 2019 auch weiterhin keine Auflösung der Kontroverse zwischen kathetergestützter und konservativer Behandlung ab.