Wie schon die ESC-Richtlinien zur Diagnostik und Therapie der peripheren Arterienerkrankungen (PAE) aus dem Jahr 2008 richtet sich auch die aktuelle Ausgabe in erster Linie nach der Funktionalität der Erkrankung. Das ist zugleich der große Unterschied zu den bisher für Diagnose und Therapie peripherer Gefäße herangezogenen TASC-II-Kriterien.
In den nun publizierten Richtlinien werden mit Ausnahme des koronaren Kreislaufs alle Gefäßgebiete abgehandelt, es finden aber alle generellen Aspekte immer einen Vergleich zur KHK. Gleich zu Beginn werden relativ strikte Empfehlungen zur adäquaten Einstellung der Risikofaktoren nach Diagnostik eines peripheren Gefäßbefalls ausgesprochen.
Neuer Terminus „polyvascular disease“: Die Einteilung und weitere Abhandlung der Gefäßgebiete beginnt mit den extrakraniellen und vertebralen Gefäßen, weiter zu den Arterien der oberen Extremitäten, den Mesenterialgefäßen, den Nierenarterien, gefolgt von den Arterien der unteren Extremitäten. Hier wird der Begriff der LEAD geprägt (Lower Extremity Artery Disease). Ein neuer Begriff innerhalb der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit kommt auch erstmals vor, nämlich der Terminus der „multilevel disease“ oder „polyvascular disease“, also des Befalls mehrerer peripherer Gefäßgebiete gleichzeitig.
Management der Carotisstenose: Das Management der Carotisstenose richtet sich nach den Symptomen; bei asymptomatischer Stenose sollten primär alle Patienten eine Statin- und TAH- Therapie erhalten; für die Entscheidung zur Therapie ist nicht der Stenosegrad, sondern die Komplikationsrate des Zentrums entscheidend. Nur bei geringer Komplikationsrate ist eine invasive Therapie (Chirurgie/Stent) indiziert, mit Vorzug hinsichtlich der Chirurgie. Bei symptomatischer Stenose ist primär der Chirurgie der Vorzug zu geben, nur bei Hochrisikopatienten für eine OP sollte der Stentimplantation der Vorzug gegeben werden.
Arterienerkrankungen der unteren Extremitäten: Bezüglich der zweiten und häufigsten Manifestation der peripheren Arteriosklerose (LEAD) werden zwar auch hier die bekannten Einteilungen nach Fontaine und Rutherford angeführt, die vor allem im angloamerikanischen Raum gängig sind, jedoch richtet sich der Diagnose- und Therapiealgorithmus, wie schon eingangs erwähnt, nach der Symptomatik. In diesem Kontext gibt es dann die Unterteilung in Claudicatio intermittens, kritisch chronisch und akute Extremitäten – ischämie.
Periphere endovaskuläre Revaskularisation: Neu ist vor allem, dass aufgrund der massiven Entwicklung des Kathetermaterials die periphere endovaskuläre Revaskularisation als Therapie der ersten Wahl unabhängig von der Art der Obstruktion anzusehen ist. Es gibt keine Läsion, die nicht prinzipiell zuerst der endovaskulären Therapie zuzuführen ist. Das ist der große Unterschied zu den bisher gültigen Kriterien. Eine gefäßchirurgische Sanierung ist indiziert, wenn die Extremität akut gefährdet ist und eine endovaskuläre Revaskularisation im Zeitfenster der Ischämiezeit von 6 Stunden nicht möglich sein sollte.
Sekundärprophylaxe nach endovaskulären Ein – griffen: Diesbezüglich gibt es die klare Aussage der Indikation für Aspirin als Dauertherapie; eine duale Plättchenhemmerthera – pie ist in der Peripherie für 1 Monat nach Implantation eines Bare Metal Stents indi – ziert. Die orale Antikoagulation ist bei infrainguina len autologen Venenbypässen in Erwägung zu ziehen. Sollte eine Intervention im Unterschenkel erfolgen, ist ebenfalls die duale Plättchenaggregation in Erwägung zu ziehen.
ABI-Messung: Ein großer Stellenwert wird auch der Basisdiagnostik zugeordnet, hier wird ein Credo für die ABI-Messung (Knöchel- Arm-Index, Dopplerindex) ausgesprochen, vor allem weil es Daten gibt, die auch den Stellenwert des hohen ABI (mediasklerotischer ABI) in der Prognostik der Patienten belegen.
FAZIT: Die klare Struktur dieser neuen Richtlinien wird in Zukunft eine gute Hilfestellung in der Bearbeitung der Arteriosklerose der peripheren Gefäße darstellen. Dieser Beitrag ist nur ein kleiner Einblick in ein sehr umfangreiches Gebiet.