Editorial zum Focus Infektiologie

Hygiene und C. difficile

Seit 70 Jahren verfügen wir über Antiinfektiva, um bakterielle Infektionskrankheiten, da – runter „Killer-Diagnosen“ wie Endokarditis oder Pneumokokkensepsis, die in der präantibiotischen Ära mit 100 % Sterblichkeit einhergingen, zu in der Mehrzahl der Fälle „überlebbaren“ Erkrankungen zu machen. Dass nicht jedes Antibiotikum gegen alle Bakterien wirksam ist, ist seit derselben Zeit bekannt (Flemming: E. coli ist natürlicherweise Penicillin-resistent), dass aber primär empfindliche Bakterien nach Kontakt mit dem Antibiotikum – sekundär – resistent werden, ist eine erst später gemachte Beobachtung.

Zwei Veränderungen haben in den letzten Jahren das Thema Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten dominiert: es werden immer weniger „neue“ Antiinfektiva entwickelt und einige Erreger sind in den letzten Jahren „extensiv“ resistent geworden (d. h. nur noch ein Antibiotikum wirkt gegen diese Erreger) oder sind gar „panresistent“ geworden, was bedeutet, dass überhaupt kein Antibiotikum mehr gegen diese Erreger wirkt. Wurden im Zeitraum 1983 bis 1987 von der US-amerikanischen FDA insgesamt 17 neue Antibiotika zugelassen, waren es im Zeitraum 2003 bis 2007 nur noch 5! Neue Antiinfektiva: neu wäre ein Antibiotikum sowieso nur dann, wenn es einer völlig neuen chemische Gruppe angehört respektive über einen bisher unbekannten Wirkmechanismus verfügt und sich daher die Erreger mit den bisher bekannten Resistenzmechanismen nicht schützen können; erwünscht wäre dann auch noch die orale Verfügbarkeit, um die Substanz auch außerhalb der Spitäler anbieten zu können, und ein Wirkspektrum, das die häufigsten Erreger typischer Infektionskrankheiten wie z. B. Harnweginfektionen umfasst.

Hygiene ist also vorläufig – neben der Praxis des „Antibiotic Stewardship“: darunter versteht man den sorgsamen und verantwortungsbewussten Einsatz von Antiinfektiva – die wirksamste Methode, um die Ausbreitung resistenter Erreger zu verhindern. Hygiene kann das Auftreten von Resistenzen nicht verhindern; diese entwickeln sich spontan (z. B. MRSA) oder unter dem Druck von Antiinfektiva (z. B. Chinolon-Resistenz); ob der resistente Erreger aber von einem zum nächsten Patienten gelangt – welcher vielleicht überhaupt kein Antibiotikum erhalten hat –, ist Sache der Hygienepraxis.
Händedesinfektion ist unbestritten die Methode der Wahl, um die Übertragungsketten von Mensch zu Mensch zu unterbrechen – ausgenommen Sporenbildner! Und damit wäre das zweite Thema dieses Heftes angesprochen: Infektionen durch C. difficile, den Erreger der Antibiotika-assoziierten Durchfälle. Dieser Erreger ist gegen die verwendeten Antibiotika nicht „resistent“ im klassischen Sinn des Wortes: alle Clostridien sind sehr empfindlich gegenüber Penicillin, aber die Störung der Darmflora als Folge der antiinfektiven Therapie erlaubt es dem Erreger, krank zu machen. Die Sporen sind leicht übertragbar und relativ unempfindlich gegenüber Desinfektion: Idealvoraussetzungen für einen Spitalskeim.

Auch für Clostridien gilt, was in Hinblick auf Antibiotikaresistenz bereits gesagt wurde: es gibt nicht das „böse“ Antibiotikum, das wir anschuldigen und aus den täglichen Gebrauch eliminieren könnten. Jedes Antibiotikum kann Resistenzen provozieren oder selektionieren und genauso kann jedes Antibiotikum Ursache für eine Antibiotika-Kolitis sein. Nur der restriktive Einsatz – „Antibiotic Stewardship“ – wird uns helfen, die Wirkung dieser wichtigen Medikamente zu erhalten und die unerwünschen Wirkungen hintanzuhalten.

Ihr OA Dr. Oskar Janata