Was die onkologische Rehabilitation betrifft, ist Österreich in vieler Hinsicht eine ,Blackbox‘, auch wenn einzelne Zentren spezielle onkologische Rehabilitation anbieten, sei es über unterschiedliche Versicherungen oder im Rahmen privater Konzepte bzw. auch angeschlossen an andere Rehabindikationen. Insofern ist unser Projekt das erste, das in gezielter Weise einen multimodalen onkologischen Rehabilitationsansatz untersucht – und zwar unter Einbeziehung dreier Grundpfeiler. Erstens den seelischen Bereich: Viele onkologische Patienten leiden an Depressionen oder Angststörungen und können in der Rehabilitation psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen, um das mit der Krebsdiagnose ausgelöste Schockerlebnis besser zu verarbeiten. Zweitens unter Einbeziehung der organisch defektbezogenen Achse. Sehr viele Patienten leiden an einer Chemotherapie-induzierten Neuropathie oder an Muskelschwäche, wofür Einzelheilgymnastik oder physikalische Methoden angeboten werden. Die dritte Achse bezieht sich auf die Lebensstilmodifikation. In diesem Bereich haben Studien der letzten Jahre vor allem beim Mamma- oder Kolorektalkarzinom zeigen können, dass aerobes Training das Rezidivrisiko verringern kann. Als hauptsächliche Hypothese hierfür wird eine Reduktion von Fettgewebe postuliert, das als endogenes östrogenproduzierendes Gewebe einen Nährboden für das Mammakarzinom darstellt und darüber hinaus Wachstumsfaktoren produziert, die Tumoren begünstigen, z. B. den Insulinlike Growth Factor. Wir bieten darüber hinaus eine gestaffelte Ernährungsberatung an. Auch hier gibt es Daten vor allem bei Brustkrebspatienten, die zeigen, dass eine fettreduzierte Ernährung das Rezidivrisiko mindern kann. Daneben wird auch ein positiver Effekt auf das häufig auftretende Fatigue-Syndrom verzeichnet.
Eine Limitation besteht darin, dass viele Erkenntnisse zur onkologischen Rehabilitation aus epidemiologischen und nicht aus prospektiv- randomisierten Studien gewonnen wurden. Selbst in Deutschland, wo onkologische Rehabilitation seit über 10 Jahren praktiziert wird, gibt es kaum kontrollierte Studien, nicht zuletzt auch deshalb, weil in Deutschland jeder Patient ein Anrecht auf onkologische Rehabilitation hat und eine Kontrollgruppe daher aus ethischen Gründen schwer definierbar wäre. In unserem Fall wird die Rehabilitation selbst vor Ort evaluiert, am Beginn und am Ende des Aufenthalts. Darüber hinaus werden die Patienten in einem Studienprojekt begleitet, das in Wien von Professor Alexander Gaiger geleitet wird. Hier sollen anhand von strukturierten Interviews auch Langzeiteffekte erfasst und mit Krankheitsstadien-bezogenen Kontrollgruppen verglichen werden, etwa in Hinsicht auf Lebensqualität, Schmerzen, Komplikationen, psychische Verfassung, Reintegration in das soziale Umfeld und bei Berufstätigen in das Arbeitsleben.
Was unser Projekt betrifft, kann aus der Kurzzeitevaluierung in Hinsicht auf die Lebensqualität festgehalten werden, dass 90 % der Patienten sehr gut auf unser Programm ansprechen. Einen Schritt weiter lässt sich onkologische Rehabilitation – vor allem unter Berücksichtigung der Daten zur Lebensstilmodifikation – auch als sekundär- und tertiärpräventiver Ansatz verstehen, der dann nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch der Gesellschaft zugute kommt.